Virgin Galactic wurde 2003 berühmt mit dem SpaceShipOne, Gewinner des Ansari X Prize. Das erste nicht-staatliche Unternehmen, das einen Menschen zweimal innerhalb von zwei Wochen in den Weltraum und zurück brachte. Gemeint ist natürlich kein Flug um die Erde, sondern nur der Flug über die Karman Linie, die  als Grenze zum Weltraum bezeichnet wird.

Kaum hatte man den Preis gewonnen, kündigte man an auch Touristen in den Weltraum zu fliegen, für einen Preis von $200.000 pro Person. Dabei hat es letztes Jahr einen tödlichen Unfall gegeben. Inzwischen sind die meisten Fakten dazu bekannt geworden und in der aktuellen Folge des Countdown Podcasts habe ich unter anderem auch von dem Untersuchungsbericht zu diesem Unfall gesprochen. Dabei ist ein Prototyp des neuen SpaceShipTwo in der Luft zerbrochen. Der Pilot überlebte nur mit viel Glück, der Copilot starb. Eine ganze Reihe guter Quellen dazu wurden hier zusammengetragen. Überrascht hat mich nicht so sehr die Tatsache, dass es einen Unfall gab. Unfälle passieren. Aber die Art wie er zustande kam, machte mich doch einigermaßen sprachlos. Aber dazu später.

Explosion eines Lachgastanks

Denn der Unfall war nicht der erste tödliche Unfall bei Virgin Galactic. Bereits im Jahr 2007 starben 3 Menschen bei einem Test des Oxidatortanks des Raketentriebwerks. SpaceShipTwo wird von einem Hybridtriebwerk angetrieben. Das ist ein Raketentriebwerk, bei dem der eigentliche Brennstoff fest ist und nur der Oxidator flüssig. Als Oxidator verwendet Virgin Galactic man Lachgas und als Brennstoff kommen organische Verbindungen zum Einsatz. Damals war es noch eine gummiartige Verbindung, die auch Teil des Treibstoffs in normalen Feststoffraketen ist (Hydroxyl-terminiertes  Polybutadiene, kurz HTPB) später wurde es dann durch Polyamid ausgetauscht, es sind aber auch ganz andere Stoffe möglich. Hauptsache sie sind brennbar.

Lachgas ist im Vergleich zu anderen Oxidatoren ein sehr angenehmer Stoff. Vor allem ist es nicht übermäßig giftig. Deswegen benutzen ihn auch Amateure im Raketenbau. Lachgas ist unter Druck auch bei Zimmertemperatur flüssig, anders als etwa flüssiger Sauerstoff.

Der kritische Punkt von Lachgas liegt schon bei knapp 40 Grad. Wenn Lachgas diese Temperatur erreicht, ist es immer ein Gas – egal wie hoch der Druck ist. Als Gas hat es aber andere Eigenschaften. Wenn man eine Flüssigkeit aufheizt steigt zwar der Dampfdruck, aber es dehnt sich nicht die gesamte Flüssigkeit aus. Flüssigkeit kann auch fast nicht komprimiert werden, ein Gas hingegen schon. Wenn man ein Gas komprimiert, dann heizt es sich auf.

Das alles wäre nicht der Rede werde, hätte Lachgas nicht auch eine unangenehme Eigenschaft. Bei einer bestimmten Temperatur zerfällt es wieder in Stickstoff und Sauerstoff. Dabei wird Energie frei, es heizt sich auf und der Druck steigt. Denn aus zwei Molekülen Lachgas entstehen beim Zerfall jeweils zwei Moleküle Stickstoff und ein Molekül Sauerstoff. Einmal in Gang gesetzt, kann so in einem Gas eine Druckwelle entstehen. Wenn die Druckwelle in einem Stück Gas ankommt, dann wird das Gas dort komprimiert und heizt sich auf. Wenn es heiß genug ist, zerfällt es, es wird Energie und Gas frei und so trägt es noch weiter zur Druckwelle bei. Die setzt sich ins nächste Stück Lachgas fort, heizt auch das auf und so weiter.

Man nennt so einen Vorgang eine Explosion.

So lange Lachgas flüssig ist, ist es in der Tat recht harmlos. Aber wenn es den kritischen Punkt überschritten hat, muss man sehr genau wissen, was man tut. Dabei ist Lachgas ein schlechter Wärmeleiter. In kleinen Behältern mit ein paar Kilogramm Lachgas ist das kein Problem. Aber in großen Behältern kann es passieren, dass das Lachgas an unterschiedlichen Stellen sehr unterschiedliche Temperaturen hat. Es kann an einer Stelle überkritisch sein und an einer anderen noch flüssig. Flüssiges Lachgas kann zwar durch Druckwellen nicht komprimiert werden, aber es kann Druckwellen weiterleiten und gasförmige Teile komprimieren und aufheizen. Es dürfen auch keine brennbaren Stoffe in den Tanks sein und auch keine Stoffe, die die Zerfallsreaktion katalysieren können.

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Kommentare (1)

  1. #1 dgbrt
    3. August 2015

    Der Hüpfer über die Kármán-Linie lässt sich wohl am Besten mit einer Achterbahn vergleichen. Es gibt einen Kick, und dann ist auch schon wieder alles vorbei. Todesfälle sind in beiden Fällen zu verzeichnen.

    Die echten Weltraumtouristen sind mit einer Sojus zur ISS geflogen. Das war dann natürlich noch etwas teurer, aber eine Normalo kan sich sowieso beides nicht leisten. Da bleibt nur die Achterbahn oder das IMAX.