Stellt Euch vor, Ihr freut Euch auf das schöne kühle Blonde am Ende eines heißen Tages. Ihr habt richtig Brand. Das Bier steht vor Euch, Ihr greift zu, setzt zum großen Schluck an und … “Stopp, tun Sie das nicht“, warnt eine aufgeregte, ins Hysterische kippende Stimme. “In diesem Bier ist Arsen“. Und wenn die Stimme das Wort Arsen ausspricht, hebt sie extra noch einmal an, um ihm auch das nötige Gewicht zu verleihen.

Ihr haltet kurz inne – dann schließt Ihr die Augen, setzt das Glas an und genießt das kühle Nass, das Schluck für Schluck die Kehle runter rinnt.

Das nenne ich aufgeklärte Biertrinker der Wissensgesellschaft. Locker bleiben trotz Arsen im Allerheiligsten.

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Denn wie wir alle wissen: Nur weil eine Substanz vorhanden ist, stirbt man nicht gleich daran. Die Dosis macht das Gift (Bekannter Spruch der Wissensgesellschaft).

Wie ich drauf komme: Es gibt einen Öko-Test-Test diverser Biermarken (deswegen tauchen momentan in den Bierwerbespots so viele Hinweise auf “sehr gut” auf, schon gemerkt? Aber das ist gar kein Alleinstellungsmerkmal, weil sowieso alle getesteten Biere toll waren. Ich meine wo sind wir. Wenn sie bei uns kein ordentliches Bier machen können, wo dann. Und die kleinen Privatbrauerein sind noch einen Tick besser als die großen Marken).

Auf jeden Fall entdeckte Ökotest in einem Bier Arsen. Dies versetzte den Hersteller in ein leichte Unruhe.

“Die XYZ-Brauerei schickte uns einen Brief und erklärte, wir sollten die gefundenen Arsengehalte bitte “nicht veröffentlichen”. Die Angabe “verunsichert den Verbraucher total”, so die Geschäftsführerin.”

(XYZ von mir eingefügt, Erklärung siehe unten)

Das kann natürlich nur passieren, wenn die Menschen völlig irrational reagieren und eben nicht Teil einer aufgeklärten Wissensgesellschaft sind, in der die Menschen wissen, dass man heutzutage Mengen einer Substanz nachweisen kann, die so winzig sind, dass man schon aus reinem Trotz noch ein Bier drauf trinken solte.

“Hoho, seht her, ich trinke ein Bier mit Arsen …”

Öko-Test entschied sich deshalb für folgendes Vorgehen:

“Statt Informationen zu unterdrücken, klären wir unsere Leser aber lieber auf und weisen darauf hin, dass die gefundenen Arsenspuren bei einem normalen Bierkonsum als gesundheitlich unbedenklich einzustufen sind.”

Jetzt frage ich mich nur: Was genau ist ein normaler Bierkonsum? Heißt das jetzt: “Täglich ein, zwei Glas.” oder “Die ganze Woche nichts, dafür dann am Samstagabend einen ordentlich über den Durst.“?

Und was ist mit all den jugendlichen Komasäufern? Wobei, die trinken eh kein Bier, sondern nur diese Mix-Getränke plus purem Hochprozentigem. Indes: Da eröffnet sich vielleicht noch eine neue Dimension. Sich mit Alkohol besinnungslos zu saufen, ist nicht besonders mutig. Aber sich mit jeder Flasche dem Arsen-Grenzwert zu nähern, das erfordert Mut. Das wäre doch mal eine Herausforderung.

Wahrscheinlich sind aber die Arsen-Mengen so niedrig, dass derjenige welcher längst vom Hocker direkt ins Koma gefallen ist, bevor der Grenzwert auch nur in Sichtweite gerät.

Fazit: Die Sorge der Geschäftsführerin ist nur bedingt berechtigt (aber weil es eben doch noch ein paar irrationale Genossen gibt, lassen wir den Markennamen unter den Tisch fallen und verlinken nicht auf den Ökotest-Artikel, wir wissen ja, wie hysterisch das Netz reagieren kann).

Für die Anderen, die Aufgeklärten, die Menschen des 21. Jahrhunderts gilt: Locker bleiben. Arsen im Bier? Wir haben echt andere Sorgen …

Und eigentlich müssten wir mit einer Gegenfrage antworten: “Wie viel?”

Prost.

(… und wenn Öko-Test das Herunterladen noch etwas einfacher gestaltet hätte (ohne Registrierung), dann hätte ich jetzt auch erzählen können, wie niedrig die Arsen-Mengen in besagtem Bier war, und ob es noch andere Biere gab, in denen das Gift aufgespürt wurde.)

Übrigens, was viele oft vergessen: Da ist ja auch Ethanol drin, im Bier. Da regt sich ja auch niemand drüber auf … (Okay, das ist jetzt ziemlich blöd …)

Kommentare (4)

  1. #1 Fischer
    30. August 2009

    Hihi, ich sach ja auch immer: Ohne Aflatoxine ist der Kaffee nur halb so lecker.

    Es gibt nichts schöneres, als anderen Leuten einen Schwank aus der Lebensmittelchemie zu erzählen. Was in so ner durchschnittlichen Mahlzeit alles drin ist…

  2. #2 Fischer
    30. August 2009

    Ich verzichte einfach mal darauf, näher auszuführen was ich von Ökotest halte. Es sei nur gesagt, dass ich eine kritische Rezeption wärmstens empfehle. Die kennen halt ihre Zielgruppe.

  3. #3 Marcus Anhäuser
    30. August 2009

    Naja, ich finde, die sind schon lockerer geworden. Und sie hätten ja auch “Arsen im Bier” titeln können.

  4. #4 Soziobloge
    30. August 2009

    Wie dem Wikipedia Artikel zu Arsen zu entnehmen, soll Knoblauch zur Vorbeugung gegen eine Arsenvergiftung helfen. Also statt dem Bretzen einen Döner mit ordentlich Knoblauchsoße dazu und dann passt das schon. ;-)