Da sich die Temperaturen weigern, auf ein erträgliches Niveau zurück zu gehen, geht es im Blog eiskalt weiter.

Eines der historischen Probleme der Menschheit war bekanntlich, eine ausreichende Menge Alkohol für Desinfektionszwecke zu beschaffen. Um so stärker das Gebräu, um besser konnte es diese Aufgabe erfüllen. Dabei ergibt sich natürlich das Problem, dass die Natur den einfachsten Wegen ihre Grenzen aufgezeigt hat. Sobald eine bestimmte Alkoholkonzentration erreicht ist, sterben auch noch die härtesten Hefestämme ab. Es ist ja auch genau diese Eigenschaft der Abtötung von Zellen, die man sich dabei zu Nutze mache will.

Leider passiert es leicht, dass noch vor dem Punkt eines wirksamen Desinfektionseffektes der Hefe der Zucker ausgeht, aus dem die Hefe den Alkohol erzeugt. Kurzum: Wirklich gute Desinfektionsmittel kommen so nicht zu stande. Die Erhöhung des Alkoholanteils zur Steigerung der Desinfektionswirkung ist nun ein altes Handwerk. Nun möchte ich bei diesen Außentemperaturen nicht von Details von Brennvorgängen sprechen, es ist ohnehin schon viel zu heiß. Aber auch wenn der Prozess des Brennens heute die beliebteste Möglichkeit zur Herstellung hochprozentiger Desinfektionsmittel ist, gibt es Alternativen.

Denn was ist die Destillation in der Brennblase anderes, als ein Phasenübergang? Beim Phasenübergang eines Stoffgemisches von einer Form in eine andere, egal ob von flüssig zu gasförmig oder von flüssig zu fest, gibt es immer bestimmte Bestandteile die bevorzugt zuerst den Phasenübergang durchmachen. Wobei es leider nicht so ist, dass diese “Bestandteile” fein säuberlich nach Molekülen getrennt wären. Vielmehr geht es um bestimmte Mischungsverhältnisse.

Es wird also nicht passieren, dass zuerst das H2O ausfriert und dann der Alkohol übrig bleibt. Vielmehr wird zuerst  ein Gemisch gefrieren, das einen höheren Gefrierpunkt hat als der Rest der Flüssigkeit. Entsprechend hat man unterschiedliche Konzentrationen im festen Teil und im flüssigen Teil. Das Verfahren ist durchaus nützlich und hat auch andere Anwendungen in der Chemie und Prozesstechnik, die weit über die dringend benötigten Desinfektionsmittel hinaus gehen.

Vor allem aber kann man den Prozess auch umkehren.

Wer sich also bei den heutigen Temperaturen in der bedauerlichen Lage befindet, nur noch Zugriff auf Flüssigkeiten mit einem gewissen Alkoholgehalt zu haben, dem kann der folgende Weg, den Alkoholgehalt von Flüssigkeiten auf ein ungefährliches Niveau herabzusenken durchaus das Leben retten!

Wenn die Mischung aus Alkohol und Wasser anfängt zu gefrieren, bleibt im flüssigen Teil mehr Alkohol zurück, als im Eis gefriert. Das ist auch gut so. Denn zusätzlich zum geringeren Gehalt des Desinfektionsmittels, ist das Wasser nun auch kalt. Was bei diesen Außentemperaturen nur von Vorteil sein kann.

Praktisch sieht das dann so aus: Man stellt das alkoholisch verseuchte Getränk in den Gefrierschrank und wartet, bis ein Teil davon gefroren ist. Es hat weniger Alkohol, ist damit auch bei den heutigen Temperaturen zum Trinken geeignet. Sollte der Alkoholgehalt des Eises wider erwarten dennoch zu hoch sein, empfiehlt es sich das Eis aufzutauen und nochmal dem gleichen Prozess zu unterziehen.

Ich warne vor dem Konsum des flüssigen Rests des Getränks, in dem sich der Alkohol nun in höherer Konzentration angesammelt hat!

Es mag nun noch von rein akademischen Interesse sein, wie hoch denn der Alkoholgehalt des Konzentrats ist. Schließlich kann es noch wertvolle Dienste als Desinfektionsmittel leisten. Dazu fand ich leider nur eine amerikanische Darstellung, die Temperaturen in Grad Fahrenheit angibt und dabei unverantwortlicherweise den Konsum des Konzentrats propagiert!

Während ich davor nur nochmals warnen kann, überwiegt doch das akademische Interesse. Auch in deutschen Tiefkühlschränken sind Temperaturen von -18 Grad (oder 0 Grad Fahrenheit) üblich. Man kann also davon ausgehen, dass an dem Punkt an dem im flüssigen Konzentrat eine Konzentration von etwa 17-18% Ethanol erreicht ist, kein weiteres Gefrieren dieses Konzentrats mehr festzustellen sein wird. Seine Desinfektionswirkung sollte folglich befriedigend sein.

1 / 2 / Auf einer Seite lesen

Kommentare (12)

  1. #1 Bazille
    Wien
    5. Juli 2015

    Ja das war auch bei den Science Busters ein Thema. Der vollständigkeit halber sollte erwähnt werden, das man den Teil mit angereicherten Ethanol sofort wegschütten sollte, da falls man das Zeug trinkt, eine Gesetzes Übertretung begeht, da er nicht versteuert ist.
    Wohl bekomms

  2. #2 dgbrt
    5. Juli 2015

    Also, wenn ich mal ‘ne Flasche Bier im Kühlfach vergesse, dann platzt die. Und das ist dann eine große Sauerei.

    Aber generell sollte das Prinzip funktionieren, Alkohol gefriert bei geringeren Temperaturen als Wasser.

    @Bazille
    Das ist dann Frostwein und kein Branntwein. Ich kenne keine Frostweinsteuer… ;-)

  3. #3 myotis
    5. Juli 2015
  4. #4 Theres
    5. Juli 2015

    @Bazille
    Du hast die doch schon bezahlt, beim Einkauf des Alks …
    Wieso zweimal zahlen, hm?

    Ich finds lustig, aber es ging ja ums Desinfizieren – und nur darum.

    • #5 wasgeht
      5. Juli 2015

      Ja. Genauso wie es bei dem Traubensaftkonzentrat in den USA während der Prohibition, auf dem die Warnung stand: “After dissolving the brick in a gallon of water, do not place the liquid in a jug away in the cupboard for twenty days, because then it would turn into wine”.

  5. #6 bazille
    Wien
    6. Juli 2015

    @Theres da du destillierst muß du das noch einmal versteuern.

    • #7 rolak
      6. Juli 2015

      da du destillierst

      Nee, da wird nichts destilliert, bazille, und es entsteht (zumindest hier in DLand) kein Grund für eine Nachbesteuerung von Bier- bzw Wein- auf BranntweinSteuer. Klassisches Beispiel: Eisbock.

      Aber auch so ist diese generelle Form nicht haltbar – wenn ich meine vermittels Wodka produzierten Likör/Essenz-Ansätze via Destillation zu <Ausgangsstoff>Geist veredeln möchte, kann ich das ebenfalls unbehelligt von Zoll und Finanzamt unternehmen.

  6. #8 Hobbes
    6. Juli 2015

    Im zweiten Absatz im zweiten Satz fehlt ein so.
    Ansonsten Super Artikel. Sehr lesenswert geschrieben musste mehrmals schmunzeln. Und durchaus sehr interessant. Gibt es eigentlich eine einfache Methode den Alkoholgehalt zu messen? Würde wohl eine gefrorene Flasche nach und nach vernichten und dabei mal messen.

  7. #9 Gerald Fix
    7. Juli 2015

    #7
    Nein, nicht richtig – entscheidend ist, ob die in § 130 Branntweinmonopolgesetz genannten Produkte entstehen. Eisbock ist – dem Zolltarif nach – immer noch Bier. Wird aber das Bier entalkoholisiert, z. B. durch osmotische Verfahren, dann entsteht Branntwein (“Tarifsprung”). Die Steuer würde also entstehen. Beim Likör das gleiche Problem: Das Zeug macht keinen Tarifsprung, Likör und Geist unterliegen der gleichen Steuer, deshalb wird nicht nachversteuert.

    #1
    Die Steuer entsteht nach § 143 Abs. 2 Nr. 2 Branntweinmonopolgesetz und damit sofort (§ 144 Abs. 2 Gesetz). Wegschütten hilft also nicht.

    Die große Frage ist jetzt nur noch, ob meine Gefriertruhe nach § 43 Nr. 2 Gesetz der amtlichen Überwachung unterliegt und ob man behufs dieses Problems nicht noch ein paar Leute einstellen sollte beim Zoll.

  8. #10 rolak
    7. Juli 2015

    #7
    Nein, nicht richtig

    Dann sag mir doch bitte mal, Gerald, was an meiner Entgegnung (bzw Korrektur) zu Bazilles Reaktion auf Theres’ zurecht verwundertem Nachhaken falsch (bzw “nicht richtig”) sein soll?

    Nicht nur, daß Du das von mir Gesagte wiederholst, Du scheinst neben dem (oder etwa wegen des?) referenzlosen ‘Falsch’-Mäkeln(s) noch nicht einmal mitbekommen zu haben, daß oben im post exakt das Verfahren der EisbockHerstellung beschrieben und somit auch hier im thread diskutiert wird m(

  9. #11 Gerald Fix
    8. Juli 2015

    #10
    Gut. Stimmt. Die Steuer entsteht nicht zwangsläufig. Allerdings halte ich Eisbock auch nicht gerade für ein vorzügliches Desinfektionsmittel :-)

    Wenn der Ausgangsstoff der Branntweinsteuer unterliegt – z.B. ein 40%iger Wodka -, dann entsteht keine Steuer. Handelt es sich beim Ausgangsstoff aber um Bier, Wein oder Sekt, dann entsteht die Branntweinsteuer, weil das Endprodukt zolltariflich anders einzustufen ist als das Ausgangsprodukt.

  10. #12 rolak
    11. Juli 2015

    Wenn der Ausgangsstoff (..) aber (..) Bier

    Du möchtest hier also tatsächlich behaupten, Eisbock unterläge der Branntweinsteuer, Gerald? Denn der Ausgangsstoff ist eindeutig Bier, das angewendete Verfahren ist wie schon erwähnt genau das hier beschriebene…

    Wo gibt es derartige Eingebungen? Wäre ein Platz, dessen Vermeidung empfehlenswert ist.