Diese Frage wurde 1903 schon einmal beantwortet. Von Konstantin Eduardowitsch Ziolkowski. Und er hat noch immer Recht.

So lange in der Formel 1 noch Autos beim Boxenstop nachgetankt wurden, wurde es immer wieder gesagt: Um so leichter das Auto ist, um so schneller wird es. Auf einer Runde kann ein leichtes Auto einige Sekunden schneller fahren, als ein vollgetanktes, schweres Auto. Für Raketen gilt das gleiche. Aber die Unterschiede sind größer, viel größer.

Damit eine Rakete überhaupt abheben kann, braucht das Triebwerk einen Schub, der mit der Gewichtskraft vergleichbar ist. Um die Rakete zu beschleunigen muss der Schub entsprechend noch größer sein. Eine Rakete die doppelt so viel Schub wie Gewicht hat, hebt nicht nur ab, sie wird auch jede Sekunde um knapp 10m/s schneller. Oder 0-100km/h in 2,8s – und zwar senkrecht nach oben! (Wenn man exaktere Ergebnisse braucht, nimmt man nicht 10m/s, sondern 9,80665m/s.)

Ohne Gravitation wäre die Beschleunigung sogar doppelt so schnell. Aber eine Rakete besteht fast nur aus Treibstoff und nichts verbraucht Treibstoff derart schnell, wie ein Raketentriebwerk. Die Rakete wird also immer leichter. Unsere Rakete, die beim Start noch jede Sekunde 20m/s schneller wird, wiegt irgendwann nur noch halb so viel wie beim Start. Mit dem halben Gewicht kann sie beim gleichen Schub doppelt so schnell beschleunigen – sie wird dann jede Sekunde 40m/s schneller und so weiter.

Um so weniger Treibstoff das Triebwerk verbraucht, um so mehr Zeit hat die Rakete zu beschleunigen, bevor ihr der Treibstoff ausgeht. Es gibt eine unter Ingenieuren gebräuchliche Einheit für den Treibstoffverbrauch eines Raketentriebwerks. Man teilt dazu den Schub in Tonnen durch den Treibstoffverbrauch in Tonnen pro Sekunde. Das Ergebnis ist eine Zahl von einigen hundert Sekunden und sagt für wieviele Sekunden man mit einer Tonne dieses Treibstoffs eine Tonne Schub erzeugen kann. Man nennt sie auch den “Spezifischen Impuls“. (Keine Sorge, eine physikalisch korrektere Einheit und Erklärung kommt auch noch.)

Die Zahl hängt vor allem vom Treibstoff ab und diversen Eigenschaften des Triebwerks. Diese Diskussion braucht wenigstens ein neues Blogpost. Deswegen nenne ich hier mit dem Holzhammer der Verallgemeinerung nur zwei Zahlen die nicht völlig falsch sind. Triebwerke, die Wasserstoff und Sauerstoff verbrennen kommen auf etwa 450s. Alle anderen ungefähr auf 300s. Ja, Wasserstoff ist ein Treibstoff mit toller Leistung, aber auch äußerst unangenehmen Eigenschaften. (Temperaturen von -250 Grad und eine Dichte von gerade einmal 70 Gramm pro Liter.)

Eine mittelgroße Rakete mit einfachen Triebwerken und 450t Schub verbraucht also 1,5t Treibstoff pro Sekunde. Eine Rakete mit Wasserstofftriebwerk und gleichem Schub verbraucht nur 1t Treibstoff pro Sekunde. Man kann sich leicht vorstellen, dass die zweite Rakete für eine bestimmte Geschwindigkeit viel weniger Treibstoff braucht als die erste. Aber dafür brauchen wir …

Ein wenig Physik

Ein Raketentriebwerk funktioniert, indem es eine große Menge Gas mit hoher Temperatur, hohem Druck und hoher Geschwindigkeit aus einer Düse ausstößt. Die Kraft die man braucht um diese große Gasmenge (1t pro Sekunde!) mit diesen hohen Geschwindigkeiten auszustoßen, ist die Kraft, die die Rakete antreibt. Sie stößt sich von dem Gas ab. Das heiße Gas entsteht dabei, indem man den Treibstoff verbrennt.

Man kann auch kaltes Gas verwenden ohne irgendetwas zu verbrennen. Eine Druckluftflasche kann auch große Mengen Gas ausstoßen, aber nicht mit so großer Geschwindigkeit. Für Aufgaben in denen nicht viel Schub gebraucht wird, kann ein derart einfaches System trotzdem die erste Wahl sein.

Die Geschwindigkeit mit der das Gas aus der Düse strömt, ist Wohl und Wehe eines jeden Raketentriebwerks. Die gleiche Menge Gas, die in der gleichen Zeit mit der doppelten Geschwindigkeit ausgestoßen wird, bringt doppelt so viel Schub. Wenn man den Schub des Triebwerks (in Newton) durch den Treibstoffverbrauch (in kg/s) teilt, erhält man die Geschwindigkeit, mit der das Gas aus der Düse strömt. (Und zwar die durchschnittliche Geschwindigkeit, am hintersten Ende der Düse.)

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Kommentare (9)

  1. #1 MaikMaik
    Münsterland
    7. Mai 2015

    Toll geschrieben! :)

  2. #2 ralph
    8. Mai 2015

    Sehr gut erklärt!
    Was mich als Kind beim Start einer Saturn V immer faszinierte, war vor allem, dass das 110 m Ungetüm nicht kippte. Und es wundert mich immer noch.

    • #3 wasgeht
      8. Mai 2015

      Ganz einfach: Am Boden wird sie festgehalten. Und nach dem Start kippt sie, wenn überhaupt, nur sehr langsam. Die Triebwerke haben genug Zeit gegenzusteuern.

      Allerdings muss ich gestehen, dass ich mich jedes mal das gleiche Frage, wenn ich die Falcon 9 fliegen sehe. Die ist in der aktuellen Variante 68,4m hoch und 3,66m breit (die neueste Variante fliegt beim übernächsten Start und soll sogar noch etwas länger sein). Die Saturn V war immerhin noch 10m breit.

  3. #4 Alex
    8. Mai 2015

    Hallo,
    Nur eine kurze Anmerkung. Ich weiß nicht woher der “genauere” Wert für die Erdbeschleunigung stammt, aber den Wert ohne Fehlergrenzen auf 5 Nachkommastellen zu schreiben ist etwas sinnlos. Der Wert schwankt beträchtig, Allein schon der Unterschied zwischen Pol und Äquator ist ein halbes Prozent (Fliehkraft). Je nach Untergrund Gibt es weitere Unterschiede, und bei einer Rakete die in die Höhe fliegt verringert er sich natürlich Stark…

  4. #6 Alex
    8. Mai 2015

    War auch nicht böse gemeint ( man weiß ja nie wie der Tonfall so rüberkommt). Es ist manchmal nur hilfreich wenn man sich überlegt wie genau ein Wert angegeben werden kann, bzw was für Effekte dann irgendwann eine Rolle spielen. Übrigens interessant was bei Wikipedia über den Verlauf der Erdbeschleunigung steht. Am Erdmittelpunkt ist sie natürlich 0, dann aber erreicht sie nach außen gehend zwei Maxima. Das erste Maximum durch den eisenhaltigen Kern ist ja noch zu erwarten, Mit dem zweiten hätte ich nicht gerechnet… :-)

  5. […] hat. Um so mehr Energie sie haben, um so schneller bewegen sich die Teilchen des Gases. Wie wir im letzten Blogbeitrag gesehen haben, hilft das ungemein. Man braucht weniger Treibstoff um die gleiche Geschwindigkeit zu […]

  6. #8 Turi
    9. Mai 2015

    Tja, in Kerbal Space Programm reicht ein deltaV von 10km/s um zuverlässig den nächsten Planeten zu erreichen, dort in einen Orbit ein zu schwenken, dann noch eben auf dem dortigen Mond zu landen und zu Kerbal zurückzukehren.
    Immer wieder interessant zu sehen wie sich die Zahlen aus Kerbal zu Realität verhalten. Der Spezifische Impuls der Triebwerke zum Beispiel ist vergleichbar.

    • #9 wasgeht
      9. Mai 2015

      Kerbal hat andere physikalische Konstanten. So weit ich weiß gibt es Mods, mit denen man unter realeren Verhältnissen spielen kann.