CoRoT und Kepler haben beide unabhängig voneinander das “Glitzern” oder “Glühen” von jetzt insgesamt drei extrasolaren Planeten im Licht ihrer Sterne nachgewiesen.

ResearchBlogging.org
Nur mal zur Erinnerung: CoRoT ist eine französische Satellitenmission mit starker europäischer Beteiligung – u.a. arbeiten wir hier an der Uni Köln mit. Der Satellit ist ein Teleskop, das mittels CCDs die Helligkeit von Sternen aufzeichnet. Eines der erklärten Ziele ist es, Planeten aufzuspüren, die von uns aus gesehen gerade vor ihrem Zentralstern herlaufen und dabei das Gestirn verdunkeln. Das sieht dann so aus:

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Dieses U in der ansonsten flachen Kurve etwa alle 1,5 Tage, das wird von einem Planeten verursacht, und nennt man gemeinhin einen Transit. Der dazugehörige Planet CoRoT-1b wurde am 3.5.2007 bekannt gegeben – schlappe 30 Tage nach Aufnahme der ersten Datenaufzeichnungen. Den Rekord kann uns Kepler also schon mal nicht mehr nehmen. Die schauen jetzt nämlich schon länger als 30 Tage auf ihr Sternenfeld. Ein bisschen sportliche Konkurrenz muss sein 😉

Datensieben in den Zwischenräumen

Ignas Snellen, Ernst de Mooij und Simon Albrecht vom Leidener Observatorium haben sich nun den Zwischenraum zwischen zwei Transits angesehen und wollen dabei etwas ganz erstaunliches festgestellt haben: Licht, das nicht vom Stern sondern vom Planeten selbst stammt.

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Man sieht hier zwischen den Transits einen Anstieg und Abfall in der Helligkeit des Systems und genau in der Mitte kurz wieder ein U, der wie ein kleinerer Transit aussieht. Ich möchte an dieser Stelle auf die Beschriftung an der Seite verweisen. Das sind relative Änderungen im aufgezeichneten Licht. Wir sprechen hier von Variationen im Promille-Bereich. Das ist schon ein sehr geringer Effekt. Der eigentliche Transit dieses Gasriesen verursacht Abdunklungen im Prozentbereich. Das ist eine ganze Größenordnung mehr.

Dieser geringe Anstieg in der Helligkeit soll das Licht sein, das von den beschienenen Bereichen des Planeten stammt und kommt folgendermaßen zustande: Da der Planet jeweils einmal komplett um den Stern herumläuft, sieht man immer unterschiedlich große Bereiche des Planeten. Genau so wie wir auch von unserem Mond mal mehr und mal weniger sehen, je nachdem wie er zu uns steht. In dem Moment, in dem der Planet genau den Stern verdeckt, sollte uns die unbeleuchtete Seite zugewandt sein. Wir hätten sozusagen “Neuplanet”. Wenn der Planet seitlich umläuft, sehen wir zunächst Licht von einer kleinen Sichel, die immer größer wird, am seitlichsten Punkt des Umlaufes – von der Erde aus gesehen – haben wir “Halbplanet” und immer weiter bis irgendwann kurz vor “Vollplanet” das Zentralgestirn dieses Systems im Weg ist und der Planet scheinbar dahinter verschwindet. Der Stern wird in dem Moment den Planeten bedecken und dessen Licht blockieren. Wenn der Planet hinter dem Stern hervorkommt, nimmt der sichtbare Bereich wieder ab.

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Bild: (Sterrewacht Leiden, Universiteit Leiden): Verdeutlichung der unterschiedlichen Phasen des lichtbeschienenen Planeten, dessen Licht diesen sanften Anstieg in den Helligkeitsdaten verursachen soll.

Es gibt auch ein Video zu dem Thema von der Leidener Uni:

Anfängliche Skepsis

Ich muss an dieser Stelle was gestehen. Ich kenne die CoRoT-Datensätze gut; so gut, dass sie mich sogar manchmal in meine Träume verfolgen 😉 Ich weiß auch, dass Sterne nicht einfach ruhig vor sich hinleuchten, sondern ganz schöne Sperenzien machen können. Was auch gut ist – für die Astrophysiker. Den Planetenforschern macht das aber die Arbeit ganz schön schwer. Zudem sind die Leidener Forscher verdammt nah an den Grenzen des Machbaren bei diesen Datensätzen. Die Gefahr sich selbst zu betrügen und eine Störung zu einem physikalischen Effekt zu erklären, ist immer gegeben. Dessen sollte man sich schon bewusst sein. Wie sag ich immer? Einmal ist keinmal.

Tatsächlich haben Snellen und co ganz schön an den Daten rumgeschraubt. Sie haben über 32 Transits gemittelt, Daten zusammengefasst. Über die Behandlung der Daten gibt es eine eigene Seite mit Zusatzinformationen. Was übrigens absolut vorbildlich ist, das muss ich den Kollegen einfach lassen. Wenn man schon an den Daten werkelt, sollte man offen und ehrlich darstellen, was und wie es gemacht wurde – damit andere es überprüfen können.

Dann kam Kepler und ein weiteres CoRoT-2b-Paper

Letzte Woche Donnerstag allerdings gab Kepler seine erste “Veröffentlichung” in Science heraus.

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Die Lichtkurve des bereits bekannten Systems Hat-P-7 zwischen zwei Planetentransits seines Planeten Hat-P-7b mit einer Umlaufperiode von 2,2 Tagen.

Aber sieh mal einer guck! Sieht der Bereich zwischen den Transits nicht genau so aus, wie die Daten der Leidener Forscher von CoRoT-1b? Und hier haben die Wissenschaftler kaum an den Daten geschraubt. Es wurden nur vier Transitereignisse übereinander gelegt und schon sieht man genau das, was die Leidener mit viel Mühe aus den CoRoT-Daten gekitzelt haben: Licht, das von einem Planeten stammt.

Außerdem ist noch folgendes Paper in der arxiv-Pipeline “The secondary eclipse of the transiting exoplanet CoRoT-2b”, wo Roi Alonso und weitere Kollegen dasselbe Phänomen bei CoRoT-2b nachgewiesen haben.

Ok, ok, ich bin ja schon überzeugt 😉

Widerschein oder das Glühen der Atmosphäre?

Aber was ist dieses Licht nun? Die Kepler-Wissenschaftler machen es sich da recht einfach. Eine Kombination von reflektiertem Sternenlicht und Abstrahlung des Planeten selber wird es schon sein. Tatsächlich ist diese Frage gar nicht so einfach zu beantworten und hängt stark davon ab, wie der Planet jetzt im Detail aussieht und sich verhält.

Eines ist klar. Es handelt sich in beiden Fällen um Gasriesen. Wir haben durch die Bedeckung des Zentralsterns den Radius des Planeten, wir wissen wie stark die Planeten selbst an den Sternen über die Gravitationskraft ziehen und kennen daher die Masse. Voilá! Damit lässt sich die Dichte bestimmen und die liegen in der Nähe der Werte für unseren eigenen Gasriesen Jupiter.

Zudem haben wir seit der ersten Entdeckung 1995 einiges an Daten über die Atmosphären der Planeten gesammelt. Spitzer hat Wärmekarten von mindestens zwei Gasriesen erstellt. Dann ziehen manche Exoplaneten einen Schweif hinter sich her, durch den das Licht des umkreisten Sterns erst mal durch muss. Wenn man das nun spektroskopisch untersucht – je nachdem welche Moleküle da rumschwirren, werden ganz bestimmte Farben geschluckt -, lässt sich daraus bestimmen, was da genau der Planet verliert: Wasserstoff und Helium z.B. Wie wir es bei einem Gasriesen auch erwarten würden. Die Theoretiker stehen natürlich auch nicht still und haben sich einige Gedanken darüber gemacht, wie solche Gasriesen im Detail aussehen könnten.

Eines scheint aber soweit klar zu sein: Diese Planeten reflektieren kaum Sternenlicht; glitzern also kaum. Die Atmosphäre der Gasriesen schluckt einfach das meiste einfallende Licht. Wir sehen also tatsächlich eher das vor sich “Hinglühen”, weil der Stern so einheizt und weil Gasriesen auch recht viel Wärme aus der Anfangszeit der Planetenentstehung gespeichert haben.

Roi Alonso übrigens meint, dass man in den Lichtkurven von CoRoT unter Umständen sogar unterscheiden könnte, welcher Anteil am Glühen durch das Einheizen des Sterns und welcher eher aus dem Planetenkern selbst gespeist wird. CoRoT hat nämlich ein Prisma an Bord, mit dem das Licht leuchtstarker Sterne noch mal in rot, grün und blau aufgespalten und separat aufgezeichnet wird. Wenn man die Planetenphasen in diesen unterschiedlichen Farbbereichen analysieren könnte, ließen sich die beiden Arten der Abstrahlung vermutlich trennen. Nur sind derzeit für so eine Feinanalyse noch zuviele Instrumentenstörungen in den Daten drin.

Verschiedene Sorten an Gasriesen

Was mir bislang gar nicht so bewusst war. Es gibt sogar verschiedene Typen an Gasriesen, je nachdem wie sie das Sternenlicht absorbieren. Die meisten Planeten, die wir bisher so gefunden haben, befinden sich extrem nahe an ihrem Stern. Sie sind viel dichter dran als der bei uns sonnennächste Planet Merkur der Sonne ist. (1) Derzeit sieht es so aus, als ob es mindestens zwei Sorten von Gasriesen gibt: pM- und pL. Je nachdem wie stark sie von ihrem Stern geröstet werden und ob sie heiß genug sind, um gasförmige Titan- oder Vanadiumverbindung in der dichten Suppe namens Atmosphäre zu halten.

In diesem Fall wird das Sternenlicht bereits in großer Höhe absorbiert, die entsprechenden Gasschichten heizen auf, die Wärme kann aber mangels großer Strömungen nicht zu der kühleren Nachtseite des Planeten transportiert werden. Eine Seite ist dann immer extrem heiß und die andere im Verhältnis dazu eher kalt; insbesondere, da wir davon ausgehen können, dass die Gezeiten dafür sorgen, dass der Planet seinem Stern immer das gleiche Gesicht zeigt – so wie der Mond der Erde.

Im Gegensatz dazu kriegen die pL-Planeten insgesamt etwas weniger Sonnenglut ab, Titanium- und Vanidiumverbindung sind auskondensiert und interessieren sich nicht für das Sternenlicht, welches tiefer eindringen kann in Schichten, wo die Energie auch zu der sternabgewandten Seite des Planeten geblasen wird. Diese Planeten sind also deutlich ausgeglichener temperiert als die pM-Kollegen, der Unterschied zwischen Tag- und Nachtseite nicht so extrem.

CoRoT-1b gehört dabei anscheinend zu der pM-Kategorie. Das passt auch zu den Werten der von den Leidenern festgestellten Lichtwerte in den Zwischenbereichen der Planetentransits. Wie erwartet scheint die Nachtseite fast gar nicht zu glühen, die Tagseite dafür umso mehr.

Entdeckung passend zum Jahr der Astronomie

400 Jahre nachdem Galileo Phasen ähnlich der des Mondes bei der Venus entdeckte, können Ignas Snellen und seine Kollegen mit Fug und Recht behaupten, als erste Phasen eines Planeten außerhalb unseres Sonnensystems nachgewiesen zu haben. Bei einem Planeten, der immerhin etwa 500 Parsec bzw. über 1600 Lichtjahre von der Erde entfernt ist.

Man kann schon mehr als ein bisschen stolz drauf sein, wie weit es die Menschheit in den vergangenen Jahrhunderten gebracht hat.

P.S.:
Ein bisschen nervt mich, wie Kepler diese Entdeckung in ihrer “Brevia” verhunzt. Deswegen habe ich “Veröffentlichung” in Klammern gesetzt. Denn was die Kepler-Mitteilung im Kern aussagt ist: Seht her, wie toll unsere Daten sind! Das ist der Beweis, dass wir erdähnliche Planeten entdecken können.

Arrgh.

“Ja, ist scho recht!”, möchte ich dazu sagen. “Eure Daten sind ganz toll, ich bin schon ganz neidisch. Und ja, rein technisch solltet Ihr erdähnliche Planeten finden. Wäre ja auch ein tolle Entdeckung. Viel Glück übrigens dabei, die ganzen Falschkandidaten auszusortieren, die Euch hoffentlich nicht über den Kopf wachsen werden.”

“Aber könntet Ihr mal bitte würdigen, was Ihr da Tolles hier und heute gesehen habt? Das ist erst der dritte extrasolare Planet, bei dem man überhaupt solche Phasen wirklich nachgewiesen hat und das auch noch in noch nie dagewesener Deutlichkeit. Das solltet Ihr in den Vordergrund stellen!”

Ich kann diese ewige “Und dann finden wir irgendwann kleine grüne Männchen”-Leier echt nicht mehr hören. Nicht, wenn sie auf Kosten bereits an sich toller Entdeckungen angeschlagen wird.
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(1) Macht jetzt nicht den Fehler zu glauben, dass diese extrem heißen Gasriesen die Mehrheit alles Planeten in der Galaxie ausmachen. Die Schwergewichte mit kurzen Umlaufperioden von wenigen Tagen sind nur vergleichweise leicht zu finden. Jupiter braucht dagegen über 11 Jahre um unsere Sonne zu umkreisen. Während im ersten Fall 30 Tage Beobachtungszeit locker ausreichen, um die Planeten festzunageln, muss man bei Planeten weiter draußen erheblich länger hinschauen: Jahre bis Jahrzehnte.
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Snellen, I., de Mooij, E., & Albrecht, S. (2009). The changing phases of extrasolar planet CoRoT-1b Nature, 459 (7246), 543-545 DOI: 10.1038/nature08045
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Borucki WJ, Koch D, Jenkins J, Sasselov D, Gilliland R, Batalha N, Latham DW, Caldwell D, Basri G, Brown T, Christensen-Dalsgaard J, Cochran WD, DeVore E, Dunham E, Dupree AK, Gautier T, Geary J, Gould A, Howell S, Kjeldsen H, Lissauer J, Marcy G, Meibom S, Morrison D, & Tarter J (2009). Kepler’s optical phase curve of the exoplanet HAT-P-7b. Science (New York, N.Y.), 325 (5941) PMID: 19661420
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R. Alonso, T. Guillot, T. Mazeh, S. Aigrain, A. Alapini, P. Barge, A. Hatzes, & F. Pont (2009). The secondary eclipse of the transiting exoplanet CoRoT-2b A&A Letters arXiv: 0906.2814v1

Kommentare (3)

  1. #1 Fischer
    August 12, 2009

    Schade dass die Daten so verrauscht sind. Die Spektren würden mich schon interessieren.

  2. #2 Andreas abendroth
    August 14, 2009

    Wie äußert sich das eigentlich, wenn man nicht direkt in Flucht auf das System guckt (also Erde->extrasolarer Planet->Stern in einer Reihe) sondern quasi leicht versetzt von oben oder unten? Kann man dann immer noch abschätzen, wie groß der Planet ist?

    Schönes Wochenende

    Andreas Abendroth

  3. #3 Ludmila
    August 14, 2009

    @Abendroth: Gute Frage, ja das kann man herausrechnen. Ich glaub dem widme ich einen eigenen Blogbeitrag. So im Kommentar ist das schlecht zu erklären.