In Spanien wollte ich eigentlich zwei Gruppen besuchen. Aber leider musste ein Besuch abgesagt werden. Da die Forschung in dieser Gruppe für mich super spannend ist, fand ich es sehr schade, aber es wird wahrscheinlich nicht die letzte Planänderung gewesen sein. Die Gruppe beschäftigt sich mit Toxizität von Nanomaterialien. Allerdings untersuchen sie nicht die Toxizität im klassischen Sinne, sondern untersuchen mit welchen Mengen von Nanomaterialien wir bei verschiedenen Arbeiten in Kontakt kommen. Dies wird oft bei Toxizitätsstudien vergessen und deswegen hätte ich sehr gerne etwas drüber gelernt. Ich hoffe sehr, dass ich noch eine Gruppe finde, die eine ähnliche Forschung betreibt…

Der Vorteil ist, dass ich mehr Zeit hatte Madrid und Umgebung zu erkunden und es lässt sich auf jeden Fall ein gewisser Mentalitätsunterschied zwischen den Spaniern zu Finnland feststellen… In Madrid kann man unglaublich viel Kultur und Geschichte erleben und wenn man irgendwann genug rumgelaufen ist, kann man es sich in La Latina mit Sonne, Bier und Tapas sehr sehr gut gehen lassen… Darüber hinaus gibt es mit dem Retiro-Park einen extrem schönen Ort in dem man gut laufen kann oder den ganzen Tag in der Sonne genießen…

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Links: Der Palacio Real, die offizielle Residenz des spanischen Königshauses. Rechts: Die Madrilenen haben etwas, was in Dortmund vermisst wird…

Die Gruppe, die ich besucht habe forscht an der Universität Carlos III zu Madrid. Die Gruppe, in der auch mein Gastgeber Dr. Jesús Gómez Hernández arbeitet, beschäftigt sich zwar nicht mit Nanotechnologie, allerdings ist das Forschungsgebiet nicht minder interessant. Sie forschen an Solarturmkraftwerken. Da Spanien mit über die meiste Sonneneinstrahlung in Europa verfügt, ist das Interesse an sonnengetriebenen erneuerbaren Energien natürlich sehr groß. Während wir uns in Deutschland dabei fast nur auf Solarzellen konzentrieren (in denen Nanotechnologie eine wichtige Rolle spielt :)), wird in Spanien auch in großem Maße an den Solartürmen geforscht. Die Kraftwerke haben es sogar schon in dem genauso schlechten, wie unterhaltsamen Film: Sahara – Abenteuer in der Wüste; auf die Hollywoodleinwand geschafft…Um elektrischen Strom zu erzeugen, nutzen Solartürme eine riesige Fläche von Spiegeln (sog. Heliostate) die Sonnenlicht konzentrieren. Mit dem konzentrierten Sonnenlicht wird Wärme erzeugt, die wiederrum in elektrischen Strom umgewandelt wird. Daher bestehen Solartürme  generell aus drei Teilen: 1.) den Heliostaten 2.) dem Absorber 3.) einem Generator.

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Links: Schematische Darstellung eines Solar Turms. Rechts: Auch ich musste etwas meiner Forschung in Madrid teilen.

Der Großteil der heutigen Forschung beschäftigt sich mit der Verbesserung der Heliostate, da diese ungefähr 50% der Investitionskosten des Kraftwerks ausmachen. In der Gruppe in Madrid wird allerdings an dem Absorber geforscht, bzw. an der Umwandlung der Sonnenstrahlung zu Wärme. Dabei werden zwei Ansätze verfolgt. Ersten kann ein genaues Verständnis, der Umwandlung von Sonnenstrahlung zu einer Einsparung der benötigten Spiegelfläche führen und zweitens sind die Absorber erheblichen Stress ausgesetzt, der zu Materialermüdung führen kann. Stehen die Solartürme in der Nordhalbkugel (wie z.B. in Spanien), wird die Nordseite des Turms der intensivsten Strahlung ausgesetzt, das heisst, dass die Wärmeeinstrahlung dort am Stärksten ist. Zusätzlich befindet sich innerhalb des Absorbers ein Rohrnetzwerk in dem eine Flüssigkeit erwärmt wird. Da jeder zweitklassige Mallorca-Schlagersänger weiß, dass die Sonne am stärksten Mittags strahlt, der Stromverbrauch aber Morgens und Abends am höchsten ist, braucht man eine Flüssigkeit die Wärme lange Speichern kann. Deswegen benutzen moderne Solartürme Flüssigsalz. Es konnte bereits gezeigt werden, dass durch die Benutzung von Flüssigsalz Strom mehrere Stunden ohne Sonneeinstrahlung erzeugt werden konnte, da man die erzeugte Wärme lange speichern kann. Wie sich die Wärme aber in dem Flüssigsalz verteilt ist noch weitgehend unklar. In einer Studie konnten die Forscher aus Madrid z.B. zeigen, dass sich auch die Vorderseite der Rohre im Vergleich zu deren Rückseite wesentlich stärker erwärmen (Rodriguez-Sanchez, M.R. et al. (2014) Appl. Therm. Eng., 63, 428-438 ). Beide Effekte, die einseitige Erwärmung an der Nordseite des Absorbers, sowie die unterschiedliche Erwärmung der Rohre innerhalb des Absorbers können zu massiven Belastungen am Material führen.

Wie gefährlich das sein kann, hat sich am 19. Mai 2016 am Solarturm Ivanpah in den USA gezeigt. Als das Sonnenlicht auf die falsche Stelle des Absorbers reflektiert wurde, brach ein Feuer aus, das Rohrleitung im Absorber geschmolzen hat. Daher ist die Forschung in Madrid nicht nur für das grundlegende Verständnis der Vorgänge im Absorber wichtig, sondern auch aus ökonomischen und sicherheitsrelevanten Gründen.

Da ich mit den Grundlagen der Wärmeübertragung zwar aus dem Studium vertraut bin, mich seit dem allerdings nicht mehr wirklich damit beschäftigt habe, habe ich erstmal etwas recherchiert und dabei bin ich auf etwas sehr interessantes gestoßen. Konzentrierte Sonnenstrahlung ist nichts besonders neues. Römische Geschichtsschreiber der Antike beschreiben, dass Archimedes bei der Belagerung seiner Heimatstadt Syrte (einer Hafenstadt) die römischen Schiffe mit einem Todesstrahl/Hitzestrahl verbrannt hat (siehe Zeichnung oben). Diesen Hitzestrahl hat er, genau wie in dem Solarturm, durch die Konzentration von Sonnenlicht auf die römischen Holzschiffe erzeugt. Seit langem schon gibt es Bemühungen herauszufinden ob dies tatsächlich möglich war. Der griechische Forscher Dr. Ioannis Sakkas hat 1973 z.B. gezeigt, dass es durchaus machbar ist und mutmaßte, dass die Griechen ihre polierten Bronzeschilder als Spiegel benutzten (Die Zeit vom 30. Nov. 1973). Vor einiger Zeit wollten dann die MYTHBUSTER’s  dieser Geschichte auf den Grund gehen (SE02E08) und kamen zu dem Ergebnis, dass es sich nur um eine Legende handeln kann:

Interessant wurde es jedoch wieder, als Studenten vom MIT, angeregt durch die Fernsehserie, 2005 zeigten, dass es doch möglich ist ein Holzschiff mithilfe von Spiegeln zu entflammen. Woraufhin die MYTHBUSTER diese Thema erneut aufgriffen und die Studenten einluden ( SE04E03), diesmal mit gemischten Ergebnissen. Bisher konnte also noch nicht komplett geklärt werden, ob Archimedes  wirklich zu so etwas in der Lage war…

Da ich noch Zeit hatte, habe ich noch einen Tagesausflug nach Toledo unternommen. Toledo ist eine superspannende Stadt die eine sehr umfangreiche Geschichte hat. Die historische Altstadt ist noch ziemlich intakt und zählt zum UNESCO-Weltkulturerbe. Im Mittelalter galt Toledo aufgrund der liberalen Religionspolitik als “spanisches Jerusalem”. Im Zentrum stand die Förderung der Wissenschaften was die Stadt für mich natürlich umso interessanter machte. Toledo verlor 1561 jedoch seine zentrale Bedeutung als Felipe II den Regierungssitz nach Madrid verlegte um unabhängiger vom Einfluss der Kirche zu sein. Toledo ist außerdem bekannt für seine Handwerk besonders für seine Schwertschmiedekunst. Schwerter für Hollywoodfilme werden heutzutage in Toledo hergestellt. Deswegen kann man auch in den Tourishops reihenweise Schwerter aus Herr der Ringe, Gladiator usw. kaufen. Da ich allerdings noch ein paar Flüge vor mir habe, habe ich darauf verzichtet mich mit Schwertern einzudecken…

Toledo Panorama

Spanien ist auf jeden Fall immer ein Urlaub wert und ich fand es superspannend mehr über Solartürme zu lernen, da sie unverzichtbar für einen gesunden Energiemix sein werden. Darüber hinaus habe ich mich auch sehr gefreut noch Prof. Javier Rodríguez-Rodríguez kennen zu lernen. Er ist ein Mensch der Wissenschaft richtig lebt und andere Leute mit seiner Begeisterung ansteckt. Was ich sehr faszinierend fand war, dass er neben seiner normalen Forschung (der Wechselwirkung von Blasen miteinander und Wellendynamik) auch Fragen aus anderen Bereichen nachgeht. Z.B. hat er untersucht, wie sich Schnecken bewegen oder warum Bier schäumt, wenn man mit einer Flasche auf die Öffnung einer zweiten Flasche haut. Die Untersuchungen dieser Studien sind in sehr renommierten Zeitschriften veröffentlicht worden (Rodríguez-Rodríguez et al. (2014), Phys. Rev. Lett., Physics of Beer Tapping, 113). Als wir abends mit der gesamten Gruppe noch Essen waren, haben Javier und ich uns den halben Abend Gedanken über die wissenschaftliche Lösung bestimmter Probleme gemacht, die hoffentlich auch bald publiziert werden, bis der Rest der Gruppe uns dann irgendwann aktiv integriert hat….

 

 

Kommentare (1)

  1. #1 Laie
    7. März 2017

    Es ist gut und richtig Sonnenenergie umweltfreundlich zu nutzen, so wie bei den Solartürmen.