Small Modular Reactors(SMR) – zu deutsch Kleine Reaktormodule sind eine Idee, die Kernenergie dadurch zu revolutionieren, dass Kernreaktoren in großen Stückzahlen fabrikmäßig gefertigt werden. In Teil 1 wurden das Konzept und die Vorteile, die man sich davon erhofft vorgestellt. Diesen Artikel hatte ich mit der Aussage geschlossen, nicht überzeugt von den kleinen Reaktormodulen zu sein und in Teil 2 erzählt, warum. In diesem Teil möchte ich auf ein paar Kommentare eingehen, die vielleicht ganz interessant sind. Spät, zugegebenermaßen, aber besser spät als nie.

1) Wie wird dafür gesorgt, dass nach Ende der Betriebszeit das Gelände in den Ursprungszustand zurück versetzt wird, ohne eine auf Jahrtausende strahlende Ruine?
2) Wie verläuft die Entsorgung der verbrauchten Kernbrennstoffe bis zum Punkt, dass sie vollständig abgebaut sind und nicht mehr gelagert werden müssen?

Das sind dieselben guten Fragen, die man für so gut wie jeden Reaktor stellen kann. Die Spaltprodukte lassen sich nur mit großem Aufwand in andere Stoffe umwandeln und da sie für das Gros der Radioaktivität im hochaktiven Abfall verantwortlich sind, wird der Aufwand in der Praxis auch durch fortschrittliche Reaktorkonzepte vermutlich nicht gerade klein.
Vermutlich ist es wie bei jedem anderen Kernkraftwerk. Und da sowohl als auch noch nicht zufriedenstellend beantwortet ist, bleibe ich Dir die Antwort hier ebenfalls schuldig.

Zu klären wäre außerdem noch die Frage, welche Optionen für den Bau von Kernwaffen die Bereitstellung des Brennstoffs für die SMRs liefert. Ich denke, die Gefahr der Proliferation ist im Zweifelsfall ein absolutes NO-Go für den SMR.

Ich persönlich glaube nicht an den proliferationsfesten Kernreaktor. Kluge Leute gibt es überall – die werden schon Mittel und Wege finden. Insbesondere, wenn Brutprozesse ins Spiel kommen. 1962 wurde eine Kernwaffe aus Reaktorplutonium gebaut, die auch explodierte. Sie war zwar relativ klein (ca. 20 kt) und damit für die USA oder Sowjetunion uninteressant, aber viele kleine Länder würden sicher nicht nein dazu sagen.

Ich bin aber trotzdem einigermaßen beruhigt, da ich davon ausgehe, dass der SMR trotz aller Versprechungen im Endeffekt nicht konkurrenzfähig sein wird.

Ich vermute das auch.

Der Punkt ist, das die neue Technologie unglaublich günstig sein muss um in der heiklen Nuklearbranche (kontrollen, vorschriften, etc.) rentabel zu sein.
Wobei gleichzeitig andere Technologien laufen günstiger werden.
Selbst wenn man optimistisch ist wird es noch mindestens 10 Jahre dauern bis der erste solche Reaktor fertig ist….

Das scheint mir auch so. Wir werden sehen, wohin die Reise geht.

Wie steht es denn mit der langfristigen Brennstoffversorgung der SMR?
Bezüglich Uranreaktoren heißt es, dass deren Brennstoff nur noch in begrenztem Maß zur Verfügung steht.

Am aktuellen Bedarf gemessen ist kostengünstiges (bis 130 $/kg) Natururan noch für viele Jahrzehnte vorhanden. Aufwändiger zu erschließende Vorkommen reichen noch Jahrhunderte.

Selbst die einigermaßen exotische Gewinnung aus Meerwasser ist nicht unbezahlbar (ca. 700 $/kg) und spätestens damit sind knappe Uranreserven kein Thema mehr.

was ich zb nicht wusste; die manschaft um alvin weinberg hatte bereits in den ’50gern funktionsfähige flüssigsalzreaktoren als prototypen vorgestellt. und mittlerweile sind die chinesen da wohl mit ihrer forschung recht zuversichtlich, innerhalb der nächsten jahre die ersten reaktoren tatsächlich zuverlässig zum laufen zu bekommen.

Gerade für 50 Jahre alte Konzepte schlagen zwei Herzen in meiner Brust. Einerseits wäre es phantastisch, wenn man sie mit der heutigen Technik realisieren könnte. Andererseits muss es Gründe geben, warum sie so lange Zeit praktisch niemand angefasst hat und auch heute nur ganz wenige Projekte auf der Welt laufen.

An Zuversicht ist die Kerntechnik nicht arm. Dieser Tage beginnt in China der Bau eines neuen schnellen Reaktors. Ich würde mich gerne begeistern lassen, bin aber nach den Erfahrungen der letzten 70 Jahre skeptisch.

Thorium

Wer auch immer die zündende Idee hat, wie man einen wirtschaftlich zu betreibenden Kernreaktor bauen kann, der im Wesentlichen Thorium (bzw. dessen Brutprodukte) verbrennt, kann damit rechnen, für den Rest der menschlichen Geschichte in einem Atemzug mit Archimedes genannt zu werden.

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Kommentare (9)

  1. #1 Gerry
    12. Januar 2018

    Vielen Dank für die informative Artikelreihe.
    Obwohl ich das Thema selbst – als völlig Fachfremder – auf dem Radar habe, habe ich hier einige neue Aspekte und Argumente gefunden.

    Bei der Anzahl der Inbetriebnahmen muss ich dich aber korrigieren.
    PRIS listet von 2008 bis 2017 (jeweils einschließlich) insgesamt 49 “connections to the grid”, also im Durchschnitt weniger als 6 pro Jahr.

    Bei der IAEA noch nicht gelistet – und in den o.g. Zahlen nicht enthalten – ist die Netzsynchronisation von Rostov 4 in Russland vom 29.12.2017. Aber das ändert dann am Durchschnitt auch nix mehr.

    Als ergänzende Informationsquelle zur globalen Atomindustrie kann ich den “World Nuclear Industry Status Report” wärmstens empfehlen.
    Jedes Jahr mehr als 200 Seiten auf denen die Branche umfangreich und vor allem ohne Beschönigungen beleuchtet wird.

    (Ich häng dessen Webadresse nicht rein, damit der Kommentar nicht im Spamfilter landet; ist ja leicht gegoogelt)

  2. #2 DasKleineTeilchen
    terra
    13. Januar 2018

    tja, irgendwie klingt das alles schon bischen nach pfeifen im walde…und ITER kommt mir langsam als demonstrationsobjekt vor, das beweisen soll daß hochskalierte fusion zur energieerzeugung nicht gegeignet ist. aber da überschätz ich den einfluss der “atomlobby” bestimmt *kicher*

    VT beiseite; ITER wird mit seinem veralteten tokamak-design wahrscheinlich zum grundlagenforschungs-massengrab und die entwicklung um den 7x-stellarator bekommt hoffentlich langsam mal erheblich mehr knatter als nur restekrümel aus den fördertöppen.

  3. #3 Uli Schoppe
    14. Januar 2018

    @DasKleineTeilchen ich stimme dir insoweit zu als das man mit mehr Geld in den Stellarator heraus bekommt ob das Ding wirklich stabiler läuft

  4. #4 Jonas Schimke
    14. Januar 2018

    Selbst die einigermaßen exotische Gewinnung aus Meerwasser ist nicht unbezahlbar (ca. 700 $/kg) und spätestens damit sind knappe Uranreserven kein Thema mehr.

    Das sehe ich etwas anders. Nicht die Kosten, sondern die gewinnbare Menge sind das begrenzende Moment.

    In einem herkömlichen Reaktor gewinnt man aus einem Gramm angereichertem Uran ca. 300 kWh elektrische Energie. Man braucht also ca. 30 mg Natururan, um eine kWh elektrische Energie zu erzeugen.

    Meerwasser enthält 3mg Uran/m3.

    Frage: Wie hoch ist der energetische Aufwand, um das Uran aus 10m3 Meerwasser vollständig zu gewinnen? Etwa deutlich kleiner als 1 kWh???

    Anders gerechnet: Um ein einziges AKW mit 1000 MW am Laufen zu halten, müsste also pro Sekunde das Uran aus knapp 3000m3 Meerwasser vollständig entzogen werden.

    Für die heutigen AKWs, die etwa 2% des Weltenergieverbrauchs bereitstellen, wären das dann 1,2 mio m3!

    Ich kann mir nicht vorstellen, dass das jemals in die Tat umgesetzt werden kann, lasse mich aber gerne eines Besseren belehren. Vielleicht habe ich mich ja auch verrechnet?

    Aber bitte nicht kleinlich auf irgendwelche Rundungsfeler eingehen. Es geht allein um die Größenordnung. 🙂

  5. #5 Jonas Schimke
    14. Januar 2018

    Rundungsfehler! Sorry

  6. #6 Ishmael
    15. Januar 2018

    >> Meine Hoffnung ist die Kernfusion, da sind keine lanfristigen Folgeschäden zu erwarten.

    > Das wäre in der Tat wunderbar. Ich hoffe, ich werd’s erleben. Aber – siehe oben.

    Daily reminder:
    Auch bei der Kernfusion fallen erhebliche Mengen radioaktiven Abfalls an (z. B. Blankets, die nur eine begrenzte Lebensdauer haben und durch Neutronenbeschuss aktiviert wurden)

  7. #7 Aaron Kunz
    15. Januar 2018

    Zumindest die zu Beginn angesprochene Renaturierung dürfte doch einfacher sein als bei konventionellen KKW: Man trennt einfach den SMR vom Stromnetz und bringt ihn zum Hersteller zurück, wo er fabrikmäßig zerlegt werden kann.

  8. #8 Oliver Gabath
    17. Januar 2018

    @#1(Gerry):

    Vielen Dank für die informative Artikelreihe.

    Keine Ursache! Ich freu mich, wenn sie ankommt.

    Obwohl ich das Thema selbst – als völlig Fachfremder – auf dem Radar habe, habe ich hier einige neue Aspekte und Argumente gefunden.

    So soll es sein.

    Bei der Anzahl der Inbetriebnahmen muss ich dich aber korrigieren.
    PRIS listet von 2008 bis 2017 (jeweils einschließlich) insgesamt 49 “connections to the grid”, also im Durchschnitt weniger als 6 pro Jahr.

    Und da erwischst Du mich eiskalt und reißt mich von den Füßen – Du hast völlig recht!

    Da besuche ich das PRIS seit fast zehn Jahren regelmäßig und hänge selbst noch bei den Inbetriebnahmezahlen von 2010. Danke für die Korrektur – und nebenbei ein schönes Beispiel für die Selbstheilungskräfte der Scienceblogs 😉

    Als ergänzende Informationsquelle zur globalen Atomindustrie kann ich den “World Nuclear Industry Status Report” wärmstens empfehlen.
    Jedes Jahr mehr als 200 Seiten auf denen die Branche umfangreich und vor allem ohne Beschönigungen beleuchtet wird.

    Den lese ich auch, seit ich um 2010 zum ersten Mal darüber gestolpert bin. Besonderes interessant ist der von Schneider et. al. beleuchtete Status der Neubauprojekte, der lange stehenden Anlagen und deren Entwicklung (Das PRIS listet z.B. so gut wie alle seit 2011 stehenden japanischen Kernkraftwerke als in Betrieb).

    @#2(DasKleineTeilchen):

    tja, irgendwie klingt das alles schon bischen nach pfeifen im walde…und ITER kommt mir langsam als demonstrationsobjekt vor, das beweisen soll daß hochskalierte fusion zur energieerzeugung nicht gegeignet ist. aber da überschätz ich den einfluss der “atomlobby” bestimmt *kicher*

    Glaubt man Willy Marth & Co., stehen wir ja auch am Beginn des Brüterzeitalters – mal wieder. Womit die Kernspaltung auf absehbare Zeit die Nase vorn hätte. Ich würde mich ja freuen, wenn ich mich täusche, aber ich glaube daran genauso wenig, wie an einen funktionierenden ITER-Nachfolger zu meinen Lebzeiten.

    VT beiseite; ITER wird mit seinem veralteten tokamak-design wahrscheinlich zum grundlagenforschungs-massengrab und die entwicklung um den 7x-stellarator bekommt hoffentlich langsam mal erheblich mehr knatter als nur restekrümel aus den fördertöppen.

    Ich bin zu wenig Fachmann, um Tokamak und Stellerator gegeneinander abzuwägen, aber als ITER gestartet war, wurden für 2018 schon recht weit fortgeschrittene Experimente prognostiziert. Es sieht mau aus in Cadarache. Zu schade, aber immerhin ein Ergebnis. Vorläufig.

    @#4(Jonas Schimke):

    Das sehe ich etwas anders. Nicht die Kosten, sondern die gewinnbare Menge sind das begrenzende Moment.

    In einem herkömlichen Reaktor gewinnt man aus einem Gramm angereichertem Uran ca. 300 kWh elektrische Energie. Man braucht also ca. 30 mg Natururan, um eine kWh elektrische Energie zu erzeugen.

    Meerwasser enthält 3mg Uran/m3.

    Frage: Wie hoch ist der energetische Aufwand, um das Uran aus 10m3 Meerwasser vollständig zu gewinnen? Etwa deutlich kleiner als 1 kWh???

    Anders gerechnet: Um ein einziges AKW mit 1000 MW am Laufen zu halten, müsste also pro Sekunde das Uran aus knapp 3000m3 Meerwasser vollständig entzogen werden.

    Für die heutigen AKWs, die etwa 2% des Weltenergieverbrauchs bereitstellen, wären das dann 1,2 mio m3!

    Ich kann mir nicht vorstellen, dass das jemals in die Tat umgesetzt werden kann, lasse mich aber gerne eines Besseren belehren. Vielleicht habe ich mich ja auch verrechnet?

    Aber bitte nicht kleinlich auf irgendwelche Rundungsfeler eingehen. Es geht allein um die Größenordnung. 🙂

    Damit kannst Du völlig recht haben und Deine Argumente sind in meinen Augen ziemlich gut. Traube nahm in den 1980er Jahren als Obergrenze ca. 500 $/kg an, die japanischen Experimente aus den 1980er Jahren bis heute deutlich niedrigere Summen und 700 $/kg ist zurzeit der häufigste Wert, den ich finde (was nichts bedeuten muss. Ich bin ja nur Zuschauer und kein ausgewiesener Fachmann). Einfach Zahlen erfinden liegt mir nicht und zumindest was die Gewinnung von Kernbrennstoffen aus Natururan angeht, entsprachen bisher die Kostenschätzungen gut dem tatsächlichen Preis. Und im Preis muss der Aufwand an Energie ja auch stecken, sonst würde die ganze Sache ja keinen Sinn machen.

    Von daher kann ich mir schon vorstellen, dass sich eine Gewinnungsanlage im kommerziellen Maßstab realisieren lässt, aber auf absehbare Zeit ist das ja gar nicht notwendig.

    @#6(Ishmael):

    Daily reminder:
    Auch bei der Kernfusion fallen erhebliche Mengen radioaktiven Abfalls an (z. B. Blankets, die nur eine begrenzte Lebensdauer haben und durch Neutronenbeschuss aktiviert wurden)

    Ich hoff, Du wirst nicht müde, das zu betonen.

    @#7(Aaron Kunz):

    Zumindest die zu Beginn angesprochene Renaturierung dürfte doch einfacher sein als bei konventionellen KKW: Man trennt einfach den SMR vom Stromnetz und bringt ihn zum Hersteller zurück, wo er fabrikmäßig zerlegt werden kann.

    Wie gut so was klappt, kann man zurzeit beim AVR beobachten – auch wenn es vielleicht unfair ist, in dieser Hinsicht einen Hochtemperaturreaktor mit einem Leichtwasserreaktor zu vergleichen. Spätestens, wenn Hersteller das einpreisen müssen wird man sehen, wie gut sie auf dem freien Markt bestehen können.

  9. #9 DasKleineTeilchen
    terra
    18. Januar 2018

    und danke nochmal für die ganze reihe, @Oliver, hab dabei ne menge mitgenommen 🙂