Manchmal ist der Unterschied zwischen Gut und Böse nur eine Frage der PR. Bei Geothermie und Fracking könnten fossile und erneuerbare Energie viel besser zusammen passen, als so mancher glauben mag.

Am letzten Wochenende habe ich auf Arte eine Ausgabe von Mit offenen Karten gesehen. Es ging dabei um Schiefergas und natürlich zeigte man auch eine Karte von Schiefergasvorkommen in Deutschland. Dabei ist mir zum ersten mal aufgefallen, dass die möglichen Schiefergasvorkommen in Deutschland genau dort sind, wo es auch die besten Bedingungen für Geothermie gibt. Eine kurze Suche im Internet bestätigte das:

geothermie-fracking

Das ist auch kein Zufall, denn die Entstehung von Erdgas braucht relativ hohe Temperaturen, die für Geothermie zumindest brauchbar wären. Die Schiefergasvorkommen sind deutlich Tiefer als 1000m. Die Temperaturen in den Erdgaslagern ist also wesentlich höher als auf der linken Karte gezeigt wird.  Die BGR hat auch dazu eine Grafik:

Erdoel-gasbildung_g

Das Geothermiekraftwerk in Unterhaching bei München nutzt Wasser mit einer Temperatur von 122 Grad, aus über 3km tiefen Gesteinsschichten mit einer Temperatur von 133 Grad. Wie funktioniert so ein Geothermiekraftwerk? Wir sind hier nicht in Island oder Kalifornien, wo der Boden schon in geringer Tiefe sehr heiß ist. Dort kann man in geringer Tiefe nach kochendem Grundwasser bohren und Geysire bilden sich teilweise von allein. Nicht so in Deutschland.

In Deutschland sind die wärmeren Gesteinsschichten tief im Erdboden. Sie sind trocken und im allgemeinen ist auch kein Platz für Wasser, weil der Erdboden keine natürlichen Poren und Spalten hat. Dieses Problem dürfte dem einen oder anderen bekannt vorkommen. Wie kommt man also an heißes Wasser für ein Geothermiekraftwerk? Man bohrt Löcher und benutzt Wasser unter hohem Druck um künstliche Spalten im Gestein zu erzeugen. Das hört sich an wie Fracking, das funktioniert wie Fracking, wurde vor 32 Jahren auch als Fracking bezeichnet. Aber seit den politischen Kampagnen gegen Fracking meidet die Geothermiebranche das Wort wie der Teufel das Weihwasser.

Dann pumpt man kaltes Wasser in ein Bohrloch hinein. Das sickert durch die nun vorhandenen Spalten im Gestein und heizt sich dort auf. Das heiße Wasser wird dann durch weitere Bohrlöcher in tieferen Regionen wieder hochgepumpt. Das sieht dann so oder so ähnlich aus:

geothermie diagram.svg

Die Wassermengen sind durchaus erstaunlich. In Unterhachingen werden pro Sekunde 150 Liter Wasser aus dem Boden gepumpt. Ein Teil des Wassers geht dabei durch die Klüfte im Boden ständig verloren und muss ersetzt werden. Es wird also mehr Wasser in den Boden hinein gepumpt als heraus. Wieviel mehr Wasser das ist, konnte ich nicht ausfindig machen. Die Betreiben belassen es bei einem kryptischen >150 l/s.  Leichte Erdbeben sind jedenfalls langfristig unvermeidlich. Die natürliche Erdbebenneigung dürfte in der Region jedoch größer sein.

Ein wesentlicher Kostenfaktor bei der Geothermie ist die Exploration und das Bohren der Bohrlöcher. Gut ausgebaute und abgesicherte Bohrlöcher entstehen beim Fracking aber ohnehin. Klüfte im Boden hat man auch schon. Wasser in den Boden und wieder hinaus pumpen gehört ebenso zur Erdgasförderung. Es fehlt nur der Ausbau für die Nutzung der Geothermie. Würde man beide Verfahren kombinieren, könnte man den Ausbau der Geothermie durch die Nutzung der Erdgasvorkommen selbst dort finanzieren, wo die Bedingung nicht ganz perfekt sind.

Die Idee ist nicht neu. Es gibt mehrere Studien alte Ölbohrlöcher für die Erzeugung von Geothermie zu nutzen. Die geothermischen Bedingungen sollten in Gaslagerstätten sogar noch günstiger sein.

Kommentare (8)

  1. #1 Michel
    Sofa
    30. April 2015

    Gemeint ist Unterhaching?

    • #2 wasgeht
      30. April 2015

      Ja, ist es.

  2. #3 Hobbes
    4. Mai 2015

    Sehr schön. Neutrale Berichte zu solchen Themen lese ich immer sehr gerne. Fracking wird sich in Deutschland eh nicht mehr durchsetzen. Die Konsequenzen wäre aber wahrscheinlich eh gering gewesen. Wie immer wäre die Technologie weder der Beginn der Apokalypse gewesen noch der große Heilsbringer.

    Es schient aber so das zumindest die Erdbebengefahr in den Niederlanden anfangs als zu gering eingeschätzt wurde.

    Ach und eine kleine Frage: Wie sieht es eigentlich mit dem Wasser aus was bei der Geothermie nach oben kommt? Bleibt das so Giftig oder hat sich nach einigen Abläufen das meiste der Schwermetalle etc. aus dem Boden “rausgewaschen”ß

    • #4 wasgeht
      4. Mai 2015

      Nach allem was ich jetzt spontan weiß, wird das Wasser so wie es ist, zusammen mit noch etwas mehr frischem Wasser, wieder in den Boden gepumpt.

      Aber meine Hand lege ich dafür jetzt nicht ins Feuer.

  3. #5 Franzl
    München
    7. Mai 2015

    Die im Beitrag beschriebene Vorgehensweise ist die PETRO-thermale Technik, wo im heißen Fels durch Einpressen von kaltem Wasser Risse aufgeweitet werden, um dadurch einen natürlichen Wärmetauscher zu erzeugen.

    In Unterhaching – wie auch in 27 der 31 laufenden Anlagen in Deutschland – wird jedoch mit der HYDRO-thermalen Technik gearbeitet.

    Vorhandenes Thermalwasser wird erst aus dem Boden geholt und dann, nach Abgabe eines großen Teils der Wärmeenergie, abgekühlt wieder in den Boden zurückgepumpt. In Unterhaching ist die Literleistung der Reinjektionsbohrung jedoch >150 l/s, deshalb muss man hier nicht mit Pumpen nachhelfen. Man könnte auch von einer “Saugbohrung” sprechen, da hier der Druck der Wassersäule reicht, um das abgekühlte Wasser wieder in die Thermalwasser führende Gesteinsschicht zurück zu pressen.

    • #6 wasgeht
      7. Mai 2015

      Wenn das so ist, dann habe ich mich geirrt und muss mich damit nochmal auseinander setzen.

  4. #7 Franzl
    München
    7. Mai 2015

    Wir können uns gerne telefonisch oder per PN austauschen. Ich helfe gerne mit.

    • #8 wasgeht
      7. Mai 2015

      Hast du einen Twitter Account? Dann schreib eine PM an mich (@tp_1024).