Klappern gehört zum Handwerk. D.h. wer wahrgenommen und wertgeschätzt werden möchte, der sollte dann auch den Leuten erzählen, was sie oder er den lieben Tag so macht.

Das scheint wie eine Binsenweisheit, aber ich habe genug ältere Wissenschaftler erlebt, für die Öffentlichkeitsarbeit unter ihrer Würde war. Ich habe noch Zeiten erlebt, als es selbst an großen Unis nicht unüblich war, dass Wissenschaftlerinnen völlig verkopfte, extrem lange und vor allem tödlich langweilige Texte verfassten, die dann beinahe unredigiert in den Presseverteiler gegeben wurden. Das lag nicht unbedingt daran, dass die Pressestelle nicht ihre Arbeit machen konnte oder wollte. Die Wissenschaftler dahinter wollten einfach nicht riskieren, dass irgendsoein ‘Pressefuzzi’ eine Falschinformation herausgibt, die sie dann vor anderen Wissenschaftlerinnen doof aussehen läßt. Mit anderen Worten: als Zielgruppe der Öffentlichkeitsarbeit waren ausschließlich Wissenschaftler gesehen und die Aufgabe, das Ganze spannend und auch noch richtig an die breite Masse zu verkaufen, wurde alleine den Presseleuten zugedacht.

Das ist natürlich auch ein Standpunkt. Nur wenn mensch selber wie ein emotionsloser Roboter agiert, warum sollte sich dann irgendjemand anderes für ihre Forschung begeistern? Und wer kennt das Thema besser als mensch selbst und ist daher eher geeignet es knapp und anschaulich, aber dafür auch richtig darzustellen? Gerade in der heutigen Zeit, bei der Fülle an Themen und leider auch der immer weiter sinkenden Bereitschaft in den Medien eine ordentliche Recherche zu finanzieren, ist es extrem naiv anzunehmen, dass sich schon irgendjemand finden wird, der erkennt wie überragend die eigene Forschung ist und das auch entsprechend darstellen kann.  Ganz abgesehen davon, dass es eigentlich nicht die Aufgabe einer Journalistin ist, Werbung für Wissenschaft zu machen. Sie sollte doch wohl eher kritisch berichten und das Ganze in einem größeren Kontext einordnen. Ob letzteres dann auch geschieht, ist wiederum eine andere Frage. In einem englischen Artikel auf den Scilogs wurde das Thema auch angesprochen und dabei auch auf ‘social medias’ wie Twitter, Blogportale etc, eingegangen.

Die klassische Pressemitteilung ist und bleibt natürlich wichtig, aber social media eröffnet völlig neue Perspektiven: Angefangen damit, dass mensch jetzt auch direkt mit interessierten Laien über seine Arbeit reden kann – außerhalb der wenigen Tage der offenen Tür – macht es die eigene Arbeit auf eine ganze neue Weise sichtbar und v.a. zeigt es einer breiten Öffentlichkeit, v.a. Multiplikatoren wie Presseleuten, warum mensch forscht und warum es wichtig ist, auch wenn kein unmittelbarer Nutzen entsteht. Das wiederum könnte die Chancen erhöhen, seine Forschung auch finanziert zu kriegen. Klar, eine Garantie ist es nicht, aber wie heißt es so schön: Wer nicht spielt, der kann auch nicht gewinnen.

Ich habe gerade ein ganz aktuelles Beispiel parat für die Interaktion zwischen Wissenschaft, Politik und öffentliche Wahrnehmung über social media:

Vaneylen_dirupio_twitter

 

Der belgische Ministerpräsident gratuliert auf Twitter einem Kollegen, der einen neuen Exoplaneten gefunden hat: What asteroseismology can do for exoplanets: Kepler-410A b. Hier ist die niederländische Pressemitteilung dazu und hier die englische. Der Erstautor Vincent van Eylen bloggt auch selbst.

Ich würde sagen: Alles richtig gemacht. Schaden kann es jedenfalls nicht. Und das sollten sich gerade ältere Wissenschaftlerinnen hinter die Ohren schreiben, die gerne hinter dem Rücken von jungen Wissenschaftlern, die Öffentlichkeitsarbeit machen, lästern, dass diese doch lieber mehr Wissenschaft machen sollten und nicht ihre Zeit ‘verplempern’ sollten.

Kommentare (4)

  1. #1 CM
    Januar 24, 2014

    Kommunikation – insb. über Presse(artige)-Medien – finde ich bzgl. Gestaltung und Wirkung noch immer etwas rätselhaft und so muß ich auch denken, dass Deine Aussagen alle richtig sind, bis auf
    Schaden kann es jedenfalls nicht..
    Denn wer twittert da? Di Rupo persönlich? Wohl eher sein Büro. Leute, die angestellt sind das Image von Di Rupo (bei anderen Personen des öffentlichen Lebens ist das nicht anders) positiv zu gestalten. Das ist natürlich noch kein Schaden – aber authentisch ist das nicht. Und so tendiere ich für meinen Teil Pressemitteilungen jeglicher Coleur zu ignorieren: Mich interessiert als Wissenschaftler einfach nicht, was PR-Leute aus wissenschaftlichem Content zu ziehen glauben bzw. wer wessen Nähe aus Gründen des Images sucht (und deswegen lobt).

    Als politischer Bürger ist das natürlich nicht per se uninteressant. Und so frage ich mich: Gibt es auch andere Motivation dafür Interesse zu zeigen? Sicherlich, doch die Intention auf der Autorenseite ist ja – auch – ein Laienpublikum anzusprechen. Und dann wird auf einmal auch interessant, welche Art Wissenschaft da getrieben wird. Und hier ist einmal die Astronomie, sonst unter nicht unerheblichem Rechtfertigungsdruck, auf der sicheren Seite, denn sie ist ideolisch unverfänglich. Gilt das für jedes wissenschaftliches Thema? Sicher nicht. (Der Tag an dem deutsche Politiker z. B. der EBM öffentlich und eindeutig die Stange halten, muß erst noch kommen.)

    Und so finde ich die Gewichtung wissenschaftlicher Resultate in Pressearbeit nach nationalen, politischen, persönlichen, pekuniären und vllt. auch anderen Interessen bedenklich für die Wahrnehmung von Wissenschaft. Vielleicht sehe ich zu schwarz, aber ich schliesse nicht aus, dass solches Handeln mittelfristig für mindestens eine Seite schädlich ist.

    Das aber ändert natürlich nichts an der Einschätzung zur Wichtigkeit der Wissenschaftskommunikation an sich!

  2. #2 Ludmila Carone
    Januar 24, 2014

    @CM: Ob Di Rupo selbst twittert oder nicht, finde ich in dem Zusammenhang zweitranging. Denk an die Reichweite des Twitterkanals und von wem der gelesen wird! Auch hier wird es viele Politikerinnen und Journalisten geben (Meinungsmultiplikatoren und Entscheidungsfinder) und auch viele andere Menschen, die sonst mit dem Thema Wissenschaft nicht in Berührung kommen. Das ist ein großes Plus.

    Und selbst wenn “nur” die Leute aus dem Büro twittern…Da wird i.a. kein Praktikant hingesetzt sondern die Presse-und Öffentlichkeitsabteilung und das sind auch “nur” die Leute, die z.B. mit darüber entscheiden, welche Informationen für das Image des Ministerpräsidenten wichtig sind und die mit ihm das auch irgendwann abgesprochen haben werden.

    Authentizität kannst Du nur für Dich selbst schaffen, aber nicht für andere. Das ist ja das Gute an social media. Ganz abgesehen davon, dass Du ja auch nicht verhindern kannst, wer Dich “lobt” und weiterzitiert und ob derjenige authentisch ist.

    Ich musste ehrlich bei Deinen folgenden Zeilen schmunzeln:
    “Kommunikation – insb. über Presse(artige)-Medien – finde ich bzgl. Gestaltung und Wirkung noch immer etwas rätselhaft ”

    Ja, das merke ich 🙂 Unter anderem an den folgenden Zeilen:
    “Mich interessiert als Wissenschaftler einfach nicht, was PR-Leute aus wissenschaftlichem Content zu ziehen glauben bzw. wer wessen Nähe aus Gründen des Images sucht (und deswegen lobt). ”

    Und das halte ich in der heutigen Zeit für einen Fehler. Wenn Du nicht mit den PR-Leuten z.B. an Deiner Uni sprichst, dann sind die gezwungen entweder gar nicht über Deine Arbeit zu berichten oder aber an Dir vorbei und dann bist Du erst recht unzufrieden, wenn Du dann darueber in der Zeitung liest.

    Und das finde ich auch nicht wirklich zielfuehrend.

    Aber ich weiß, dass viele europäische Wissenschaftlerinnen dein Unbehagen teilen. Du bist also nicht allein. Ich finde es allerdings sehr schade.

  3. #3 CM
    Januar 24, 2014

    “Ob Di Rupo selbst twittert oder nicht, finde ich in dem Zusammenhang zweitranging.” – in der Tat, es beschreibt nur ein Unbehagen, dass damit zusammenhängt nicht zu wissen wer warum schreibt. Und das dies nicht ganz irrelavant ist, zeigt der Spott den polit. Grössen gelegentlich ausgesetzt sind, wenn sie sich sachfremd äußern (“lassen”) – unabhängig vom Medium.

    Aber gut. “Wenn Du nicht mit den PR-Leuten z.B. an Deiner Uni sprichst, dann sind die gezwungen entweder gar nicht über Deine Arbeit zu berichten oder aber an Dir vorbei …” Das ist richtig – und vllt. etwas kurz gegriffen (und ich weiß die Expertise von Marketing/PR durchaus zu schätzen). Aber eigentlich auch nicht Gegenstand meiner Kritik, der sich nur allg. auf etwas Anderes richtet:

    Der eigentliche Kritikpunkt – wir sind uns ja weitgehend einig – ist, das Politik manche Forschungskinder öffentlichkeitswirksam tätschelt, während andere diese Aufmerksamkeit nicht haben und die Auswahlkriterien hierbei nicht z. B. dem Zufall des persönlichen Interesses (wie z. B. in den SB) geschuldet sind, sondern dem Diktat der Imagepflege (meine Argumentation war von hinten durch die Brust ins Auge und etwas unklar – zeigt, dass ich gelegentlich Kommunikationhilfe in Anspruch nehmen muß 😉 ). Und das dies durchaus Gefahrenpotential in sich birgt. Das ist eine Sorge, die niemand teilen muß – ob sie sich bewahrheitet wird die Zeit zeigen.

    (Sorry, ich klinke mich hier aus – Mittag, Kinderbetreuung, Wochenende).

    Prettig Weekend und danke für den interessanten Artikel!
    Christian

  4. #4 Ludmila Carone
    Januar 24, 2014

    @CM Du hast Recht. Ich war mit ” Schaden kann es jedenfalls nicht” selbst zu naiv. Guter Hinweis.
    *Ein Hoch auf die Kommentarfunktion ;-)*