NASA: Kepler (künstlerische Darstellung)

Die Raumsonde Kepler hat ein großes Problem: Sie hat nur noch zwei “reaction wheels”. Aber wofür sind diese jetzt gut?

Teleskope im Weltall haben den großen Vorteil, dass sie sich nicht mit Störungen der Atmosphäre herumärgern müssen bzw. sie können das ganze Spektrum der Sterne sehen und nicht nur das Licht, das von der Atmosphäre durchgelassen wird. Dafür fehlt ihnen aber etwas Entscheidendes: Ein fester Standort. Das Problem wird umso prekärer, je weiter wir in die Ferne sehen wollen.

Hobby-Fotographen kennen das Problem auch: Wenn es darum geht in der Ferne zu fotografieren, dann führt der Weg an einem Stativ nicht mehr vorbei. Die freie Hand wackelt einfach viel zu sehr für Fernaufnahmen. Als Beispiel verweise ich gerne auf den folgenden Blogbeitrag von Philipp Schmidli, der ein paar echt coole Mondfotos gemacht hat. Er brauchte ein dreibeiniges Stativ für seine Aufnahmen.

Jetzt stellt Euch vor, dass das dritte Bein eines solchen Statives sich nicht mehr ordentlich einstellen lässt, sondern ein bisschen hin-und her wackelt. Das ist das Problem, das Kepler im Moment hat. Damit ist das Teleskop für die Planetensuche nicht mehr stabil genug. Denn Kepler visiert zu diesem Zweck vor allem Sterne in relativ großer Entfernung an. Das hatte ich im letzten Artikel erklärt, dass Kepler so konzipiert ist, viele Sterne in einem relativ kleinen Ausschnitt des Himmels zu sehen und von daher in die Tiefe schauen muss.

Ok, für genaue Fernbeobachtungen ist Keplers “Stativ” zu wacklig geworden. Aber grundsätzlich funktioniert das Teleskop, der Bordcomputer und die Datenübermittlung. Jedenfalls sammelt die NASA gerade fleißig Vorschläge (1), was sich mit einem leicht wackligen Kepler weiter anstellen ließe: Z.B. eingeschränkt weiterhin Astroseismologie betreiben.  Ja, Kepler ist nicht nur eine Exoplaneten sondern auch eine Astroseismologie-Mission. Jedenfalls haben ein paar Kolleginnen mir erzählt, dass zwar die Daten mit Ausfall des dritten “reaction wheels” zwar nicht mehr ganz so super sind, aber dass das teilweise durch eine Filterung der Daten kompensiert werden kann. Außerdem wird wohl gerade diskutiert, das Teleskop auf ein ganz neues Sternenfeld zu richten. Dafür ist wohl noch Treibstoff da.

Überhaupt ist es gar nicht so selten, dass Missonen umgewidmet oder reaktiviert werden, wenn sie ihr Hauptziel erreicht haben. Das Infrarot-Teleskop WISE, wird als NEOWISE reaktiviert, um nach Asteroiden in Erdnähe (NEOs) zu suchen. Das Teleskop hatte ursprünglich drei Infrarot-“Fenster”, durch die es schaute. Der Kanal für die langwelligste Strahlung, die von relativ kühlen Objekten stammt, funktioniert nicht mehr, da das Teleskop selbst zu warm geworden ist, nachdem das Kühlmittel an Bord verdampft ist. Die “Eigenwärme” des Teleskops stört die Messung. Wenn ich das richtig sehe, scheinen die beiden heißeren Kanäle nicht so stark davon betroffen zu sein. Gleichzeitig sind die aber für Asteroiden geeignet, die in Erdnähe herumschwirren und dort von der Sonne relativ stark erwärmt werden (also für “Near Earth Objects” sprich NEOs). Aehnliches gilt für das Weltraum-Infrarot-Telskkop Spitzer, das als Warm Spitzer weiter existiert, nachdem auch hier das Kühlmittel verdunstet ist. Die jetzige Messgenauigkeit reicht z.B. immer noch um Exoplaneten im Infrarot zu untersuchen. Hier gibt es einen Film zu “Warm Spitzer”.

Deep Impact wurde nach Erfüllung des Primärzieles “etwas auf einen Kometen zu werfen und dann zu sehen was passiert” 🙂 zu EPOXI umgewidmet: Extrasolar Planet Observation/eXtended Investigation of comets. Letztens hat die Sonde Beobachtungen vom Kometen ISON gemacht. Last but not least, sind da noch die Missionen Voyager 1 und 2, die ja ursprünglich als Planetentourer konzipiert waren und jetzt den Rand des Sonnensystems erkunden.

Kepler ist also gar nicht so tot, wie es überall heißt. Es wartet nur auf neue Aufgaben.

P.S.: Da die Frage im letzten Eintrag kam. Bei CoRoT ist der Bordcomputer und damit das Gehirn kaputt. Da geht nix mehr. Aber auch CoRoT hat seine nominelle Lebensdauer um Jahre überschritten.

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Kommentare (4)

  1. #1 Tantal
    September 2, 2013

    War das verdampfte Kühlmittel in WISE und Spitzer zufällig flüssiges Helium?

  2. #2 Ludmila Carone
    September 3, 2013

    @Tantal Bei WISE war es gefrorenes Wasserstoff und bei Spitzer flüssiges Helium.

  3. […] Während das Corot-Teleskop wirklich kapput ist (genauer der Bordcomputer), besteht bei Kepler noch Hoffnung, das Gerät wenigstens anderweitig nutzen zu können. Alles darüber bei Hinterm Mond Gleich Links […]

  4. #4 Alderamin
    November 7, 2013

    @Ludmila

    Es scheint sich was herauszukristallisieren: K2.

    Leider ist mir völlig unklar, wie der Druck der Sonnenstrahlen ein Drallrad ersetzen soll, aber die werden schon wissen, was sie tun.