Im ersten Artikel zum Thema Computer-Simulationen haben wir uns mit dem eher abstrakten Ziegenproblem beschäftigt. Im heutigen Artikel soll es um ein Problem gehen, welches uns im Alltag zum allgemeinen Ärger öfter begegnet, nämlich um die Entstehung von Staus.

Zu diesem Thema wurden bereits verschiedene Experimente angestellt; ein recht bekanntes mit der Kreisfahrt kann zum Beispiel hier bewundert werden:

Der Kern des Experimentes ist es also, mehrere Autos so lang im Kreis fahren zu lassen, bis sich ein (kleiner) Stau bildet. So weit, so einfach. Nun ist es aber natürlich etwas mühselig und kostspielig, für derartige Experimente immer eine Menge Fahrer mit ihren Autos zu organisieren und diese dann stundenlang im Kreis fahren zu lassen. Effizienter (und günstiger) ist es da, die Autos stattdessen am Computer zu simulieren. Das kostet nicht viel, ist recht einfach zu realisieren und erlaubt es vor allem, schnell Parameter des Experimentes zu ändern, um so verschiedene Hypothesen testen zu können. Ich habe das Experiment einmal in eine einfache Simulation gegossen, und das sieht folgendermaßen aus (die Farbe der Fahrzeuge gibt deren Geschwindigkeit wieder, eine Verringerung des Mindestabstandes führt sehr schnell zu sichtbaren “Ergebnissen”):

Die Simulation zeigt sehr schön, welche Auswirkung das Einhalten eines größeren Mindestabstandes zum vorausfahrenden Fahrzeug hat, um einen Stau zu vermeiden: je größer der Abstand gewählt wird, desto länger dauert es, bis sich im Fahrzeug-Kreis ein Stau entwickelt.

Um zu zeigen, wie einfach sich eine derartige Simulation umsetzen lässt, stelle ich im folgenden den zugehörigen Programmcode vor. Umgesetzt wurde das ganze mit Hilfe von ActionScript 3 und dem Flex Framework – auf Deutsch, mit Flash. Wer Lust hat, das ganze einmal nachzuprogrammieren, findet hier eine passende, kostenlose Entwicklungsumgebung für Flash (als Projekttype “Flex 4” auswählen). Und los geht es.

Unsere Stau-Simulation besteht am Ende aus drei Dateien. Die erste enthält die Beschreibung der Oberfläche (der Knopf, der Schieberegler und die Fläche mit den dargestellten Fahrzeugen), die zweite die allgemeine Programmlogik und die dritte Datei schließlich eine spezielle Beschreibung der Fahrzeuge. Im Detail sehen diese drei Dateien wie folgt aus; wie auch im letzten Artikel zeige ich zuerst die gesamte Datei und erkläre dann die einzelnen Zeilen im Detail (wer an der Optik kein Interesse hat und nur die Programmlogik sehen möchte, möge direkt zur Datei Main.as springen):

Main.mxml:

<?xml version="1.0" encoding="utf-8"?>
<s:Application xmlns:fx="https://ns.adobe.com/mxml/2009"
               xmlns:s="library://ns.adobe.com/flex/spark"
               xmlns:mx="library://ns.adobe.com/flex/mx">
    
    <fx:Script source="Main.as"/>
    
    <s:VGroup horizontalCenter="0" horizontalAlign="center">
        <s:HGroup verticalAlign="middle">
            <s:Button label="Fahrzeuge zurücksetzen" click="reset()" />
            <s:Label text="Mindestabstand:"/>
            <s:HSlider id="dist" minimum="5" maximum="50" stepSize="5"
                 value="20" change="reset()" />
            <s:Label text="{dist.value}" />
        </s:HGroup>
        <s:BorderContainer id="panel" width="400" height="400"
                  addedToStage="reset()" enterFrame="update()" />
    </s:VGroup>
</s:Application>

Keine Angst – das sieht jetzt erst einmal schlimmer aus, als es ist, da die Datei in erster Linie die Optik der Anwendung beschreibt. Schauen wir uns den Code zeilenweise einmal an. Die Datei beginnt hiermit:

<?xml version="1.0" encoding="utf-8"?>
<s:Application xmlns:fx="https://ns.adobe.com/mxml/2009"
               xmlns:s="library://ns.adobe.com/flex/spark"
               xmlns:mx="library://ns.adobe.com/flex/mx">

Das dient der Initialisierung des Flash-Scripts (ist also eher kosmetischer Natur und nur am Rande von Interesse); wir sagen damit, dass wir mit dieser Datei ein Flash-Script beschreiben und dabei die Programm-Bibliotheken Flex im Allgemeinen und Spark im besonderen nutzen wollen. Die nächste Zeile ist auch eher technischer Natur; mit ihr sagen wir lediglich, dass die benannte Datei (sprich: Main.as) die weitere Programmlogik enthält:

    <fx:Script source="Main.as"/>

Hier geht es nun schon stark Richtung Optik des Flash-Scripts. Diese Zeile öffnet eine sogenannte vertikale Gruppe; das ist nichts weiter als eine Menge von (im weiteren beschriebener) Elemente, die vertikal, also untereinander, angeordnet werden. Die Information horizontalCenter=”0″ besagt, dass sich die gesamte Gruppe in der Bildmitte befinden soll, wohingegen horizontalAlign=”center” bewirkt, dass alle Elemente in der Gruppe auch zentriert werden:

    <s:VGroup horizontalCenter="0" horizontalAlign="center">

Genau wie die mit VGroup beginnende Zeile eine vertikale Gruppe öffnet, leitet die folgende Zeile eine horizontale Gruppe ein, also eine Menge von Elementen, die nebeneinander angeordnet sind; das Attribut verticalAlign=”middle” sorgt dabei dafür, dass sich alle Elemente in der Gruppe auf gleicher Höhe befinden:

        <s:HGroup verticalAlign="middle">

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Kommentare (18)

  1. #1 Dr. W
    November 18, 2012

    Überschriften sind auch wichtig.

    MFG
    Dr. W (der ein wenig mit der netten Simulation gespielt hat, nicht schlecht wäre noch eine Maßangabe das allgemeine Fortkommen betreffend)

  2. #2 MartinB
    November 18, 2012

    Schön.
    Den Titel solltest du nochmal ändern…

  3. #3 Marcus Frenkel
    November 18, 2012

    Mist. Der alte Informatiker-Fehler…Copy&Paste. Danke.

    @Dr. W
    Alle Maßangaben sind in Pixel bzw. PixelGrad pro Frame.

  4. #4 Dr. W
    November 18, 2012

    Eine Maßangabe das allgemeine Fortkommen betreffend wäre hilfreich.

    Danke für diesen schönen Artikel!

    MFG
    Dr. W

  5. #5 Marcus Frenkel
    November 18, 2012

    Was heißt “das allgemeine Fortkommen betreffend”?

  6. #6 Dr. W
    November 18, 2012

    Das Verhältnis von idealerweise zurückzulegender Strecke, wenn alle synchron fahren, zur allgemein tatsächlich zurückgelegten Strecke, den Mindestabstand und die (nicht konfigurierbare) Stabilität der Einzelgeschwindigkeiten betreffend.

    Ist anfänglich 1 und kann nur zunehmen.

  7. #7 Marcus Frenkel
    November 18, 2012

    Ah, gemeint sind angezeigte Angaben in der Simulation, also der durchschnittlich zurückgelegte Weg usw.

    Könnte man noch hinzufügen, ja; zwecks einfacherer Erklärung habe ich es in der hier veröffentlichten Version nicht integriert. Wenn Interesse besteht: die Entwicklungsumgebung ist verlinkt, der Code verfügbar, die Änderungen sind eine Sache von Minuten und auf Grund der im Blog veröffentlichten Artikel sollten hoffentlich genug Kenntnisse da sein, um das hinzubekommen. 😉

  8. #8 Dr. W
    November 18, 2012

    Loge!, der Schreiber dieser Zeilen macht das gerne selbst. BTW: Ist die Überschrift einmal verhunzt, dankt WordPress das durch Unabänderlichkeit die URL betreffend, Der wichtigste Satz somit immer der Erste. Umleitungen Pustekuchen.

  9. #9 Marcus Frenkel
    November 18, 2012

    Die URL ließe sich schon noch ändern, aber das lasse ich lieber, da ich nicht weiß, was dann alles kaputt geht…

  10. #10 haempf daempf
    Aalen
    November 19, 2012

    Ich finde die Motivation fuer dein Modell gut, und auch das Modell sieht sehr gut und plausibel aus. Aber! Ich vermisse eine Beschreibung des Modells, ohne technische Details. Mit Formeln waere das gut! Ich hab mir nur das Applet angeschaut, das ich sehr gut finde!
    Die Implementation interessiert mich nur am Rande, waer als Anhang nett.

  11. #11 libre
    Salzburg
    November 19, 2012

    Danke für den schönen Artikel.
    Zu deiner Frage bezüglich Programmkode: Ja unbedingt weiter so inklusive Erklärungen. Ermöglicht ja eigene Erweiterungen und Simulationen.

  12. #12 dd
    November 19, 2012

    Sehr schöner Artikel, weiter so und vielen Dank!
    Ich würde auch den Code dabei lassen, es ist anschaulicher (finde ich).
    Und gerade, wer das liest, dürfte an Programmiertechniken interessiert sein.

  13. #13 Dr. W
    November 21, 2012

    @Frenkel
    Aus dem Gedächtnis: WP hat keine Verwaltung der internen Verweise, d.h. es geht was kaputt. – Also: schlau!

  14. #14 miesepeter3
    November 21, 2012

    Hab ich das richtig verstanden? Wenn man die Straße sperrt, hat man wahrscheinlich keinen Stau???

  15. #15 Marcus Frenkel
    November 21, 2012

    @haempf daempf
    In Ordnung, mal sehen, ob ich im nächsten Artikel ein paar mehr Formeln unterbringen kann.

    @miesepeter3
    Die Gedankenkette zu diesem logischen Schluss muss einmal erklärt werden.

  16. #16 miesepeter3
    November 22, 2012

    @Marcus Frenkel

    Kommt darauf an, ob die Sperrung erfolgt, bevor ein Stau entsteht oder ob die Sperrung erfolgt, um den Stau nicht noch größer werden zu lassen.

    Spaß beiseite.
    Für ein störungsfreien Bewegungsablauf mit mehreren Beteiligten gibt es ein schönes Beispiel aus der Schwarmforschung. Wenn eine große Menge durch einen Engpaß muß, kommt es nicht zum Stau, wenn ein bestimmter Mindesbstand zu jedem Nachbarn eingehalten wird. Bei Menschen ist das “einmal Armeslänge”.
    Wird dieser Abstand unterschritten, gibt es den Stau und es kann Panik ausbrechen, bei der dann viele Tote und Verletzte zu beklagen sind. Hat in Versuchen mit großen Menschenmengen (z.B. Feuerschutzübungen in großen Gebäuden) bisher gut geklappt. Wurde bei der Beobachtung von großen Fisch-und Vogelschwärmen festgestellt. Hat ja irgendwie Ähnlichkeit mit Deiner Ausarbeitung.

  17. #17 Marcus Frenkel
    November 22, 2012

    @miesepeter3
    Genau. Die Wichtigkeit des Mindestabstandes wurde auch mit dem Kreisfahr-Experiment gezeigt (und in der Simulation noch einmal bestätigt).

    Übrigens gibt es noch einen zweiten Faktor, der für die Stauentstehung wichtig ist, und zwar die Reaktionsfähigkeit. Wenn man es schafft, immer exakt die Geschwindigkeit des Vordermannes einzuhalten, und zwar verzögerungsfrei, entsteht ein Stau auch nicht. Lässt sich auch in der Simulation einfach überprüfen, wenn nämlich jedes Fahrzeug exakt die Geschwindigkeit des Vorausfahrenden übernimmt – logischerweise entstehen dann keine Staus mehr. Selbst, wenn ein Fahrzeug bremsen muss, ist das kein Problem; zwar werden dann kurzfristig alle langsamer oder bleiben sogar kurz stehen, aber sobald das Hindernis beseitigt ist, geht es für alle auch gleich weiter (deswegen ist es im Stau z.B. auch wichtig, nicht nur zu schauen, was der unmittelbare Vordermann macht, sondern auch die Person 2, 3 Autos weiter vorn).

    Leider hat aber der Mensch nun einmal Reaktionszeiten oberhalb des Nanosekundenbereiches, wodurch das leider nicht zur Stauvermeidung genutzt werden kann. 😉

  18. #18 Dr. W
    November 22, 2012

    Wenn eine große Menge durch einen Engpaß muß, kommt es nicht zum Stau, wenn ein bestimmter Mindesbstand zu jedem Nachbarn eingehalten wird. Bei Menschen ist das “einmal Armeslänge”.

    Hat man ja auch unter anderem – sogar durch Handauflegen – beim Militär geübt. Und in der Tat könnte ein derartiges “Handauflegen” auch für den Verkehrsfluss nützlich sein – wenn auch ein eher IT-unterstütztes Handauflegen.

    Sicherlich werden sich Menschen wie Herr Frenkel hier irgendwann den Nutzen betreffend einbringen.

    MFG
    Dr. W (der bzgl. möglicher Fehlfunktionen eines derartigen Dienstes eher wenig Sorge hat)