Das hier ist eigentlich nur ein Verweis auf einen Beitrag von William Connolley, der wiederum einen gestern gegebenen Vortrag von David Hulme in Oxford zusammenfasst. “In what ways is religious belief relevant for understanding climate change”. An sich ein interessantes Thema, das man unter unterschiedlichen Blickwinkeln angehen kann.
Sind Klimawissenschaftler häufiger religiös als andere Wissenschaftler? Sind religiöse Menschen eher oder weniger überzeugt davon, dass es einen Klimawandel gibt? Sind religiöse Menschen eher bereit, ein anderes, klimaschonendes Verhalten anzulegen, also etwa zu Fuss zur Kirche zu gehen etc.? Oder ist vielleicht sogar das ganze Projekt einer CO2 armen Welt ein typisch christlich-religiöses Projekt ähnlich vielleicht zum Bau der Kathedralen im Mittelalter?
Hier also Williams Zusammenfassung.
Nur so viel von mir: An sich bin ich ziemlich sicher, dass es völlig irrelevant ist, welche metaphysischen Überzeugungen ein Wissenschaftler hat. Er kann so oder so ein erfolgreicher, “guter” Wissenschaftler sein. Gerade hier auf den Scienceblogs, so recht weiss ich nicht warum, geht ein bisschen der Glaube um, nur Atheisten könnten letztlich wahre Wissenschaftler (“true scotsmen“) sein. Mal abgesehen von den vielen, vielen Gegenbeispielen ist Wissenschaft eine soziale Praxis, die sich aus Handlungen von und zusammen mit anderen Wissenschaftlern ergibt. An dieser Praxis kann man teilnehmen, selbst wenn man meint, dass ein Spaghettimonster über das Schicksal des nächsten Proposals entscheidet. Von daher wäre ich doch sehr überrascht, wenn es in den Klimawissenschaften mehr oder weniger religiöse Menschen gibt, trotz David Hulme selbst oder auch trotz James Hansen.
Bild: Die Sagrada Familia in Barcelona, eine Metapher auf das Projekt des Umbaus zur CO2 freien Gesellschaft? 1883 von Antonio Gaudi begonnen, hat ihre Erbauung Unsummen verschlungen, die nachwievor per Eintrittsgelder, also per Crowdfunding, eingetrieben werden. Niemand aus der Generation derjenigen, die mit der Erbauung angefangen haben, hat einen relevanten Teil der Fertigstellung erlebt (ca 15% war zum Zeitpunkt von Gaudis Tod fertiggestellt). Gaudi selbst meinte: My client is not in a hurry.
Etwas interessanter ist vielleicht die Frage, ob so ein Megaprojekt wie der “Umbau zur CO2 freien Gesellschaft” religiöse Aspekte hat. Wie ja allgemein bekannt ist, ist dieses Projekt schon extrem aufwendig und kostspielig, es hat, soweit man das sagen kann, für diejenigen, die diese Anstrengungen unternehmen würden (also “unsere Generation”), eine CO2 freie Gesellschaft zu bauen, praktisch keine diesseitigen Konsequenzen und somit höchstens eine moralische, wenn man so will, jenseitige Kompensation. Man beachte etwa die globalen Temperaturverläufe der Klimamodelle in den verschiedenen Scenarios. Ein radikaler Umbau der Energieproduktion oder eine völlige Missachtung des Klimaproblems hat in meiner Lebenszeit zumindest keine Konsequenzen mehr. Dies mag der Grund sein, warum das Ganze Klimaproblem nicht nur als politisches Problem präsentiert wird, sondern häufig auch als “das moralische Problem” schlechthin.
PS Ja. Alle Klimaskeptiker dürfen jetzt einmal “Klimareligion” sagen.
PPS. Die anderen Beiträge in der Wesley Methodist Church Vortragsreihe “Science meet Faith” klingen auch sehr interessant. Ich versuche mal an irgendwelches Material zu kommen.
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