Die kleine Vega Rakete der ESA hatte 2012 ihren ersten Flug. Sie war das Resultat einer langen Entwicklung, die etwa 700mio Euro gekostet hat. Letzten Monat hat sie nun mit dem Start von Sentinel 2A die letzte ihrer fünf Missionen auf Entwicklungsflügen abgeschlossen, die von der ESA mit weiteren 400mio Euro bezahlt wurden.

Ab sofort wird sich die Rakete auf dem mehr oder weniger freien Markt bewähren müssen. (In der Raumfahrt ist das aber ein eher sehr wenig freier Markt.) Noch vor wenigen Jahren wurde der Preis pro Flug für die Vega mit 35mio Euro angegeben, wenn zwei Raketen pro Jahr fliegen. Davon entfielen 25mio Euro auf die Kosten für die Rakete selbst. Bei einer Rate von vier Flügen pro Jahr versprach man sich einen Preis von 22mio Euro für die Rakete und somit Flugpreis von 32mio Euro.

In einem Interview gab der Chef von Arianespace nun zu Protokoll, dass man vor zwei Jahren noch 4 Missionen im Wert von 130Mio Euro vor sich hätte – also 32,5mio pro Flug. Das waren die restlichen vier Entwicklungsflüge. Den Vertragswert für die nächsten 11 Vega Missionen, deren Raketen schon bestellt sind, gab er dagegen mit einen Wert von 400mio Euro an. Oder 36,4mio Euro pro Flug und das obwohl eine Flugrate von 3 Flügen pro Jahr erreicht wird. Eine Preissteigerung von 12%.

Damit steht jetzt schon fest, dass die Vega ihr Preisziel deutlich verfehlt hat. Denn diese Vega Raketen werden die letzten ihrer Art sein. Ab 2018 soll die neue Vega-C starten. Bei ihr wird der P80 Booster der ersten Stufe durch den P120 ausgetauscht werden, den auch die Ariane 6 verwenden soll. Die zweite Stufe soll auch nicht mehr eine Zefiro 23 Stufe sein, sondern eine schwerere Zefiro 40. Man wird sehen müssen, ob die zusätzliche Leistung durch die größeren Raketenstufen ausreichen wird, um die zu erwartende Preissteigerung auszugleichen.

Dazu kommt noch das Problem, dass die vierte Stufe der Vega in der Ukraine gebaut wird. Von der Ukrainischen Raumfahrtindustrie ist abgesehen davon kaum noch etwas übrig. Nach dem Wegfall der Aufträge aus Russland für die Oberstufen der Dnepr Rakete und den Bau der Zenit 3SL für Sealaunch und dem endgültigen Ende der Cyclone-4 in Kooperation mit Brasilien. Dazu kommt noch, dass auch Orbital Sciences für die Neuauflage der Antares Rakete mit RD-181 Triebwerken jetzt mit Russland kooperiert. Die Europäische Vega ist inzwischen der letzte Kunde. Und tatsächlich wird längst an einer europäischen vierten Stufe gearbeitet.

Mit dem P120 in der ersten Stufe hat man für eine bessere Vega Rakete zumindest eine gute Basis. Denn der wird in viel größeren Stückzahlen für die Ariane Rakete hergestellt werden, was die Stückkosten reduzieren sollte. Aber selbst wenn die Stückkosten sinken sollten, verdeckt das die Tatsache, dass die Entwicklungskosten aus all dem ausgeklammert werden.

Die 700mio Euro Entwicklungskosten für die Vega wird man niemals aus den Einnahmen von Satellitenstarts finanzieren können. Und ganz ähnliches gilt auch für die etwa 4 Milliaden Euro zur Entwicklung der Ariane 6. Man sollte dabei aber auch nicht vergessen, dass hinter den Ariane und Vega Raketen nicht der Auftrag steht, Einnahmen für Europa zu generieren. (Anders als etwa bei den Proton und Soyuz Raketen Russlands.) Der Auftrag ist, einen unabhängigen Zugang zum Weltraum zu sichern und das werden sie mit Sicherheit tun, auch wenn es etwas mehr kostet.

Kommentare (9)

  1. #1 Bloomen
    4. Juli 2015

    ” … auch wenn es etwas mehr kostet.”

    Ist das witzig gemeint? Die Vega und ähnliche Basteleien sind eine brutale Ausplünderung der europäischen Steuerzahlen.

    Wenn die zu doof sind mit den Amerikaner und Russen mitzuhalten, dann sollen Sie es eben bleiben lassen. Unfähige Bürokraten und Amateure möchte ich nicht alimentieren.

    Es wäre nicht schlecht, wenn Sie etwas kritischer bloggen würden.

    • #2 wasgeht
      4. Juli 2015

      Eine brutale Ausplünderung der europäischen Steuerzahler gab es vorher, ohne die ESA – als alle Missionen über die Amerikaner laufen mussten und die alle Hürden in den Weg gestellt haben, die ihnen eingefallen sind.

      So geht das Geld immerhin wieder nach Europa zurück.

      Dass ich die Kosten so nicht gut finde, kann man wohl aus so ziemlich jedem Absatz, inklusive Überschrift, herauslesen. Trotzdem bleibt es dabei, dass der Auftrag hinter den Raketen eben ein anderer ist.

  2. #3 rolak
    4. Juli 2015

    Ausplünderung der europäischen Steuerzahlen

    Also zum Beispiel der 8 den oberen Ring klauen, Bloomen?

  3. #4 dgbrt
    4. Juli 2015

    @Bloomen:
    “…brutale Ausplünderung der europäischen Steuerzahlen.”
    Was ist das denn wohl für ein Schwachsinn. Das ist gerade mal die Portokasse für die aktuelle Griechenland-Krise; oder die Selbige zu unseren jährlichen Sozial- und Militärausgaben.
    Man sollte ein paar Millönchen nicht mit den europäischen Ausgaben in einer Dimension von Billionen verwechseln. Das ist nämlich mindestens eine Millionen mal so viel die VEGA. Wenn man die Militärausgaben in Wissenschaft investieren würde, können Millionen VEGAs pro Jahr gestartet werden.

    Also nur zum Lernen:
    Millionen = Raketen (nicht nur in Europa)
    Millionen x Millionen = Billionen = Krieg, Banken, Sozialausgaben… (auch nicht nur in Europa)

    Und nochmal zum Lernen:
    Ein Euro deiner Steuern multipliziert mit 80 Millionen Deutschen ergibt schon 80 Mio. Euro. Das sind dann ungefähr zwei VEGA Starts pro Jahr. Wenn Deutschland das alleine finanzieren würde, würden dich zwei Starts eine Euro kosten. Jetzt überlege mal wo der Rest deiner Steuern bleibt…

  4. #5 dgbrt
    4. Juli 2015

    @wasgeht:
    Du beschreibst sehr schön die Kostensteigerungen bei dem VEGA-Projekt.
    Das Problem ist, dass man so etwas bei allen größeren Projekten vorher kennt. Die Verantwortlichen ignorieren das nur in manchmal vorsätzlicher Art und Weise. BER, ITER oder das Space-Shuttle sind dabei nur einige Beispiele.
    Man sollte solche Projekte ehrlicher veranschlagen und solche Steigerungen von Anfang an mit berücksichtigen. Aber da liegt natürlich genau das Problem: Keines dieser Projekte wäre jemals begonnen worden, das James Webb Space Telescope (JWST) wird hoffentlich gestartet werden, aber wenn man am Anfang geahnt hätte, wie teuer das wird, hätte es sicherlich kein GO für dieses Projekt gegeben.

    ERGO:
    Zu Beginn mit Scheuklappen ein Projekt starten, Kritik ignorieren, letztendlich bekommt man das fehlende Geld dann doch.

    Vielleicht ist der neue Chef des ITER da eine Ausnahme, der fordert nämlich Rückstellungen für genau dieses ein; und verschiebt den Start weiter in die Zukunft.

    • #6 wasgeht
      4. Juli 2015

      Ich wäre, was das vorsätzliche ignorieren von Kostensteigerungen angeht erst einmal vorsichtig. Mir fällt da spontan “Hofstadters Law” ein:
      https://en.wikipedia.org/wiki/Hofstadter%27s_law

      “Hofstadter’s Law: It always takes longer than you expect, even when you take into account Hofstadter’s Law.”

      Ich glaube, für Kosten gilt manchmal fast das gleiche.

  5. #7 dgbrt
    4. Juli 2015

    Hofstadters Gesetz gibt es in der deutschen Wiki nicht; aber “Sozialdarwinismus” und “Alice in Wonderland (Oper)” beziehen sich darauf. Es gibt aber diesen kleine Artikel:
    https://de.wikipedia.org/wiki/G%C3%B6del,_Escher,_Bach

    Es geht z.B darum, dass Schachcomputer Menschen in weniger als zehn Jahren besiegen können sollten, was aber nicht passierte. Heute ist das allerdings Geschichte.

    Hier geht es aber ja um die Kosten der VEGA-Rakete. Und wie viel Aufträge die in zehn Jahren haben wird kann niemand vorhersagen. Deswegen sollte man bei solchen Projekten finanzielle Rückstellungen vornehmen. Jeder weis, dass es unerwartete Ausgaben geben wird. Also sollte man dafür vorsorgen und das nicht an seinen Nachfolger abschieben.

  6. #8 Alex
    4. Juli 2015

    Falls mit den fünf “Entwicklungsflügen” das VERTA-Programm gemeint sein soll, das ist noch lange nicht abgeschlossen (da fehlen noch Lisa, Aeolus und Prisma). Sentinel-2A war dagegen – wie zuvor schon KazEOSat-1 – offiziell ein kommerzieller Flug.

    Wobei man Sentinel-2A im Grunde auch mit Rockot hätte starten können, das war jetzt eher eine Beschäftigungstherapie für Arianespace/ELV.

    • #9 wasgeht
      4. Juli 2015

      Wieder was gelernt.

      Übrigens könnte man auch fast alles mit der indischen PSLV (XL) machen. Wäre wohl auch billiger.

      Aber der Punkt ist ja gerade, dass man den unabhängigen Zugang sicher stellt. Beschäftigungstherapie trifft es ganz gut. Wenn man keine Raketen startet, verliert man die Erfahrung und irgendwann hat man ein echtes Problem wieder eine Rakete ins All zu bringen.

      Die Südkoreaner haben es trotz russischer Unterstützung nicht geschafft, vor den Nordkoreanern eine Rakete in den Orbit zu bringen (die Erfahrung aus dem Bau von Scud Raketen hatten). Es kommt also nicht ganz von ungefähr.