In der Raumfahrt wird derzeit versucht, leistungsstärkere und haltbarere elektrische Triebwerke zu entwickeln. Die alten Ansätze hatten damit so ihre Probleme. Die Resistojets sind kaum komplizierter als ein Wasserkocher und damit sehr haltbar, haben aber im Vergleich zu den anderen Triebwerken einen sehr niedrigen spezifischen Impuls. (Wenn auch etwa 50% effizienter als Hydrazintriebwerke, die sie manchmal auch heute noch ersetzen.) Die Arcjets arbeiten zwar auch mit Plasma, aber durch den direkten Kontakt des Plasmas mit den Elektroden verschleißen die sehr schnell. Das Plasma erlaubt höhere Temperaturen, aber der spezifische Impuls nur etwas mehr als doppelt so hoch wie bei herkömmlichen, chemischen Triebwerken.

Ein echter Durchbruch waren da die Ionentriebwerke, mit dem zehnfachen spezifischen Impuls der herkömmlichen Triebwerke. Allerdings ist ihr Schub im Vergleich zur Größe des Triebwerks recht klein. Außerdem ist die Haltbarkeit begrenzt, wegen der Erosion der Beschleunigungsgitter und der Kathoden zur Neutralisierung des Ionenstroms. Die Halleffekt-Ionentriebwerke konnten immerhin das Gitter durch ein Magnetfeld ersetzen und die Größe reduzieren. Sie werden aber auf einen bestimmten Schub hin optimiert und können nur mit großen Verlusten auf niedrigerer Leistung arbeiten.

Man ist also noch lange nicht wunschlos glücklich und so geht die Entwicklung von elektrischen Triebwerken weiter. Besonders wichtig ist die Verbesserung der Haltbarkeit. Die Raumsonde Dawn braucht gleich drei Ionentriebwerke, von denen immer nur eins benutzt wird, um ihre Mission erfüllen zu können.

Ein wichtiger Schritt um die Haltbarkeit zu verbessern, ist der Verzicht auf Elektroden zur Beschleunigung der Ionen. Um so weniger Teile eines Triebwerks mit dem heißen Plasma in Berührung kommen können oder müssen, um so besser ist es. Das ist aber ein Problem. Das elektrische Feld braucht man in den Ionentriebwerken sowohl für die Beschleunigung als auch um überhaupt den Treibstoff zu ionisieren.

Zum Glück gibt es auch andere Wege um Gase zu ionisieren. Ein Weg ist die Erzeugung von Plasma durch Induktion. Das funktioniert ganz ähnlich wie ein Induktionsherd. Man erzeugt mit Wechselstrom ein Magnetfeld im inneren einer Spule. Dabei entsteht ein kreisförmiges elektrisches Feld, das alle geladenen Teilchen in einer Kreisbahn beschleunigt. Jeder zufällig vorhandene freie Ladungsträger wird dann anfangen noch mehr Atome zu ionisieren. Die sind dann ihrerseits freie Ladungsträger und können noch mehr Atome ionisieren.

Man hat einen sehr effizienten Weg gefunden das zu tun. Dazu erzeugt man mit Gleichstrom ein Magnetfeld und überlagert es durch Radiowellen im Megahertzbereich (Die Frequenz von 13,56MHz wurde zu industriellen Zwecken freigegeben um möglichst keine anderen Radiosignale zu stören und wird hier verwendet). Das Gas absorbiert einen Teil der Radiowellen wie in einer Mikrowelle. Dabei wird es aufgeheizt und zu einem Plasma ionisiert. Durch die Form der Antenne kommt es dann zu Wechselwirkungen zwischen den Radiowellen und dem Plasma im Kilohertzbereich, ein sogenanntes Helicon. Dadurch wird das Plasma noch effizienter geheizt und das Helicon-Triebwerk, das darauf basiert, wurde danach benannt.

Nun hat man ein heißes Plasma in einem Magnetfeld. Stellt sich noch die Frage, wie das Plasma beschleunigt wird. Dazu braucht man wieder ein elektrisches Feld. Aber wollten wir das Plasma nicht ohne elektrisches Feld beschleunigen? Nicht ganz, wir wollten es ohne Elektroden beschleunigen. Für dieses elektrische Feld brauchen wir aber keine Elektroden.

Ein Plasma besteht bekanntlich aus sehr leichten Elektronen und schweren Ionen. Die Elektronen lassen sich wegen ihrer kleinen Masse viel leichter von Magnetfeldern beinflussen als die Ionen. Am Ausgang des Triebwerks lässt das Magnetfeld mangels vorhandener Magnetspule zwangsläufig nach. Im immer schwächer werdenen Magnetfeld erlangen die Ionen aber viel früher ein größeres Maß an Bewegungsfreiheit wieder, als die Elektronen. Die negativen Elektronen bleiben zunächst viel näher am Triebwerk als die positiv geladenen Ionen. Und da haben wir das elektrische Feld, was wir brauchen. Das negativ geladene Feld der Elektronen hinter dem Triebwerksausgang beschleunigt die Ionen und werden beim Durchfliegen der Elektronenwolke auch neutralisiert.

Das Resultat ist ein einfaches Triebwerk mit hohem spezifischen Impuls ohne Verschleißteile. Diese Helicon Triebwerke warten aber immernoch auf ihren ersten Einsatz.

Warum das so ist, und was ich beim schreiben dieses Artikels übersehen habe, kann man hier in der Korrektur dazu lesen.

 

Den Abschluss dieser Serie (die keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt) bilden dann die VASIMR Triebwerke, die das Helicon Triebwerk mit einigen Tricks aus der Entwicklung von Fusionsreaktoren verbessert.

Kommentare (4)

  1. #1 BreitSide
    Beim Deich
    9. September 2015

    Abo :-)

  2. #2 Steppl
    9. September 2015

    VASIMIR oder auch MOA sind schon richtig interessante Konzepte. Aber auch, wenn man es technisch gut hinbekommt, haben sie die gleichen Probleme, wie alle elektrischen Antriebe.
    Sie brauchen eine externe Energiequelle, weil die Stützmasse im Gegensatz zum Treibstoff chemischer Antriebe diese nicht gleich mitbringt. Und vor allem, die Energie steigt quadratisch mit der Geschwindigkeit an, der Impuls nur linear. Der Aufwand steigt also deutlich schneller als das Ergebnis.
    Deswegen haben SciFi-Raumschiffe wohl alle Fusionsreaktoren an Bord, so weit sind wir aber noch lange nicht (Lockheed mal außer Betracht gelassen).

    • #3 wasgeht
      9. September 2015

      Ja. Das habe ich aber schon (gefühlt) hundertmal geschrieben und deswegen nicht nochmal erwähnt.

  3. […] Helicon Plasmatriebwerke – Mach mich heiß, aber fass mich nicht an […]