Die Zukunft der Medizin könnte so anders aussehen, wenn es um Plazebos geht. Ärzte geben ihren Patienten Zuckerkügelchen, müssen aber kein schlechtes Gewissen wegen der Täuschung haben. Denn in der Zukunft wissen Patienten, dass sie Zuckerkügelchen bekommen – und fühlen sich gut dabei. Zumindest wenn die Hypothese (und mehr ist es nicht) zum Meta-Placebo stimmt. Ein etwas absurder Dialog

Drüben bei Chris auf Wissen schafft Kommunikation hat sich eine schöne Kommentarschlacht zum Thema Plazebos und die Verwendung in der Medizin entwickelt. Da fühlen wir uns natürlich extremst angesprochen angesichts des Namens unseres’ Blogs. Aber anstatt uns auch noch reinzumengen möchten wir nur einen hypothetischen Dialog zwischen einem Arzt und seinem Patienten beisteuern, der zeigt wie weit man das ganze Thema drehen kann, wenn man davon ausgeht: Plazebos können in der Therapie benutzt werden.

(… und wir wollen die Kommentatoren auch gar nicht hier rüber ziehen, macht ruhig dort weiter.)

Eines der Probleme (v.a. ethischer Art) mit der Verwendung von Plazebos ist ja, dass der Arzt seinen Patienten belügen/täuschen muss. Er sagt ihm, er gebe ihm eine Arznei mit einem wirksamen Inhaltsstoff, stattdessen gibt er ihm eine Zuckerpille und hofft, allein durch den behandelnden Akt und den Glauben des Patienten einen Therapieerfolg zu erzielen.

Es könnte aber auch anders gehen. Das hält zumindest der Niederländer Oskar van Deventer für möglich (und uns ist nicht ganz klar, wer oder was dieser Herr van Deventer ist) Er erläutert seine Hypothese des Meta-Plazebos im Fachmagazin Medical Hypotheses.

Danach ist ein Meta-Plazebo eine Plazebo (also die Zuckerpille), der verabreicht wird, obwohl Arzt und Patient wissen, dass es ein Plazebo (also die Zuckerpille) ist. Der Arzt spielt mit offenen Karten, er muss den Patienten nicht täuschen.

Wir wollen das gar nicht weiter ausführen, es ist mal nur ein kitzliges Gedankenspiel.

In seinem Artikel hat er einen hypothetischen Dialog eingebaut, der auf durchaus amüsant-absurde Weise zeigt, wie das aussehen könnte, wenn seine These vom Meta-Plazebo stimmte. Wer beim Lesen an Monty Python denkt, lieg gar nicht so verkehrt. Ihm geht es selbst so.

Hier also ein Gespräch zwischen einem Arzt und seinem Patienten in einer vielleicht nicht so fernen Zukunft, in der Ärzte mit Plazebos heilen, ohne ihre Patienten belügen zu müssen.

Doctor: ”Given my diagnosis of your syndrome, I am going to prescribe you a fake treatment.”

Patient: ”Excuse me?”

Doctor: ”Given your symptoms, I have come to the conclusion that you are best helped by following the fake treatment that I am going to prescribe to you.”

Patient: ”Are you kidding me?”

Doctor: ”No, I am absolutely serious. Have you ever heard of the placebo effect?”

Patient: ”Eh . . ., no. Please explain.”

Doctor: ”The placebo effect is based on the healing belief in a treatment. It is a well established medical fact that even fake treatments yield positive effects. In case of your syndrome, none of the existing medicines do better than a placebo. This is why I think it is in your best interest to give you a fake treatment, that is a so-called placebo treatment.”

Patient: ”So the treatment is fake. Why would that be in my best interest?”

Doctor: ”First of all, there is the healing power of the placebo effect which I just explained. Trust me, the placebo effect is real. Secondly, I want to keep you in the medical circuit so that I can keep an eye on you.”

Patient: ”Well, OK. What treatment do you have in mind?”

Doctor: ”My favourite placebo treatment is the ‘green pill’. It has some herbs inside, that do nothing, but at least the pill tastes well. Moreover, its grass-green colour makes it look very natural, which is a positive thing. It is also not too expensive. You can get it from your pharmacist. Here is you recipe. Please take the pill once a day, just before
dinner.”

Patient: ”But couldn’t I just take a green Tictac? After all, you just explained that the treatment is not about what is inside the pill.”

Doctor: ”I am sorry, but it does not work that way. This treatment is the most effective if it is prescribed by a professional medical practitioner in a white coat, that is me, and when it is obtained from a professional medical outlet, that is your pharmacist. Trust me, I can show you the medical literature on this.”

Patient: ”OK, I believe you. Thank you for taking the time to explain.”

Doctor: ”You are welcome. I’ll see you next month, so we can examine together how well the treatment has worked.”

Wie gesagt, ist nur eine Hypothese und Deventer betont dies immer wieder. Er ordnet den Meta-Plazebo in seiner Effektivität zwischen “nichts tun” und echtem Placebo ein. Er versucht Szenarien zu entwerfen, wie man seine Hypothese testen könnte (doppel-blind wird schwer, weiß er selbst).

Wird sich zeigen, was draus wird. Der Dialog zumindest erzeugt ein herrlich schummriges Gefühl, wie so oft, wenn es um das Thema Plazebo/Placebo geht.

Kommentare (6)

  1. #1 Anhaltiner
    18. Dezember 2008

    Der Vergleich zwischen Meta-Placebo und Placebo ist dann wirklich schwierig. Aber wie wäre es wenn in einer Studie dann statt Placebo die passende Medizin gibt? wirkt die dann genauso schlecht wie ein Placebo? (ja so eine Studie wird die Pharmaindustrie nich wirklich gern bezahlen wollen)

  2. #2 florian
    18. Dezember 2008

    @Anhaltiner: Das ist ja genau die Art und Weise, wie man Placebo bzw. “Medizin” definiert. Das, was in einer randomisierten, doppelverblindeten Studie besser abschneidet als ein Placebo, wird ein Medikament.

  3. #3 fs
    19. Dezember 2008

    bei manchen “patienten” wäre wohl ein placebo und ein paar tage bettruhe/etwas bewegung/gesunde ernährung… wohl wirklich besser/effektiver/wirtschaflticher/… wobei es natürlich auch ohne das placebo ginge, wenn der arzt überzeugend genug ist/sein will ;)

  4. #4 Chris
    19. Dezember 2008

    Dann greif ich das Stöckchen mal auf und erfinde folgenden Dialog:

    Arzt: Mit ihren chronischen Rückenschmerzen kann ich Ihnen 2 Therapien zur Wahl geben: Eine etwas riskante Bandscheiben-OP oder eine medikamentöse Variante.
    Patient: Werde ich nich abhängig von den Schmerzmitteln?
    A:Das ist ein neues Verfahren. Sie müssen aber die Pillen exakt in der angegebenen Reihenfolge einnehmen. Die Pillen schmecken sehr merkwürdig, das müssen sie auch. Ihr Körper verbindet den Geschmack mit dem Medikament. Nach den ersten beiden Wochen reduziert sich das Schmerzmittel in der Konzentration. Ihr Körper merkt den Unterschied aber nicht, weil der komische Geschmack bleibt und das mit dem Medikament gleich setzt. Auf diese Weise wird die Medikamentendosis bei gleicher Wirkung reduziert. Es ist daher verträglicher von den Nebenwirkungen, macht nicht abhängig und günstiger ist es deswegen auch.
    Wenn es gut klappt, können wir auch versuchen, die Variante vollkommen ohne Medikament zu testen.

  5. #5 GeMa
    19. Dezember 2008

    Uhh, schummerig ;-)

    Das wird später einfach vom Chip in der Praxis/KH eingelesen und gut :-P Da gibt es überhaupt kein ethisches Dilemma, weil das vorher der (sagenumwobene) mündige Patient selbst entscheidet, ob er im Zweifelsfall mit Placebo behandelt werden will.
    Die KKs übernehmen dann die Metatheratrallali gegen anständige Zuzahlung (was teuer ist, wirkt besser)

    Schein-Bandscheiben OPs darf man auch nicht vorenthalten. Hilft nachweislich bei einigen (Arthroskopie), (jahrtausendealte phillipinische XY).

  6. #6 knorke
    19. Dezember 2008

    Gibt es nicht Studien, die zeigen, dass der Placebo-Effekt auch dann auftritt, wenn man ihn kennt? Ich glaub ich habe das sogar hier irgendwo gelesen. Wenn das so ist, ist das ja gar nicht mal soo … ähh… schummrig.

    Ach ja: Frohe Weihnachten den Blogbetreibern und Kommentatoren.