Eines der Phänomene der Computerspiele in den 1980er und 90er Jahre waren die Light Guns. Es gab sie für Nintendos NES genauso wie Segas Master System. Das waren Plastikpistolen, mit denen man Computerspiele auf Fernsehbildschirmen spielen konnte. Man konnte sie auf den Bildschirm richten und tatsächlich erschien genau dort das Fadenkreuz. Mit dem Feuerknopf konnte man auf alles ballern, was die Programmierer dem Spielsieg entgegen setzten.

Die Technik hinter diesem Spielzeug ist so faszinierend wie primitiv. Im Grunde bestand sie nur aus einem Linsensystem, einer lichtempfindlichen Diode und dem Feuerknopf. Die Diode ist ein Halbleiterelement, in dem sehr wenige Ladungsträger vorhanden sind. Man kann aber mit Licht für Ladungsträger sorgen. Wenn Photonen mit den Elektronenhüllen der Atome im Halbleiter interagieren, können sie die Elektronen vom Atomrumpf im Kristallgitter lösen. Die Elektronen können sich dann frei im Kristall bewegen und schon sinkt der elektrische Widerstand. Das ist alles was die Diode tun kann. Sie sagt: Jetzt ist es hell. Jetzt nicht.

Diese Diode allein kann natürlich überhaupt nichts darüber sagen, wohin man gerade die Pistole auf dem Bildschirm richtet. Sie sagt nur, ob das worauf man sie richtet gerade hell oder dunkel ist.

Diese Information reicht aber. Denn die Pistole ist ja nicht auf sich gestellt. Sie ist an die Spielekonsole angeschlossen und die sagt, was wann was auf den Bildschirm kommt. Damit so eine Spielkonsole ein Bild auf den Fernseher bringen kann, muss sie ein künstliches TV Signal erzeugen. Dafür gibt es natürlich einen eigenen Chip und der muss der CPU der Spielkonsole sagen, wenn er damit anfängt ein neues Bild auf den Schirm auszugeben.

Jetzt haben wir immerhin schon einmal ein Datenpaket. Wir wissen ganz genau, wann das Bild auf dem Bildschirm aufgebaut wird.

Wie passiert das? Der Videochip liest Pixel für Pixel den Videobuffer aus, schiebt das Signal in einen digital-analog Wandler und der erzeugt das nötige Signal um den Pixel in richtigen Helligkeit darzustellen. (Wir ignorieren einmal die Farbe und tun so, als wäre alles S/W.) Dann liest der Chip den nächsten Pixel aus, der rechts daneben auf dem Bildschirm erscheinen soll. Der Elektronenstrahl der Bildschirmröhre ist inzwischen auch ein Stück nach rechts gewandert und so wird das Signal für den nächsten Pixel ausgegeben und so weiter. Irgendwann kommt der Elektronenstrahl an den rechten Rand. Dann geht er (mit kurzer Verzögerung) ruckartig zurück zum linken Rand und das Spiel geht wieder von vorn los. Auf einem Pal Bildschirm passiert das 576 mal, bis das Bild komplett ist. Jede Sekunde werden 25 Bilder so aufgebaut.

Wir wissen jetzt ganz genau, wann welcher Pixel aufleuchtet. Man muss also nur noch warten, bis die Lichtdiode in der Pistole sagt: “Pling, es ist hell!”. Man muss dann nur noch herausfinden, welcher Pixel zu dem Zeitpunkt gerade aufgeleuchtet hat, als die Lichtdiode Pling gesagt hat. Genau dort kommt dann beim nächsten Bild das Fadenkreuz hin.

Auf diese Weise konnte man auch schon in den 80er Jahren eine Pistole für Computerspiele bauen, die ganz ohne Beschleunigungsmesser, bunte Bälle für besser Kameraerkennung und ähnliches auskam. Heute funktioniert die Sache allerdings nicht mehr, denn die flimmernden Kathodenstrahlröhren gehören heute der Vergangenheit an.

Kommentare (4)

  1. #1 BreitSide
    Beim Deich
    4. September 2015

    Was ich alles verpasst habe :seufz: :lol:

  2. #2 Turi
    4. September 2015

    Von AVGN gibt es dazu ein paar Videos.
    Ein Beispiel einer solchen Lightgun (ab 1:30) gibt es hier.
    https://cinemassacre.com/2008/05/14/nes-accessories/

  3. #3 Alderamin
    5. September 2015

    @Breitside

    Wir haben früher Tennis und Squash gespielt. In Schwarz-Weiß. Mit zwei Drehpotis konnte man die Schläger (zwei weiße Klotzgrafik-Balken) auf und abbewegen und der Ball (ein kleines Klotzgrafik-Quadrat) flog hin und her zwischen den Schlägern. Bei Squash waren die Schläger beide auf der linken Seite und rechts war eine reflektierende Wand. Mit einem Schiebeknopf konnte man die Geschwindigkeit regeln. 50 Mark.

    Danach kam ein Schachcomputer, dem man eine dreiviertel Stunde pro Zug Bedenkzeit geben musste, damit man ihn nicht völlig an die Wand spielte. Und 1981 (da war ich 17) kam der Apple ][, da ging’s dann richtig los mit den Spielen. Und so wurde ich Informatiker…

    • #4 BreitSide
      Beim Deich
      5. September 2015

      Tennis hab ich noch mitgekriegt. Und Breakout. War aber irgendwie nicht Meins. Die Kollegen am Institut haben dessen Bewegungsalgorithmen umprogrammiert. Auch mal von linear auf quadratisch, was es dann unspielbar machte ;-)

      Programmieren hat man uns noch mit Lochstreifen und Fernschreibern gelehrt, Fortran und Pascal. Das war elend; ein Zeichen falsch gesetzt…

      Die fertigen Lochstreifen mussten wir noch einem Operator geben. Dieser äußerst wichtige Mensch ließ die dann durchlaufen, und am nächsten Tag schon war der Ausdruck da…

      Wie haben wir die Leute mit den Lochkarten bewundert und beneidet!

      Das war aber schon nach WWII…