Das alte Persien, das wir heute Iran nennen, ist ein trockener Ort. Vom Westen des Landes abgesehen ist es geprägt von Wüsten und Halbwüsten, in denen wenig Regen fällt. (Entsprechend haben sich die Iraner so verzweifelt gegen den Überfall des Irak im Iran-Irak Krieg gewehrt. Es gab dort nicht nur Öl, sondern auch Regen.)

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“Map iran biotopes simplified-fr” by Fabienkhan – CC BY-SA 2.5-2.0-1.0

Aber auch in Gegenden in denen wenig Regen fällt, gibt es Wasser. Es ist nur nicht genug um Pflanzen wachsen zu lassen. Die Unterschiede zwischen Halbwüste und halbwegs brauchbarem Land für Ackerbau sind nicht so groß, wie man vermuten würde. 200mm Niederschlag sind die Grenze zwischen Wüste und Halbwüste, während man ab etwa 400mm Niederschlag (im langjährigen Durchschnitt) davon ausgeht, dass man Ackerbau betreiben kann.

Man braucht also nur einen Teil des Niederschlags einer größeren Fläche auf einer kleineren Fläche konzentrieren, wenn man Ackerbau betreiben will. Genau das kann man machen und die Natur hilft sogar dabei. Was man dazu braucht, sind Hügel und Berge. Davon hat man im Iran eine ganze Menge. Die Berge helfen auf zwei weisen. Erstens regnet es in Bergen etwas mehr als im Flachland. Warme, etwas feuchte Luft wird mit höherer, kälterer Luft vermischt. Dabei kondensiert Wasser aus und es regnet dort, wo das passiert.

Ein Teil des Wassers wird verdampfen, ein Teil wird in Form von Bächen und Flüssen abfließen und ein Teil versickert in der Erde. Das Wasser sickert aber nicht beliebig weit in die Tiefe, sondern nur bis zur ersten undurchlässigen Schicht. Über dieser Schicht bildet sich Grundwasser, das von dort langsam in Richtung Meer abfließt. An der Oberfläche sieht man davon nichts. Es sei denn, man baut einen Brunnen. Man gräbt ein Loch tief nach unten und kann dann mühevoll mit einem Eimer, einem Wassersack oder ähnlichem das Wasser aus der Tiefe nach oben bringen. Das mag in einer trockenen Gegend gut sein, um Reisende oder einzelne Haushalte mit Wasser zu versorgen. Aber es braucht viel Arbeit um an das Wasser zu kommen.

Beim Graben von Brunnen muss den alten Persern eine Idee gekommen sein. Man kann Brunnen nämlich nicht nur in die Tiefe graben, man kann auch in der Tiefe zur Seite graben wie in einem Bergwerk. Wenn man jetzt so einen Gang in eine Grundwasserführende Schicht hinein treibt, dann wird der sich mit Wasser füllen. Das bringt jetzt noch nicht viel. Aber man kann das Wasser auch abfließen lassen, bis es an die Oberfläche gelangt. Das nennt man dann ein Qanat.

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(Abbildung Samuel Bailey)

Dazu muss man einen Gang bis an die Oberfläche graben. Der Gang braucht dafür ein ständiges Gefälle, damit das Wasser hinaus fließen kann. Der Arbeitsaufwand für diesen Gang ist sehr groß und immer eine Gemeinschaftsarbeit. Dazu kommt noch die Unterhaltung des so entstanden unterirdischen Gangs, durch den ständig Wasser fließt.

Aber genau darin liegt auch der Vorteil. Anders als bei einem normalen Brunnen braucht man keine Arbeit mehr aufzuwenden um das Wasser aus dem Brunnen an die Oberfläche zu bringen. Auf lange Zeit lohnt sich das Anlegen eines Qanats also auf jeden Fall. Die Technik ist inzwischen sehr alt. Erste schriftliche Beschreibungen sind 2500 Jahre alt, aber die ersten Qanats dürften vor etwa 4000 Jahren gebaut worden sein und künstliche Oasen mitten in der Halbwüste geschaffen haben.

Kommentare (9)

  1. #1 Schlindwein
    24. Juli 2015

    Nur zur Orientierung sei angemerkt, dass der durchschnittliche Jahresniederschlag in Unterfranken bei Würzburg unter 500 mm liegt. Die Temperaturen sind natürlich andere.

    • #2 wasgeht
      24. Juli 2015

      Ja, in Ostdeutschland sind die Niederschläge ähnlich gering, besonders im Regenschatten von Harz und Thüringer Wald. 2003 hatten wir keine 380mm Niederschlag. In anderen Jahren, wie 2010, sind es deutlich über 800mm.

  2. #3 ADHSapiens
    24. Juli 2015

    …400m Niederschlag…
    Na platsch, da wachsen einem ja Schwimmhäute ;)

    • #4 wasgeht
      24. Juli 2015

      Nicht, wenn sich das über 1000 Jahre verteilt. ;)

  3. #5 dgbrt
    25. Juli 2015

    Vor 4000 Jahren waren die Vorfahren der Germanen wohl noch nähen an den Neandertalern als an den damals existierenden Hochkulturen im Süden (nicht nur in Europa).

    Wenn sich größere Kulturen entwickeln und Städte entstehen, dann geht das nicht ohne Erfindungen. Aber es ist schon beeindruckend, mit welch primitiven Mitteln die das damals geschafft haben. Faszinierend!

    • #6 wasgeht
      25. Juli 2015

      Was den ersten Absatz angeht: Wohl kaum. Ich werde dazu mal bloggen.

  4. #7 dgbrt
    25. Juli 2015

    @wasgeht:
    Zitat: “Wohl kaum. Ich werde dazu mal bloggen.”
    Ich werde es mit Vergnügen lesen.

    Ich habe sehr wohl “Vorfahren der Germanen” gesagt, also implizit z.B. Friesen gemeint. Größere Strukturen gab es da nicht.

    Ist alles sehr interessant, aber Städte gab vor 4.000 Jahren nur im Süden. Natürlich ist es auch korrekt, dass die Menschen in Nord-Europa nicht blöd waren. Stonehenge oder die Scheibe von Nebra zeigen das. Aber eine kollektive Leistung in der Dimension dieses Artikels hat dann doch wohl eher im Süden stattgefunden.

    • #8 wasgeht
      25. Juli 2015

      Ich habe es schon geschrieben – siehe neuester post.

  5. #9 Omnivor
    Am Nordpol von NRW
    25. Juli 2015

    “Beim Graben von Brunnen muss den alten Persern eine Idee gekommen sein.” Oder beim Bergbau. Die Zeichnung des Quanat erinnert mich an Wasserlösungsstollen.
    Aus dem heutigen Iran und Kasachstan kamen ja Kupfer und Zinn für die Hochkulturen an Euphrat und Tigris.