Ich habe mal ein beeindruckendes Video angehangen, wie solch ein Ausdauersportler eine riesige Antilope, gegen die er im Sprint nicht die geringste Chance hat, zur Strecke bringt, angehangen. Es kam, wie es kommen musste, setzt man diesen bemerkenswerten Ausdauersportler Homo, desses Physiologie obendrein daraufgetrimmt ist, jede überschüssige Energie sofort in Fett umzusetzen, einmal hinter einen Schreibtisch und gibt ihm das Doppelte seiner “normalen” 1500-2000 Kalorien zu futtern, dann häufen sich die Probleme. Es ist sicher nicht ohne Ironie, dass im gleichen Moment, in dem wir fast allen relevanten Ansteckungskrankheiten den Garaus gemacht haben, wir vor einer Explosion von nicht ansteckenden “Zivilisationskrankheiten” (Lieberman nennt sie mismatch diseases) stehen, die doch teils wie eine Epidemie voranschreiten. Viele arabische Länder, Polynesien oder die indische Mittelschicht gehen auf stramme 20-30% von Diabetesfällen unter der erwachsenen Bevölkerung zu. Wer also wissen will, was ein Evolutionsmediziner vorschlagen würde, um  an all diesen “mismatch diseases” etwas zu ändern und warum es trotzdem nicht einfach sein wird, der muss sich den Lieberman holen. Mein Weihnachtsbuchtipp No 1.

 

gerste

Ronald D. Gerste “Wie das Wetter Geschichte macht”

Ich kaufe ja Bücher – so das natürliche falsche Vorurteil – wie Frauen Kleider kaufen. Es gibt also Frustbücher oder “schönes-Wetter-Bücher” und “Da-war-so-ein-riesen-geiler-Stapel” Bücher. Mit den Jahren kommen da doch einige ungelesene Bücher zusammen, bei denen ich nicht mehr so recht weiss, warum ich die wohl gekauft habe: das Equivalent zu einem Schrank voller ungetragener Kleider. Ronald D. Gerste Wetter Buch fiel unter die “Stapel-Motiv” Kategorie und ich weiss nicht, was meinen Buchhändler oder Klett-Cotta wohl dazu angetrieben haben mag, nun gerade dieses Buch stapelweise in den Weihnachtsbetrieb zu schmeissen.

Es geht also um den Einfluss des Wetters auf das Weltgeschehen. Das ist ja an sich ein interessantes Thema. Erst jüngst wurde vorgeschlagen, dass die Syrischen Flüchtlinge, die momentan in Deutschland ankommen, eben die ersten Klimaflüchtlinge seien und dass also der dortige Bürgerkrieg AUCH dadurch angestossen wurde, dass Syrien nach mehreren Jahren Trockenheit vor ernsten Nahrungsmittelproblemen, die ja immer auch eine Umverteilung von Macht und Einfluss in einer Region bedeuten, stand. Mit so einem Thema wäre also einiges anzufangen. Gerstes Buch ist das allerdings ganz klar nicht gelungen. Es ist im Wesentlichen eine Sammlung von “Irgendetwas geschah in der Vergangenheit” und das Wetter, ohne Anspruch auf eine Synthese oder sonstweitig störende Analyse. Hinzu kommt noch, dass Gerste es sich nicht hat nehmen lassen, einige der dümmsten Stereotype in der Klimadebatte überhaupt zu wiederholen. “Aber eine Schlagzeilen heischende Weltuntergangsstimmung zu verbreiten, erscheint manchen Klimaforschern als der sicherste Weg, Forschungsmittel zu akquirieren.” So etwas und anderen völlig unbelegten Unsinn findet man an einigen Stellen, wenn auch nicht zu vielen.

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Bild 2: Karl X von Schweden überquerte mit 8000 Mann und zugehörigen Pferden den zugefrorenen kleinen Belt und jagte so den Dänen einen ganz schönen Schrecken ein. Dieses Beispiel für die ungewöhnlich kalten Winter während der kleinen Eiszeit ist sicher deutlich besser als die ewigen “Jäger im Schnee” von Pieter Bruegel. Siehe auch den Kunst und Klima Post auf Realclimate.

 

Außerdem erzählt er zum x-ten Mal die Geschichte vom englischen Weinbau als Beleg für die mittelalterliche oder römische Warmzeit. Ein Punkt der schon mehrfach, so von Gavin Schmidt hier, korrigiert wurde. Darüber hinaus lesen sich ganze Kapitel wie Kurzzusammenfassungen einer einzigen Quelle. Wer Wolfgang Behringers “Kulturgeschichte des Klimas” gelesen hat, kann sich wahrlich Gerstes Kapitel zur kleinen Eiszeit sparen. Die Vorgänge rund um den teilweisen Untergang der von Philipp II gen England geschickten spanischen Armada sind eine Zusammenfassung von Robert Hutchinsons 2013 erschienenem Buch “The Spanish Armada”. Einige Kapitel verlassen gar gänzlich das vermeintliche Thema, also der Einfluss des Wetters auf die Geschichte. Dann erzählt der Autor nur noch einige historische Schnurren und fügt den Wetterbericht als eine Art Entschuldigung an. Washington überquerte den Delaware und es war verdammt kalt, was ja zu Weihnachten in New Jersey schon mal vorkommen soll. In dem Stil geht es also durch die Weltgeschichte: Die französische Revolution, Napoleons Russlandfeldzug, Der D Day, Nochmal Russlandfeldzug, diesmal vom Führer.

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Kommentare (1)

  1. #1 Georg Hoffmann
    Dezember 23, 2015

    test