Mal was ganz anderes.

Ich geb’s zu: Ich bin froh, dass es in Deutschland so viele synchronisierte Filme gibt. Und ich mag Synchronisationen und gute Synchronstimmen. Ich weiß, jetzt kommen gleich wieder die üblichen Sprüche … Geschenkt. Manches stimmt, manches ist mir aber nicht so wichtig wie anderen. Ich will in Filmen alles verstehen, habe keine Lust Untertitel zu lesen, und freue mich auch über gute Stimmen. Ich hab’s oft genug versucht, hatte aber immer das Gefühl, ich verstehe nicht genug oder ich war mir zu oft zu unsicher; das macht einfach keinen Spaß. Für den unbeschwerten Spaß gehe ich aber ins Kino. Brecht Euren Stab über mich – wir werden uns im Kino nicht über den Weg laufen.

Aber natürlich weiß ich auch, dass es Momente in Filmen gibt, die funktionieren in einer deutschen Synchronisation nicht. Gerade eben habe ich ein schönes Beispiel gefunden. Der Witz ist, ich sah die Szene im deutschen Trailer, und sie wirkte komisch, und ich dachte gleich: “Das muss ich mir doch mal im englischen Original anhören.

Hört erstmal selbst: Ihr hört eine Szene aus dem neuen BioPic “Get On Up” über James Brown (muss ich nicht erklären, oder?), ein Dialog mit Brown (gespielt von Chadwick Boseman (im Foto)) und einem seiner Musiker auf einem Flur, zunächst in Deutsch (etwa 10 sek.), dann im Original (etwa 10 sek.). Ich wette, ihr versteht sofort, was ich meine.

Das ganze auch noch mal als Videoausschnitt für die Augentiere unter Euch:

Wird klar, oder?

Wo man in der deutschen Version noch darüber rätselt, warum die beiden zwar irgendwie in einer bestimmten Art mit einander reden, aber doch auch irgendwie eigenartig (der Boss zu seinem untergebenen Musiker, wer respektiert hier wen?), wird in der Originalversion sofort klar, dass sich hier zwei Musiker klar machen, das da noch was geht – und zwar in der Art und Weise, wie sie es auch im Studio und auf der Bühne tun. Klar ist Brown der Boss, doch der begegnet seinem Kollegen mit eben so viel Respekt, weil er weiß, dass er sich auf ihn verlassen kann. Es ist dieser Sing-Sang und dieser ‘rhythm’, diese Coolness in der Stimme und in der Art wie sie die Sätze sagen, das fließ und ist rau. Das gelingt in der deutschen Synchronisation nicht so richtig, da geht leider was verloren.

Aber, was sagt der Mukker-Kollege da am Ende “Funk in the  …“(What?). Damit kommen wir zu einem Problem, dass ich eben immer wieder habe mit englischen Originalversionen.

Aus demselben Trailer daher eine Stelle, die vielleicht verständlich macht, warum deutsche Synchronisationen dann doch auch hilfreich sind und immer wieder auch angenehm zu sehen (bzw. zu hören) sind.

Es folgt eine Szene, in der James Brown einen Disput mit seinen Musikern hat. Erstmal nur Audio. Diesmal hört ihr zuerst das englische Original, dann die deutsche Synchronisation.

Und? Alles verstanden? Also gerade das Genuschel des Bandmusikers, der erklärt, das das so nicht funktioniert, da tue ich mich im Englischen wirklich schwer. Und gerade diese Stelle ist im Deutschen sehr gut zu verstehen (auch weil die Stimme hier etwas klarer über dem Hintergrund liegt).

Hier das ganze als Videoausschnitt, erst in Englisch, dann in Deutsch.

In solchen Fällen bin froh, dass es eine deutsche Synchronisation gibt. Klar, mir geht was verloren, weil ich etwas nicht im englischen Original schaue, aber das geht es mir auch, wenn ich es im englischen Original schaue. Und Untertitel zu lesen, habe ich einfach keine Lust – wenn ich lesen will, kaufe ich mir ein Buch ;-).

Und: Es gibt ja eine Menge toller Synchronsprecherstimmen, die einerseits immer wieder überraschend nah an der Originalstimme sind, andererseits auch manchem Schauspieler eine bessere Stimme verleihen als er es von Natur aus hat. Mein Beispiel: Einige deutsche Stimmen in der Serie “Mad Men” finde ich wesentlich prägnanter und stärker als im englischen Original. Aber das ist dann noch ein mal ein anderes Thema.

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Kommentare (14)

  1. #1 Jan
    9. Oktober 2014

    @Marcus: Ja, der Mukker-Kollege sagt: “I think we got more funk in the trunk.” Die Interpretation wird dir wahrscheinlich mit dem Hinweis leichter fallen, dass im US-Englisch das Wort “trunk” auch für “Kofferaum” steht.

  2. #2 rolak
    10. Oktober 2014

    Das erste Paar ist imho eher ein Beispiel für gute Synchronisation – der Singsang und das ‘yes massa’-veralbernde ‘Mister’ kommen zwar (schon mangels Kontext) abgeschwächt, jedoch gut rüber und selbst das Idiom wird äquivalent ersetzt. Beim Bedeutungssuchen für spezielle Sprüche aus egal wie verbreitet so doch Subkulturen älterer Jahrgänge treten enorme Schwierigkeiten auf – sie sind einfach nicht mehr üblich, wurden nie richtig erfaßt weil ja keine offizielle Sprache, so wie zB hier in D’Land bei diversen Jugendsprachen.
    ‘Feuer im Leib’ wäre evtl inhaltlich eine gute Übersetzung, klingt aber furchtbar dröge. Wobei es immer noch sein kann, daß das Original ein weiteres geflügeltes Wort aus der Zeit persifliert…
    Meine erste Begegnung mit dem Dilemma waren endlich ergatterte OTon-Ausgaben der Blaxploitation-Filme, noch auf VHS und mit gedruckten Nachschlagewerken – eine kassetten- und blätternfinger-schindende Qual ;-)

    etwas klarer über dem Hintergrund

    Eine (lokal wahrgenommen) seit Jahren immer weiter fortschreitende Entwicklung vor allem bei US-Filmproduktionen (wahrscheinlich ein Nebenschauplatz des loudness war), nicht alles betreffend, doch immer mehr – und dazu führend, daß ich mir die Originalvarianten deutlich lauter, in Extremfällen sogar mit Equalizer-Dämpfung außerhalb des sprachlichen Kernbereiches ansehe

  3. #3 Marcus Anhäuser
    10. Oktober 2014

    @Jan mhm, aber genau das meine ich, auch wenn es jetzt nur eine Marginalie ist. Woher soll ich denn jetzt wissen, dass das auch noch “Kofferraum” heißt. Und dann erweist sich “Tank” ja als gar nicht mal mehr so beliebig. Danke für den Hinweis.

  4. #4 Marcus Anhäuser
    10. Oktober 2014

    Okay. Mir war die Stelle beim Schauen des deutschen Trailers einfach aufgefallen. Es erinnerte mich auch ein wenig an Passagen aus Songs von Brown, in denen er mit seinen Bandkollegen spricht, aber das klingt hier in Deutsch einfach etwas flach. Mag vielleicht auch an den Qualitäten der US-Amerikanischen Schauspieler liegen, und zugleich der deutschen Synchronsprecher, denen dabei einfach ein wenig Soul fehlt.

    “daß ich mir die Originalvarianten deutlich lauter, in Extremfällen sogar mit Equalizer-Dämpfung außerhalb des sprachlichen Kernbereiches ansehe”, Interessant. Okay, dass ist natürlich etwas aufwändiger. Und im Kino auch schlecht nachzumachen.
    Wie auch immer.

  5. #5 Dierk
    10. Oktober 2014

    Für die Übersetzung ändern Untertitel wenig, daher habe ich den Einwand der Anti-Synchron-Fraktion nie verstanden. Zwar unterscheiden sich UT und Synchro notgedrungen – Synchro [wie das deutsche Wort schon sagt] lippensynchron, UT verkürzt wg. Lesegeschwindigkeit -, aber die inhaltliche Qualität bleibt.

    Gerade oben bei den Beispielen zeigt sich aber das eigentliche Problem: Atmosphäre.

    Früher gaben sich deutsche Studios viel Mühe, die gesamte Tonspur sinnvoll auszupegeln, nicht einfach nur einen deutschen Flatschen drüber zu legen. Selbst ein von mir nicht sonderlich geschätztes Studio unter einem ganz besonderen Mann tat das*. Seit 20 Jahren ist das nur noch selten der fall, nicht zuletzt, weil es viel mehr Arbeit gibt.

    Im ersten Beispiel kommt eine extrem aufdringliche Stimmauswahl hinzu, mit Sprechern, die sich aufgeregt anschreien, während die beiden im Original coolen Jive reden, einfach funky sind.

    Das spricht nicht gegen Synchronisierung, sondern für mehr Qualität.

    PS: Ich schaue inzwischen selbst Filme in Sprachen, die ich nicht mal im Ansatz verstehe, original mit UT, manchmal in englischem Dub**, weil die deutschen Bearbeitungen oft so schlampig sind oder einen mir völlig unklaren Publikumsgeschmack bedienen.

    *Dafür stimmten die Übersetzungen nicht.
    **Studio-Ghibli-Filme bekommen sehr gute Dubs.

  6. #6 weyoun
    10. Oktober 2014

    “we got more funk in the trunk”
    würde ich mit
    “wir haben mehr funk im arsch”
    übersetzen.
    Das reimt sich zwar nicht mehr, aber meint dasselbe

  7. #7 Jakob B.
    10. Oktober 2014

    @Marcus Anhäuser:
    “Woher soll ich denn jetzt wissen, dass das auch noch “Kofferraum” heißt.”
    Durch Übung? Kofferraum ist ja ein recht gewöhnliches Wort. Auch die alternativen Bedeutungen “Truhe/Kiste”, “Rüssel” und “Baumstamm” sollte man kennen, wenn man regelmäßig Medien auf Englisch konsumiert. Dein Artikel läuft doch im Endeffekt auf “aller Anfang ist schwer” hinaus. Die ersten 1-2 Jahre in denen man englische Filme schaut sind oft zermürbend und man will doch bei Filmen eigentlich entspannen. Ich verstehe also wenn man diese Hürde nie in Angriff nimmt.

    Wenn man oft Originalversionen schaut, dann werden zwar die Verständnisprobleme geringer, dafür fällt es einem immer schwerer unbeschwert Synchronfassungen zu schauen. Bei jedem flotten Spruch oder Wortspiel, das in einem synchronisierten Film ein wenig seltsam wirkt, fange ich an zu überlegen, was wohl im englischen Original gesagt wurde. Da solche Sprüche bei vielen Filmen im Minutentakt kommen ist das oft anstrengender als Untertitel lesen. Übrigens ist mir aufgefallen, dass viele Freunde die selten Filme im Original schauen diese schiefen und unpassenden Sprüche oft nicht bemerken. Wir haben anscheinend durch das schauen von synchronisierten Filmen schon eine Toleranz für solchen Unsinn entwickelt.

    Einige Filme und Serien funktionieren überhaupt nicht als Synchronfassung. Besonders aufgefallen ist mir das bei „How I Met Your Mother“, das hauptsächlich von Wortspielen lebt und in der deutschen Fassung locker die Hälfte der Witze verliert. Noch schlimmer sind einige Folgen von South Park deren ganze Idee auf einem Wortspiel oder sprachlichen Missverständnis (“semen” vs “sea men”) basiert.

  8. #8 Marcus Anhäuser
    10. Oktober 2014

    @Jakob B. Du hast Recht, ich hab da aber keinen Bock mehr drauf. Ich habe keine Lust mich zwei Jahre durch Filme zu quälen, wenn ich mich einfach nur unterhalten will. Dafür reichts oft genug. Ich bin mir des Problems bewusst (sonst hätte es diesen Post nicht gegeben), aber ich glaube, aus mir wird kein Originalfilm-Schauer mehr. Interessanterweise sind genau die beiden Serien Serien, die völlig an mir vorbei gegangen sind. Ich habe mir einzelne Folgen angesehen, gezündet hat es nicht. Könnte natürlich genau daran gelegen haben: Der gute Witz geht in der Synchronfassung verloren.

  9. #9 Jan
    10. Oktober 2014

    @Marcus: Ich würde mir da nicht so Gedanken drüber machen, dass du eine Bedeutung eines Wortes mal nicht kanntest. Hat man die Bedeutung nie gehört, dann kann man es nicht wissen. Ich konnte mich auch nur dran erinnern, weil es in einem Schulbuch, und das ist auch schon 15 Jahre her, einen Witz mit “boot” gab. In den USA ist das ein Stiefel, in Großbritanien ein Kofferraum. Hätte ich das nicht gelesen, dann hätte deine Frage auch von mir stammen können.

    Im Deutschen ist es aber doch nicht viel anders. Du kennst nur viel mehr deutsche Wörter, auch die seltsamsten Nischen, weil du die Sprache viel öfter hörst und dir die Wörter in der Sprache noch leichter merken kannst. Mit Sicherheit lässt sich aber auch ein (relativ) bekanntes Wort finden, dessen Bedeutung du nicht kennst. Einfach weil du es noch nie gehört hast.

  10. #10 Marcus Anhäuser
    10. Oktober 2014

    @Jan ich guck nun ja schon ein paar Jahre, ich müsste fast sagen Jahrzehnte, und glaub mir, ich habe es oft genug versucht. Danke der Mühe :-), aber ich glaube, da hat mich die Filmkunst längst verloren.

  11. #11 Marcus Anhäuser
    10. Oktober 2014

    @ Dierk Atmosphäre ist hier sicher auch ein wichtiger Punkt. Die deutsche Stimmen klingen nicht sehr eingebettet, wirkt sich zwar positiv für die Verständlichkeit aus, klingt aber dann auch ein wenig losgelöst vom Gesamtsound.

  12. #12 Quercus
    11. Oktober 2014

    Synchronisation good and bad

    Auf Englisch heißt das übrigens nicht Synchronisation, sondern Dubbing.

  13. #13 Marcus Anhäuser
    11. Oktober 2014

    Meinte aber den deutschen Begriff.

  14. #14 rolak
    31. Oktober 2014

    Mir ist letztens beim Shopping noch eine Selbstverständlichkeit aufgefallen, die mir unerklärlicherweise weiter oben nicht einfiel.