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Das erstmals 1975 vom Doyen oder Godfather der (verhaltenswissenschaftlich geprägten)betriebswirtschaftlichen Konsumentenforschung, Werner Kroeber-Riel publizierte Standardwerk zum Konsumentenverhalten liegt nun neu in einer deutlich erkennbar üb
erarbeiteten 9. Auflage vor. Nicht zuletzt dadurch ist es wieder einmal an der Zeit, einen für die Entwicklung der Marktforschung verdienten Wissenschaftler zu würdigen, ohne dabei den hervorragenden Input der weiteren Autoren Peter Weinberg und Andrea Gröppel-Klein (beide haben Werner Kroeber-Riel als Lehrstuhlinhaber in Saarbrücken beerebt) schmälern zu wollen.


Vergleicht man Stil und Inhalt dieses Lehrbuchs mit früheren Ausgaben, so stellt man eine bemerkenswerte Konstanz auf höchstem qualitativen Niveau fest. Und das ist hier definitiv als Kompliment gemeint. Trotz der Detailfülle (deutlich über 2.000 verwendete Quellen führen zu einem Literaturverzeichnis von über 80 Seiten Umfang!) liest sich das Buch für den interessierten Leser nach wie vor für ein Lehrbuch sehr gut, die Sprache ist anschaulich und mitunter durchaus kurzweilig (man erwartet ja auch keine blumige Prosa).

Der Schwerpunkt des Buches liegt – wie bereits in früheren Auflagen – auf den psychischen Prozessen des Konsumentenverhaltens, die über die Hälfte der rund 700 Seiten des Buches einnehmen. Dabei werden aktivierende Prozesse wie z. B. Emotionen und kognitive Prozesse wie die Informationsaufnahme und -verarbeitung gleichrangig behandelt. In jüngerer Zeit hinzugekommen, und mit etwa 200 Seiten ebenfalls sehr gewichtig, ist der Teil zu “Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens”, der anschaulich angereichert ist durch Anwendungsbeispiele z. B. zur Ladengestaltung oder Marketingkommunikation.

Das Werk stellt somit eine sehr gelungene Symbiose aus wissenschaftlicher Substanz und klarer, anschaulicherer Darstellungsform dar. Es eignet sich sicher sehr gut für Studenten der Betriebswirtschaftslehre (mit Schwerpunkt Marketing), der Wirtschaftspsychologie und Soziologie. Für Dozenten aus diesen Bereichen ist es ohnehin Pflichtlektüre. Aber auch der Marktforschungs-Praktiker profitiert  – für Hintergrundwissen und Handlungsempfehlungen – hieraus ungemein. Selbstverständlich darf man nicht erwarten, gleich per Knopfdruck für jedes denkbare Marketing-Problem die richtige Lösung zu erhalten, doch allein die Tatsache, spannend geschriebene, profunde Literatur mit einem hohen Einladungsfaktor zur intensiven thematischen Durchdringung geboten zu bekommen, bietet Ansporn und Belohnung zugleich.

Und wie ich finde, ist das Werk eine ganz besondere Würdigung für einen außerordentlichen, manchmal durchaus auch streitbaren Wissenschaftler, der für seine Profession die heute vielfach als selbstverständlich angesehene Interdisziplinarität im Wissenschaftsbetrieb bereits in Zeiten praktiziert hat, in denen das noch lange nicht selbstverständlich oder gar schick war.