Oder auch das perfekte Video zu Tobias Frage: Warum Doktorarbeit? Alles nur vertane Zeit?

Tja leider ist es so, dass es für wissenschaftliche Arbeiten keine Erfolgsgarantie gibt. Es kann passieren, dass sich ne Idee erst einmal gut anhört und dann nach einem Jahr oder mehr herausstellt, dass es aus irgendeinem Grund dann doch nicht geht.

Was dann?

  • Weitermachen und “das geht so nicht” als Ergebnis präsentieren? Geht theoretisch zwar, sieht aber scheiße aus. Aber egal! Hauptsache Doktortitel und dann weiter in die Wirtschaft.
  • Sich umorientieren und mehr oder weniger von vorne anfangen?
  • Schreiend das Weite suchen und sich nen ordentlichen Job suchen?

Auch nicht-wissenschaftliche Gründe können zur Verzögerung oder gar Abbruch der Doktorarbeit führen. Hier mal eine kleine Auflistung von Horrorstories, die so irgendjemand erlebt hat:
1) Die Arbeitsgruppe löst sich aus irgendeinem Grund während der Doktorarbeit auf. Z.B. weil der Chef an ne andere Universität oder gar ins Ausland geht. Oder ein ehemaliger Mitarbeiter von seiner neuen Firma aus alles abwirbt, was nicht bei drei auf den Bäumen ist. Natürlich nicht den oder die arme(n) Doktorand(in), der/die gerade erst dabei ist sich in’s Thema einzulesen.
2) Das zentrale Arbeitsgerät im Rahmen der Doktorarbeit geht kaputt. Und zwar so kaputt, dass nur ein bestimmtes maßgeschneidertes Teil Abhilfe schaffen kann. Dummerweise ist die einzige Firma, die so etwas herstellen kann, schon vor Jahren Pleite gegangen. Und die Werkstatt kann das Teil auch nicht reparieren. Und auch sonst niemand auf der Welt. Jedenfalls nicht für das Geld, das vorhanden ist.
3) Der/die Doktorandin möchte auf den Daten einer Raumsonde promovieren. Er/sie hat sich ein Jahr eingelesen und erste Tests und Kalibrierungen am Boden durchgeführt. Tja und dann stürzt die Sonde kurz nach dem Start ab. (So ging z.B. Cryosat-I nach dem Start 2005 im Nordpolarmeer unter.) Jedes Mal, wenn irgendwo ein Forschungssatellit abstürzt, weinen ein paar Doktoranden und Doktorandinnen in mehr oder weniger stiller Verzweiflung vor sich hin.

Kommentare (12)

  1. #1 pippen
    Januar 24, 2011

    In der Liste fehlt noch ua:
    4) Die mühsam erzeugten KO Mäuse werden Opfer der Flut, da sich die Animal Facility ja schlauerweise im Keller befindet. (So geschehen zB. bei de Flut in Houston 2001)

  2. #2 rolak
    Januar 24, 2011

    Allumfassendes herzliches Beileid an alle Betroffenen 😉

  3. #3 Michael Khan
    Januar 24, 2011

    Nummer 3.) kann man durchaus noch toppen, und zwar so:

    Die Arbeit bezieht sich auf die Messung von Windgeschwindigkeiten in der Atmosphäre eines anderen, sehr weit entfernten Himmelsörpers. Der ist allerdings noch in unserem Sonnensystem und kann von einer Raumsonde erreicht werden. Nur ist er so weit weg, dass der Flug dahin 7 Jahre dauert, und dann noch 6 Monate, bis endlich die Messungen durchgeführt werden können.

    Die Messmethode besteht darin, dass in den Sender, der auf einer Raumsonde sitzt, die in eben diese Atmosphäre eintaucht, ein sogenannter “Ultrastabiler Oszillator” eingebaut wurde. Dieser kann über einen begrenzten Zeitraum hinweig eine eingestellte Trägerfrequenz mit hoher Genauigkeit stabil halten. Wenn die Sendefrequenz bekannt ist, und man misst beim Empfänger (auf der Muttersonde, die die atmosphärische Sonde ausgesetzt hat und danach als Datenrelais dient), eine andere Ferquenz als die, mit der gesendet wird, dann liegt das am Dopplereffekt. Zum Teil liegt dieser an den bekannten relativgeschwindigkeiten zwischem Mutter- und Tochtersonde. Dieser Anteil ist jedoch hochgenau bekannt und kann deswegen herausgerechnet werden. Was übrigbleibt, liegt am Windversatz – und das will man messen.

    Die atmosphäische Sonde hat allerdings zwei Sender, und nur auf einem ist so ein Ultrastabiler Oszillator. Beide Sender senden dieselben Daten, wenn auch mit geringfügig unterscheidlichen Frequenzen. Die Verdoppelung der Sender geschah aus Redunfanzgründen. Egal, denkt der Wissenschaftler, das Risiko kann man eingehen. Meistens funktioniert ja die Hardware, oder aber, es passiert eine Katastrophe und die ganze Sonde ist hinüber.

    Tja, und nun lässt sich der Herr Murphy was ganz besonders Fieses einfallen. Die Raumsonde funtioniert und taucht sicher in die besagte Atmosphäre ein. Sie erreicht sogar heil die Oberfläche des Himmelskörpers. Mehr , als jemand zu hoffen gewagt hätte. Beide Sender funktionieren, also kann man bald – endlich – seine Daten in Empfang nehmen? Denkste … aufgrund einer dummen Panne wurde nämlich einer der Empfänger auf der Muttersonde nicht aktiviert – und zwar genau der, der die Frequenz von jenem Sender empfangen soll, auf der der Ultrastabile Oszillator sitzt.

    Also – nix mit Daten.

    Und als ob das nicht genug wäre – inzwischen haben andere Wissenschaftler eine viel bessere Art gefunden, den Windversatz zu messen. Die Sonde wurde nämlich während ihres Abstiegs in der Atmosphäre gleichzeitig von mehreren Radioteleskopen auf der Erde “verfolgt”. Damals, als die Sonde konzipiert wurde, dachte keiner, dass so etwas gemacht werden würde.

    Wenn gleichzeitig zwei Radioteleskope dieselbe Quelle verfolgen, dann kann man mittels eines Verfahrens namens Interferometrie hochgenau berechnen, wo sich die Quelle gerade befindet. Daraus kann man sehr genau den Windversatz bestimmen, viel genauer, als ers mit der ursprünglich geplanten Methode möglich gewesen wäre.

    Tja, also wird im Endeffekt auch ein profil der Windgeschwindigkeiten entlang der Abstiegsbahn berechnet, bloß von ganz anderen Leuten als denen, die ursprünglich die Idee hatten.

    Das ist so richtig Scheiße, oder? Ist aber eine wahre Geschichte.

  4. #4 Ludmila
    Januar 24, 2011

    @Michael: Du meinst Huygens und die Geschichte kenn ich nur zu gut, weil der Kollege Mike Bird uns die Daten ein paar Monate später gezeigt hat. Ja, das war echt doof gelaufen und echt bitter. (Nebenbei sind doch auch 50% der Bilder von Huygens mit verschütt gegangen oder?) Vor allem, wenn der Fehler wirklich so doof war, wie es mir gerüchteweise zugetragen wurde. Wobei man hier schon froh sein kann, dass dieser Notfall-Plan funktioniert hat, denn sonst hätte es diesbezüglich gar keine Daten gegeben. Das wäre dann ein Totalverlust für die Menschheit gewesen. Habt Ihr denn wenigstens irgendwie davon profitieren können?

  5. #5 Ulrich Berger
    Januar 24, 2011

    Deswegen: nur mit rein theoretischen Arbeiten promovieren!

  6. #6 DrNI@AM
    Januar 24, 2011

    Vielleicht noch: 4) Gerade als man so richtig loslegen will erscheint eine Dissertation zur gleichen Fragestellung von einem Typen, von dem man eigentlich schon mal was gehört haben müsste.

  7. #7 Thierbach
    Januar 25, 2011

    Ulrich Berger·
    24.01.11 · 18:24 Uhr

    Deswegen: nur mit rein theoretischen Arbeiten promovieren!

    z.B. mit dem Thema “Gescheiterte Dissertationen”.

  8. #8 Michael Khan
    Januar 25, 2011

    Ulrich Berger schrieb:

    Deswegen: nur mit rein theoretischen Arbeiten promovieren!

    Das kann aber auch schief gehen, beispielsweise dann, wenn man sich Doktorvater und Thema nicht vorsichtig genug aussucht. Beispielsweise wurde, wenn ich recht informiert bin, die Dissertation eines Doktoranden von Otto Rössler abgelehnt.

  9. #9 Michael Khan
    Januar 25, 2011

    Ludmila Carone schrieb:

    Nebenbei sind doch auch 50% der Bilder von Huygens mit verschütt gegangen oder?

    Das kann man so oder so sehen. Eigentlich sollte es so sein, dass jeder der beiden Sender identische Daten, aber mit einem Zeitversatz von wenigen Sekunden sendet. So hätte man selbst dann, wenn die Daten des einen Senders zeitweise nicht lesbar wären, die Lücken immer noch mit denen dses anderen Senders stopfen können.

    Das Kamera-Team entschloss sich aber, auf Risiko zu gehen und stattdessen auf beiden Sendern unterschiedliche Bilddaten mitzuschicken. Die Teams der anderen Experimente machten das nicht, ihre Daten waren tatsächlich auf beiden Sendern identisch.

    Die Entscheidung des Kamera-Teams ist nachvollziehbar – selbst wenn zwischendurch mal ein Bild fehlt oder Lücken hat, ist es immer noch besser, doppelt so viel Bandbreite nutzen zu können und summa summarum mehr Bilder von unterschiedlichen Zeiten des Abstiegs mitzuschicken. Würde ich auch so machen.

    Nun war dummerweise der eine Empfänger nicht an, das heißt, dass die Daten des einen Senders gar nicht empfangen wurden. Dafür kamen die Daten des anderen Senders komplett an. Am Ende hatte man also doch genau die Menge an Bilddaten, die man auch gehabt hätte, wenn man alle wissenschaftlichen Daten vollredundant gesendet hätte, so wie es ursprünglich geplant war.

    Ich denke, da kann sich von denen keiner beschweren. Die hatten einen vollen Erfolg, da sollen sie nicht maulen, nur weil es kein voller Erfolg mit Extra-Sahne war.

    Anders sieht es bei den USO-Leuten um Mike Bird aus, die waren voll gelackmeiert. Aber der Punkt ist doch, dass die ohnehin gelackmeiert gewesen wären, weil ja ein anderes Team inzwischen aufgrund der Interferometriedaten viel bessere Informationen zu den Windgeschwindigkeiten hatte. Das USO-Team war also doppelt gelackmeiert, und da finde ich dann doch, dass das Schicksal etwas heftig hingelangt hat.

  10. #10 Biologe
    Januar 25, 2011

    Das Video ist genial. Lustig, und leider auch so wahr.

  11. #11 DrDr
    Januar 25, 2011

    Punkt Nummer 1 hört sich leider für mich sehr bekannt an — mein Chef ist gerade auf dem Sprung auf eine neue Professur. Im außereuropäischen Ausland, natürlich. Ein Punkt, der in Ludmilas Liste fehlt ist der des dauernd auf Konferenzen weilenden Doktorvaters. Meiner Erfahrung nach ist nichts frustrierender, als ein Doktorvater, der in seinem Büro quasi nur noch auf Durchreise ist — eine Betreuung findet da keine mehr statt.

  12. #12 Michael Khan
    Januar 26, 2011

    Mir f’allt noch ein “netter” Hölleneffekt ein: Ein Doktorvater oder institutsleiter, der seine Doktoranden nur als Arbeitssklaven verwendet, und auf deren Papers er selbst immer als Erster erscheint, obwohl sein Beitrag vernachlässigbar oder gar schädlich ist.