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Vorneweg – Vergleiche mit dem Finanzsektor sind weder zufällig, noch verbales Trittbrettfahren, sondern ganz bewusst gewählt. Die Euro-Krise dominiert momentan die öffentliche Berichterstattung, alles blickt auf den Finanzmarkt. Vielen ist dabei gar nicht bewusst: Die zentralistische Idee einer starken Währung findet sich auch in anderen Bereichen, wie etwa dem Medienmarkt, wobei Marktforschung eine zentrale Rolle spielt bzw. spielen kann (was man vom Finanzmarkt nicht unbedingt behaupten kann).


Die Mediaforschung ermittelt Leistungswerte für den Werbeträgerkontakt. Dort gilt analog wie im Finanzsektor – die „Media-Währung” bestimmt den Wechselkurs, und eine starke Währung garantiert zuweilen eine hohe Reputation im Markt (manchmal auch für die Marktforscher, die dieses methodisch überwachen). Das Versammeln möglichst vieler Partner unter einem Währungsdach stärkt die Währung und schützt dabei vor „Wechselkursrisiken”.

 Die „Kurse” sind die  Leistungswerte der einzelnen Medienkanäle (Print, TV, Online, Hörfunk, Plakat etc.) sowie deren einzelne Werbeträger (Medienmarken) bzw. Medienangebote, ausgewiesen und vergleichend dargestellt in der Mediaanalyse der Arbeitsgemeinschaft Mediaanalyse (ag.ma). Dabei macht die e i n e Datengrundlage den allgemein verbindlichen,  markttaxierenden Währungscharakter aus (Grundlage für die Bepreisung von Media- bzw. Kontaktleistung). Die Mediaanalyse der ag.ma (www.agma-mmc.de ) ist hierfür seit über 50 Jahren d i e Instanz für konsensuale Kontaktwährungen konkurrierender player im Medienmarkt.

Wie jedes Land unterschiedlich beleumundet wird (z. B. im Hinblick auf seine Kreditwürdigkeit), unterscheiden sich die „Media-Kurse” auch durch unterschiedliche qualitative Bemessungs- bzw. Bewertungsgrundlagen. Manchmal wird der Kurs dabei auch hier nicht empirisch, sondern mehr „politisch” definiert, etwa bei der unterschiedlichen zeitlichen Bemessung zur Bestimmung des weitesten Nutzerkreises oder des Nutzens einer durchschnittlichen Ausgabe eines Medienangebotes. Anders als im EU Stabilitätspakt ist dabei allerdings nicht davon auszugehen, dass eine (konkurrierende) Mediengattung die andere stützt. Das als so genanntes „joint industry comittee” umschriebene Konzept der ag.ma ist im Medienbereich, bei aller Kritik, die ab und an geäußert wird, aus Sicht der überwiegenden Zahl der Marktpartner letztlich doch ein Erfolgsmodell (wie übrigens aus Expertensicht mehrheitlich auch dem Euro unterstellt).

Immer stärker aber wird der Ruf aus den Märkten laut, neben einer „Kontaktwährung” (ag.ma), ebenso eine, möglichst alle Medienkanäle und deren spezifische Leistung abbildende „Werbewirkungs-Währung” einzuführen (das „WWW” bekäme dann eine ganz neue Bedeutung). Momentan regiert hier die Vielfalt konkurrierender (bzw. so wahrgenommener) Verlags- bzw. Medienanbieter-Studien, was deren Wert eher schmälert denn angemessen würdigt.

 

Der Ad Impact Monitor (kurz AIM,s. a. unter www.printwirkt.de ), 2008 initiiert durch den Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) , stellt hier den (ersten ernsthaften) Versuch dar, über eine Forschungskorporative ein Forschungsthema (Werbewirkung) marktübergreifend (für die Gattung Publikumszeitschriften; alle VDZ Mitgliedsverlage sind potenzelle Partner) und umfassend (alle Mediengattungen sollen bestmöglich dargestellt werden) zu untersuchen.

 

Eine umfassende „Währungs-Union” stellt eine solche gattungsspezifische Gemeinschaftsuntersuchung wie AIM aber noch nicht dar. Sicherlich bietet sie vom methodischen Fundament alle Möglichkeiten dazu, wäre dazu ausbaubar. „Wechselkurs-Risiken” können aber erst vollständig überwunden bzw. aufgehoben werden, wenn alle Parteien (hier Mediengattungen, Agenturen, Werbungtreibende) die Untersuchung bzw. „Währung” als solche anerkennen, hierauf z. B. ihre Verkaufsargumentationen aufbauen. Einen solchen Standard zu schaffen könnte, ja sollte das Ziel für den Werbemarkt sein.

Sicherlich ginge deren Schaffung nicht ohne Friktionen ab, schließlich gilt es, verbindliche Standards (z. B. relevante Wirkungsparameter zur Kommunikationsleistung) so zu definieren, dass die Mediengerechtigkeit (jeder Kanal verfügt über spezifische Stärken) gewahrt wird und dabei keine Mediengattung zu kurz kommt.

Auch wenn es so vermutlich zu intensiven Diskussionen, wohl auch Streitereien im Interessenausgleich der Medienanbieter kommen dürfte, würde nicht zuletzt auch die Marktforschung von einer solchen Standardisierung ungleich profitieren. In Zeiten „harter Verkaufe” unterliegt Medialeistung nicht selten dem freien Preisverfall durch zunehmende Rabattierung, und vielfach weniger der inhaltlichen Rechtfertigung vor dem Hintergrund formulierter Marketing- bzw. Mediaziele. Gut gemachte Studien bestimmen heutzutage häufig nicht mehr die Verhandlungs-Agenda. Das Rad hier zurückzudrehen erscheint nur möglich, wenn die Diskussion um Wirkungsleistung (wieder) zur gemeinsamen Sprache aller Marktpartner in der Werbewirtschaft wird. Werbeeffizienz ist letztlich ja nicht nur die Frage nach dem Optimum an Einsparung, sondern in erster Linie nach der Beantwortung der Frage der kommunikativen Wirksamkeit, also Effektivität von Kommunikationsmaßnahmen. Sicherlich heutzutage unter dem Primat der (kurzfristigen) Wirtschaftlichkeit, weniger der  (zwar häufig beschworenen, letztlich aber selten ausschlaggebenden) Nachhaltigkeit. Und das möglichst einheitlich und verbindlich für alle Marktpartner.

Dies wiederum kann erzielt werden durch eine Forschungskorporative, die für den Werbemarkt möglicherweise analog des Beispiels der Arbeitsgemeinschaft Mediaforschung („ag.ma”) in eine – noch zu gründende – Arbeitsgemeinschaft Werbewirkungsanalyse („ag.wa“) mündet und dabei alle relevanten Marktpartner unter einem Dach versammelt.

 

Und vielleicht macht ein solches Modell darüber hinaus auch Schule in anderen Bereichen, in denen die gemeinsamen Interessen der Marktpartner gegenüber den Wettbewerbsinteressen überwiegen (zumindest, was die Marktforschungsaktivitäten betrifft). Großstudien, wie z. B. Markt-Media Studien, bieten sich aufgrund ihres hohen Invests immer dafür an, nicht zuletzt aus Gründen der Risikominimierung für alle, an deren Zustandekommen bzw. Finanzierung beteiligte Partner.

Kommentare (1)

  1. #1 Andreas
    August 1, 2011

    Hm… ich kann mir irgendwie nicht recht vorstellen, wie zumindest für das Internet in Zeiten von Targeting, Retargeting und weiteren Echtzeit- und Mass-Customizing-Instrumenten noch vernünftig – also vergleichend – die Wirkungsleistung gemessen werden soll.