Ok, wer hat Lust sich mal einen extrasolaren Planeten aus der Nähe anzusehen? Na dann! Bitte hier entlang…

Meine Damen und Herren, bitte anschnallen! Unsere Reiseziel ist HD 189733b (1), 19,3 Parsec entfernt.

Aber bevor es losgeht, machen wir einen kurzen Abstecher in unseren kosmischen Vorgarten. Schließlich begeben wir uns nicht alle Tage auf eine Reise zu den Sternen. Da sollten wir uns entsprechend vorbereiten:

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Bild: Mike Salway

Wir beginnen unsere Reise, Sie haben es unschwer erkannt, am Jupiter.

Vorsicht! Nicht zu weit herauslehnen! Sollten Sie auf den Planeten fallen, dann würden Sie selbst mit dem besten Raumanzug der Welt, da Jupiter nicht wie die Erde über einen festen klar abgegrenzten Erdboden verfügt, unweigerlich tiefer und immer tiefer sinken, bis sie ziemlich schnell vom umgebenden Druck wie eine leere Coladose zerquetscht werden. Also bleiben Sie besser drin!

Wo war ich? Ach ja, Jupiter ist ein so genannter Gasriese, was bereits zwei wichtige Eigenschaften beschreibt:
1.Er ist riesig. Jupiter ist nach der Sonne das zweitgrößte Objekt in unserem Sonnensystem und vereinigt 2,5mal soviel Masse in sich wie alle anderen Planeten in unserem Sonnensystem insgesamt auf die Waage bringen.
2. Er besteht vor allem aus Gas und hier zu 90% aus Wasserstoff und zu 10% aus Helium – allerdings sehr, sehr dicht gepacktem Gas. Ich sagte es bereits: Mensch+Jupiter =Menschenmatsch. Außer den bereits genannten Gasen wurden außerdem Wasser und Methan nachgewiesen. Natürlich ist der Anteil dieser Stoffe vergleichsweise gering, dennoch ist er nicht vernachlässigbar und wird später bei HD 189733b eine große Rolle spielen.

Trotz seiner eindrucksvollen Größe, dass Jupiter eine fehlgeschlagene Sonne ist, das ist ein Mythos. Es stimmt zwar, dass seine Zusammensetzung grundsätzlich der der Sonne sehr ähnlich ist, aber um ein echter Stern zu werden, fehlt ihm noch einiges an Masse. Alleine um das Übergangsstadium zwischen Sternen und Planeten zu erreichen, um ein Brauner Zwerg zu werden, bräuchten wir zusätzlich noch insgesamt 12mal die Masse des Jupiters. Dann erst würde die erste Vorstufe einer stellaren Kernfusion zünden – das Deuterium-Brennen. Erst mit insgesamt 80 Jupitermassen würde die “echte” stellare Kernfusion von Wasserstoff einsetzen.

Woher wir das wissen? Nun ja, hier bei uns sind die Sonne und der Jupiter einzigartig und eindrucksvoll. Aber da draußen gibt es noch viel, viel mehr davon. Sterne wie unsere Sonne, kleinere Sterne, riesigere Sterne, Sterne, die Zwillinge unserer Sonne sein könnten, aber sehr viel älter oder jünger sind. Ein ganzes Universum voller Sterne, die ständig von uns untersucht werden. Mit neuester Technik, jede Menge Vorstellungskraft und basierend auf in Jahrhunderten angesammeltem Wissen.

Also, keine Sorge! Jupiter, so gewaltig er uns erscheinen mag, ist weit davon entfernt, ein Stern zu werden. Weder jetzt noch in Zukunft.

Wie Sie sehen, wissen wir bereits einiges über Jupiter (2). Kein Wunder, wir sind die letzten Jahrzehnte nicht untätig geblieben. Wir haben unsere Boten ausgeschickt, um den Planeten zu erkunden. Insbesondere die Raumsonde Galileo war da ganz besonders aufschlussreich. Außerdem ist Jupiter mit leistungsstarken Teleskopen auch von der Erde aus ziemlich gut sichtbar, so dass wir vom kosmischen Standpunkt aus noch nicht mal vor die Haustür gehen müssen, um das Werden und Vergehen der berühmten Jupiterstürme zu betrachten.

Aber ich denke, wir haben hier alles abgehakt. Soviel Zeit haben wir auch nicht. Bitte einsteigen! Wir müssen weiter zu unserer nächsten Station.

Wie bitte? Wir fliegen in die falsche Richtung? Nein, nein, es mag Ihnen was komisch vorkommen, dass wir geradewegs Richtung Sonne fliegen, aber Sie werden sehen, das hat seinen Grund.

So, wir sind da:

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Bild: NASA/Johns Hopkins University Applied Physics Laboratory/Carnegie Institution of Washington

Sieht fast aus wie der Mond? Na ja, auf den ersten Blick vielleicht. Aber Sie werden vielleicht bemerkt haben, dass die Sonne sehr groß am Himmel erscheint. Das liegt daran, dass wir gerade mal 0,387 Astronomische Einheiten davon entfernt sind. Das ist etwas mehr als ein Drittel die Entfernung zwischen Sonne und Erde.


Wir befinden uns über dem sonnennächsten Planeten Merkur.

Passenderweise blicken wir auf die Beagle-Klippen hinab, die erst vor kurzem von der Raumsonde Messenger entdeckt wurden. Traditionell werden solche Strukturen auf dem Merkur nach den Schiffen großer Entdecker genannt und wir befinden uns ja auch irgendwie auf einer großen Entdeckungsreise, auch wenn wir eigentlich nur den Fußstapfen großer Entdecker folgen.

Heiß hier, nicht? Ca. 400 Grad Celsius werden es gut und gerne sein. Da ist es jetzt auch egal, dass Sie die Sonnencreme zu Hause vergessen haben. Na? Spätestens jetzt sind Sie sicherlich froh, dass Sie nicht mit Ihrem Körper auf die Reise gehen, sondern nur mit Ihrem Geist.

Nehmen Sie jetzt bitte gedanklich den Jupiter und versetzen Sie Ihn an die Position des Merkur! Kann man sich nicht wirklich vorstellen, oder? Aber Sie werden gleich sehen, warum ich diese Frage gestellt habe.

Wir verlassen das Sonnensystem, nächster Stopp: eine Umlaufbahn um den Stern HD 189733 in etwa 0,387 Astronomische Einheiten (oder kurz AE) Entfernung.

Wir kommen unserem Reiseziel immer näher. Der Stern HD 189733 ist etwa19,3 Parsec von der Erde entfernt. Kosmisch gesehen ist das ein Katzensprung. Die Sternbilder sehen hier fast genauso aus, wie bei uns zu Hause. Man könnte sich direkt heimisch fühlen. Nur die Sonne, die ist doch deutlich orangefarbener und nicht ganz so hell. Kein Wunder, ist ja auch Spektralklasse K, d.h. kleiner als unsere eigene Sonne und 1000 Grad kühler.

So, und wo ist jetzt dieser Planet?

Ihr seht nichts? Na, ist ja auch kein Wunder! Erstens blendet der Stern viel zu sehr und zweitens, wir sind 0,387 AE vom Stern entfernt. Der Abstand zwischen dem Planeten und dem Stern beträgt aber weniger als ein Zehntel der Strecke zwischen Sonne und Merkur. Sie dachten vorhin beim Merkur war es heiß? Ha, das ist noch gar nichts. Auf in Richtung Zentralgestirn!

Jetzt, sind wir angekommen. Alles aussteigen bitte! Willkommen auf HD 189733b in 0,0312 AE Entfernung zum Heimatgestirn.

Und was sehen wir? Na ja, wir sehen (leider) immer noch gar nichts. Mit “sehen” ist hier nicht mehr viel. Da wir mit unseren Sonden auch nie auch nur in die Nähe dieses Systems kommen werden, müssen wir andere, indirekte Methoden bemühen, um den Planeten “sichtbar” zu machen und ihn genauer zu untersuchen. Bei diesem System haben wir noch Glück. Wir können ab und an sehen, dass der Stern in regelmäßigen Abständen ein wenig dunkler wird, weil der Planet ihn zwischendurch verdeckt. Aus dem Schatten kriegen wir direkt die Größe des Planeten raus. Zudem bewegen sich der Planet und der Stern wie zwei Tänzer, die sich mittels der Schwerkraft umarmen, um einen gemeinsamen Schwerpunkt. Auch wenn ein Tanzpartner unsichtbar ist, aufgrund der Tanzbewegung des sichtbaren Sterns können wir schließen, dass ein Planet da ist und zudem wie schwer und wie weit entfernt er ist.

Siehe da, meine Damen und Herren! Es “sieht” frappierend aus wie unser Jupiter. Etwa 15% größer und schwerer, aber im Großen und Ganzen passt alles. Wir haben also einen Gasriesen im Schwitzkasten eines sonnenähnlichen Sterns vor uns und wenn wir das Ganze im Infrarot betrachten, dann bekommen wir dieses Bild:

Kommentare (2)

  1. #1 knorke
    April 17, 2008

    Das fand ich mal einen tollen, anschaulichen und lehreichen Beitrag. Sehr interessant, auch wenn ich immer wieder traurig bin, dass man nicht schwubbs zu so einem Planeten hin Enterprisen kann, um mal ein Foto zu machen.

    Hinsichtlich der Namensgebung könnte man doch die Religion der Hindu heranziehen. Gibt’s da nicht einige Millionen Götter? Das sollte doch für eine Weile reichen?! :-)) Und die Fachvorträge würden dermaßen lustig, wenn die europäische Zunge mit der Vokalorgie des indischen Sprachraums loslegen muß.

  2. #2 student_b
    April 17, 2008

    Danke für den Beitrag. Sehr interessant, finde ich.

    Zum Thema Aktualität: Interessantes bleibt interessant und besser spät als nie. Und einen Monat “Verspätung” ist bei einem Gebiet wo die Forschungsprojekte teilweise über Jahrzehnte gehen sowieso nichts.

    Also weiter so. 🙂