Es gibt Aussagen mir ständig irgendwo unterkommen und zu Bissspuren in der Tischkante führen. Die Behauptung, dass Dünger aus Öl hergestellt wird, oder dass man unbedingt Öl braucht um Dünger herzustellen, gehört definitiv dazu. Das heißt nicht, dass nirgendwo Öl benutzt wird um Dünger herzustellen. Aber man braucht es nicht.

Gemeint ist dabei immer Stickstoffdünger. Der besteht im wesentlichen aus Ammoniumnitrat NH₄NO₃. Zentral ist dabei der chemische Prozess mit dem Namen im Haber-Bosch Verfahren. Dabei wird Ammonik NH₃ aus Wasserstoff und Stickstoff erzeugt. Dazu braucht man außerdem noch Energie und einen Katalysator. Den Wasserstoff kann man im Zweifelsfall direkt aus Wasser herstellen, das braucht man sowieso um aus einem Teil des Ammoniaks später Salpetersäure für den Nitratteil herzustellen (im Ostwald Verfahren).

Fassen wir zusammen. Was braucht man um Dünger herzustellen? Wasser und Luft. Mehr nicht. Alles andere ist optional.

Alles andere ist in dem Fall Energie. Die braucht man allein schon deswegen, weil die gesamte Synthese von Ammoniumnitrat selbstverständlich endotherm ist. Man braucht Energie um es herzustellen. Warum das so selbstverständlich ist? Nun, mit gutem Zureden und etwas Hitze kann man Ammoniumnitrat zur Explosion bringen. Dabei wird Energie frei und Stickstoff, Sauerstoff und Wasser entstehen – damit wäre man wieder am Anfang. Und die Energie die frei wird, muss man vorher hineingesteckt haben.

Es ist aber völlig egal, woher die Energie kommt oder woher die Grundstoffe kommen. Tatsächlich wird man den Wasserstoff nicht durch Elektrolyse aus Wasser gewinnen, wenn es einen einfacheren Weg gibt. Zum Beispiel durch Dampfreformation mit Methan (Erdgas) oder die Wassergasreaktion mit Kohlenmonoxid aus der unvollständigen Verbrennung von Kohle.

Zum Heizen kann man natürlich Öl benutzen und ich kann mir gut vorstellen, dass das auch getan wurde, so lange Öl billig war. Aber es ist völlig egal woher die Hitze kommt. Man auch elektrisch, geothermisch oder solarthermal heizen, Hauptsache man erreicht die nötigen Temperaturen. (Geothermisch ist deswegen recht schwierig.)

Es gibt natürlich noch anderen Dünger – Phosphor, Kalium und diverse andere Mineraldünger. Aber auch die haben nichts direkt mit Öl zu tun. Man kann nun immer noch sagen, dass man Öl für den Transport braucht, aber braucht man das wirklich? Nein. Man kann genauso gut elektrische Züge und Fahrzeuge für den Transport benutzen und selbst Traktoren und andere Maschinen können allesamt elektrisch betrieben werden. Das ginge sogar ohne Akkus – man müsste dann entweder Leitungen über den Feldern spannen oder Stromkabel hinter den Maschinen herziehen, die dann auf Spulen auf- und abgerollt werden. Das ist umständlicher, aber möglich und dem Verhungern durchaus vorzuziehen.

Man braucht kein Öl für Dünger und Landwirtschaft besteht auch nicht darin, Öl in Lebensmittel zu verwandeln, egal wie oft es behauptet wird.

Kommentare (5)

  1. #1 Kyhn
    france
    23. Juli 2015

    Nun ja um genau zu sein benötigt es doch Öl , zwar nicht direkt, sondern im Umfeld. Da die Stoffe transportiert werden müssen und dies nicht ohne Schmierstoffe/ Öle abgeht. Aber egal. Viel mehr würde mich die Frage interessieren was das Uran im Dünger zu suchen hat. Das wurde hier noch nicht erwähnt . Und stellen Sie sich nicht selber bloß , indem Sie behaupten, dies wäre nicht so.

    • #2 wasgeht
      23. Juli 2015

      Die Frage des Transports habe ich im Posting beschrieben. Und für Schmierstoffe wird es immer genug Öl oder Ersatzstoffe geben.

      Uran ist ein normaler Bestandteil der Erdkruste und wird durch die chemischen Prozess beim Zerfall von organischem Gewebe etwas angereichert. Uran das sonst in wässriger Lösung wäre, wird dort sozusagen aufgehalten und in die feste Struktur mit eingebunden.

      Edit: Das passiert vor allem bei Phosphatdünger, der aus Sedimenten stammt.

      Das gleich passiert auch in Torf, in Mooren und so weiter.

      Ganz gut erklärt hier:
      https://earthscience.stackexchange.com/questions/4642/why-does-phosphate-rock-contain-uranium

  2. #3 Turi
    23. Juli 2015

    Kyhn: Nicht erschrecken, aber radioaktive Elemente kommen natürlich vor und sind somit überall zu finden. Nicht nur in Dünger, sondern auch im Trinkwasser und sogar in der Luft. Zum Beispiel das Edelgas Radon.
    Tatsächlich führt das sogar zu Problemen bei Passivhäusern. Diese sind so gut gedämmt, inklusive der Vermeidung von Lüften, dass das Radon, welches durch das Fundament eindringt, nicht mehr entweichen kann. In Gegenden mit hoher hoher Radon Belastung kann dies zu bedenklichen Belastung der Raumluft führen.

  3. #4 rolak
    23. Juli 2015

    Nicht erschrecken

    Es steht zu befürchten, daß dieser Appell wirkungslos bleibt, Turi.

  4. #5 Jason
    7. Oktober 2016

    Am Ende jeder dieser Rechnungen steht immer die Menge der aufgewändeten Energie gegenüber der Gesammtenergie auf die wir auf der Erde zugreifen können. Auch Strom muss erzeugt werden und wenn dieser zum Großteil aus Kalorischen Kraftwerken entsteht, wie aktuell der Fall ist, dann ist es egal ob Erdöl direkt oder indirekt dafür aufgewendet werden muss.