Beeindruckend ist auch die Lautstärke der Rufe, die bis zu zwei Kilometer reicht. Zum einen erreichen die Tiere das durch ihr schieres Volumen. In diesem Fall hier mag auch noch eine örtliche Besonderheit eine Rolle spielen. Der Hall der Rufe ist deutlich zu hören (und in den Grafiken auch deutlich zu sehen), er entsteht – wenn ich mal spekulieren darf – durch den leichten Kesseleffekt hier auf der “Hofewiese”. Denn die ist geradezu “umzäunt” von Wald, der bis an die Wiese heranreicht und sie (dort wo die Kraniche standen, an der Ostseite) an drei Seiten einschließt. Das Foto zeigt zwar die Westseite, auf der Ostseite sieht es ganz ähnlich aus.

Dresdner Heide, Hofewiese

Hofewiese, Westseite, Dresdner Heide. 

Foto: Wikipedia, Public domain

Nachtrag: Auf Facebook wies mich meine Kollegin Elke Brüser auf eine Erklärung für die besondere Lautstärke der Rufe hin: eine anatomische Besonderheit.

Luftröhre des Kranichs

aus: Hartwig Prange, Der Graue Kranich, Die Neue Brehm-Bücherei, Wittenberg Lutherstadt 1989

Wenn man denn dann weiß, was man da hört, kann man es auch zuordnen. Natürlich hab’ auch ich schon mal ein Kranichtrompeten gehört, jedes Jahr im Frühjahr oder Herbst, wenn man die V-Formationen auf ihrem Vogelzug vorbeifliegen sieht. Aber meine Heimat (unterer Westerwald) gehört(e) nicht zu den Brutgebieten der Kraniche. Die liegen mehr im Osten. Dresden selbst liegt knapp am Rand, Mecklenburg-Vorpommern ist in Deutschland klassisches Kranichland. Ob sich das Paar hier zum Brüten niedergelassen hat? Es ist, glaube ich, ein bisschen spät dafür. Aber eine Woche später habe ich das Trompeten wieder gehört, gesehen habe ich das Paar aber nicht.

Kurzer Hinweis: Sollte sich hier ein Bioakustiker oder Ornithologe einfinden, dann bitte auf Fehler hinweisen. Ich lese mir das ja auch nur an und vermute und spekuliere, so gut ich kann :-).

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Kommentare (7)

  1. #1 Stefan
    30. Mai 2016

    Hallo Marcus,
    vielen Dank für diesen Artikel! Deine Begeisterung hast Du sehr gut vermitteln können!
    Es ist schön zu lesen, dass es nicht immer nur um Molekularbiologie oder Genetik geht (nichts gegen Moleklarbiologen oder Genetiker :-)).
    An die Begeisterung über “meinen” ersten Kolkraben kann ich mich auch noch sehr gut erinnern (ebenfalls im kolkrabendeprivierten Westdeutschland aufgewachsen).
    Bitte mehr solcher Artikel – auch wenn es in den Augen mancher Leute “Blümchenbiologie” und keine “echte Wissenschaft” sein mag!
    Viele Grüße,
    Stefan.

  2. #2 Marcus Anhäuser
    30. Mai 2016

    Danke. :-). Es ist halt Naturbeobachtung, die ja der Anfang aller Wissenschaft ist (wenn ich mal so maßlos übertreiben darf.)

  3. #3 Alisier
    31. Mai 2016

    Toller Blogpost!
    Und wegen deines damaligen Posts über den Kolkraben bin ich hellhöriger geworden, und nehme die Tiere inzwischen an vielen Orten wahr.
    Mehr davon bitte, auch weil wir die Begeisterung brauchen, um Menschen für den Erhalt solcher und vieler anderer Tiere und Pflanzen zu gewinnen.

  4. #4 Frank
    2. Juni 2016

    Da hast Du prinzipiell auch meinen Nerv getroffen: Für mich ist der Ruf des Kolkraben schon immer faszinierend gewesen, weil er so intensiv und tief nach Wald, sprich Holz, klingt und sich von anderen Krähen stark unterscheidet. (Obwohl er ja kein reiner Waldbewohner ist.) Und der Kranich übertrifft das noch im besten Sinne Meilenweit. Während ich in meiner Jugend (ebenfalls Raum Dresden) alles nur aus Büchern und von Schallplatten kannte und dann erstmals live viel weiter nördlich kennengelernt habe, haben sich die Bestände in den letzten Jahrzehnten offenbar gut erholt. – Ein Pärchen im Gebiet der Dresdner Heide wäre dann doch überraschend. Oder? Normaler Weise halten die Vögel extrem Abstand zu Menschen. Und zumindest am Wochenende ist die Heide ja doch von Dresdnern gut “durchlaufen”. Würde bedeuten, dass die Brutbestände so stark sind, dass es einzelne Paare bis an solche eigentlich ungeeignete Flächen heran drückt. Bisher, aus eigener “Hörerfahrung”, hatte ich angenommen, dass man mit Kranichen jetzt tatsächlich östlich und nördlich der Heide rechnen kann. Irgendwo in den Feldern, wo Ruhe herrscht. Aber eben nicht schon mitten in der Heide.

    Aber inzwischen gibt es ja auch Biber in Dresden. Zumindest gelegentlich fällen sie kleinere Bäume im Bereich des Ostrageheges. Also mitten in der Stadt. Da wundert mich nichts mehr. ;-)

  5. #5 Marcus Anhäuser
    3. Juni 2016

    Ich hatte vorher ja gar keine Ahnung von Kranichen. Mir ist auch noch nicht klar, wo die beiden brüten (wenn überhaupt). Die Aufnahmen habe ich sonntagmorgens, etwa um 6:00 Uhr gemacht, da ist noch kein Mensch an der Hofewiese, die Jogger kommen in der Regel ab 7:00, 8:00 Uhr. Ich habe eine Woche später wieder die Rufe gehört, als ich dann hin bin, waren sie aber schon weg. Zumindest ein Hinweis, dass das kein Zufall war.

  6. […] Radiojournalistin Sandra Müller (Radio-machen, fair-radio) aus (Danke dafür :-). Ich hatte an dieser Stelle eine Geschichte aus meinem Vogelstimmen-Universum (Spoiler-Alert) aufgeschrieben und sie meinte auf Facebook – ganz Radiofrau – dass sie das […]

  7. […] Es wurde Zeit mal eine andere Ecke hier in der Region zu erkunden, um Tierstimmen aufzunehmen. Im Norden der Dresdner Heide gibt es sicher noch das ein oder andere Highlight, aber sicher nicht mehr all zu viele, sowas wie die Kraniche, gibts eh nur alle paar Jahre. […]