Die Idee für dieses Posting (und wohl einige mehr) lieferte mir Florian Freistetters letzte Ausgabe der Wrint Wissenschaft. Dabei kam unter anderem zur Sprache, dass die ESA eine neue Radioisotopenbatterie auf Basis von Americium-241 entwickelt. Eigentlich ist das schon ein perfektes “Was geht?” Thema.

Den Anfang macht in diesem Post die Frage: Was geht ohne Radioisotopenbatterien?

Radioisotopenbatterien werden in der Raumfahrt immer dann verwendet, wenn andere Energiequellen nicht vorhanden sind oder nicht genug Leistung liefern würden. Batterien und Brennstoffzellen können nur eine sehr begrenzte Energiemenge speichern. Es reicht für einen Ausflug zum Mond oder den Flug zur ISS. Es reicht aber nicht für den jahrezehntelangen Betrieb eines Satelliten der ständig einige Kilowatt Leistung verbraucht oder einer Raumsonde die weit von der Erde entfernt Bilder vom Pluto oder anderen Himmelskörpern machen soll.

Schon bei einigen der ersten Probeflüge einfacher Satelliten kamen Solarzellen zum Einsatz.

vanguard_tv3

Vanguard TV-3 von 1957. Seine Trägerrakete explodierte live im Fernsehen. Der Satellit überstand die Explosion, von den verbogenen Antennen abgesehen. Die viereckigen Elemente sind die Solarzellen. (Bild: NASA)

Problematisch sind Solarzellen aber immer dort, wo das Licht zur Neige geht. Entweder, weil man sich im Schatten eines Himmelskörpers befindet oder schlicht zu weit weg von der Sonne ist. Nun ist “zu weit” ein dehnbarer Begriff. Um so besser die Solarzellen werden, um so weniger Sonnenlicht ist notwendig um genug Strom für den Betreib einer Raumsonde zu liefern. Aber das hat seine Grenzen. Um in der doppelten Entfernung von der Sonne die gleiche Menge Strom zu bekommen, braucht man entweder 4 mal so effiziente Solarzellen oder die 4-fache Fläche (die mit der 4-fachen Masse für die Zellen einher geht).

Da die extrem effizienten (und extrem teuren) Solarzellen in der Raumfahrt heute schon 30-40% des Sonnenlichts in Strom umwandeln können, kann man hier keine wesentlichen Durchbrüche mehr erwarten. Die Jupiter-Sonde Juno soll nächstes Jahr am Jupiter ankommen und wird vollständig mit Solarzellen betrieben.

Juno_Mission_to_Jupiter_(2010_Artist's_Concept)

Raumsonde Juno. Bild: NASA

Jupiter ist etwa 5 AE von der Sonne entfernt. Saturn etwa 10 AE, Uranus 20 AE, Neptun 30 AE. Um die gleiche Leistung am Neptun wie am Jupiter zu erzielen, braucht man folglich die 36fache Solarzellenfläche. Das ist nicht völlig unvorstellbar. Mit extremen Leichtbau, extrem dünnen Solarzellen und vorsichtiger Beschleunigung durch Ionentriebwerke könnte es gelingen auch noch in solchen Abständen von der Sonne die Instrumente mit Sonnenlicht zu betreiben. Aber in absehbarer Zukunft ist das nicht zu erwarten. Zur Zeit würde das Massebudget einer solchen Sonde derart von den Solarzellen dominiert, dass man auf Radioisotopenbatterien zurückgreift um einige hundert Watt für die Instrumente zu erzeugen.

Die zweite Bereich, in dem Radioisotopen in der Raumfahrt benutzt werden, ist zur Heizung. Ohne die nahe Sonne sinken die Temperaturen in einer Raumsonde sehr stark ab. Für manche Instrumente ist das perfekt. In der Astronomie werden große Anstrengungen unternommen um CCD-Sensoren möglichst tief zu kühlen und so möglichst wenig Bildrauschen zu haben. Aber andere Komponenten, wie Batterien, sind auf gewissen Mindesttemperaturen angewiesen. Wenn eine Raumsonde einen Planeten umkreist, gerät sie selbstverständlich auch in dessen Schatten und muss für diese Zeit Strom aus Batterien beziehen.

Schlimm traf es den Kometenlander Philae, der in einer Felsspalte landete. Seine Batterien werden elektrisch beheizt. Sind sie nicht warm genug, können sie nicht geladen werden. Aber die Solarzellen bekamen nicht mehr genug Strom für die Heizung, so dass die Solarzellen die Batterien des Landers trotz vorhandenem Strom nicht aufladen können. Mein Lament dazu findet sich auf meinem alten Blog unter dem Titel “2 Gramm Plutonium für Philae”.

Um solche Situationen zu verhindern, setzte die NASA bei ihren Mars Exploration Rover Spirit und Opportunity kleine Heizungen ein. Die enthalten jeweils etwa 2 Gramm Plutonium-238 und sind in einer stabilen und extrem hitzebeständigen Verpackung. Bei einem Fehlstart schützt die Verpackung das Plutonium Element, das seinerseits aus einer widerstandsfähigen Keramik (Plutoniumoxid) besteht. (Eine genauere Beschreibung aus der Entwicklung im Jahr 1982 findet man hier.) Das gilt nicht nur für einen möglichen Wiedereintritt, sondern auch für eine Explosion der Rakete. Die sehen zwar spektakulär aus, hinterlassen aber vergleichsweise wenig Eindruck auf kompakte Gegenstände an der Spitze der Rakete. Wie etwa dem Vanguard Satelliten weiter oben oder dem dänischen Satelliten GOMX-2 der unbeschädigt aus dem Wrack der im letzten Herbst explodierten Antares Rakete geborgen wurde.

RHUnew_labeled_7201

Heizeinheit, wie sie von den Marsrovern eingesetzt wurde. Bild: NASA.

Egal ob Hitze- oder Stromquelle, in der Weltraumforschung sind Radioistopen äußerst nützlich und teilweise unabdingbar. Darüber, was eine gutes Radioisotop für solche Anwendungen ausmacht und woher sie kommen, geht es dann im nächsten Post.

Kommentare (4)

  1. […] hier ist der zweite Artikel zum Thema Radioisotopenbatterien. Der erste beschäftigte sich mit der Frage, was ohne Radioisotopenbatterien geht und was nicht. Diesmal geht […]

  2. […] ist Teil 4 einer (wahrscheinlich) 5-teiligen Serie. Teil 1 hat sich damit beschäftigt, warum man Radioisotopenbatterien braucht. Teil 2 beschrieb, welche […]

  3. […] ging los mit einer Reihe von Artikeln über das Thema Radioisotopenbatterien. Wie sich gezeigt hat, wäre es aber hilfreich gewesen, erst einmal mit einem Grundlagenartikel zu […]

  4. […] die darin beschäftigt sind und wie sich das geändert hat. Dabei verwies ich auch auf einen meiner ersten Blogeinträge hier, noch vom allerersten Tag des […]