Es ist bald soweit, die Formel E geht in ihre zweite Saison. Wer den Blog schon eine Weile gelesen hat, der weiß, dass ich dazu ein durchaus gespaltenes Verhältnis habe. Eins muss klar sein, ich hätte nie auch nur einziges Rennen gesehen, wenn ich kein Interesse daran gehabt hätte und keine Hoffnungen damit verbunden hätte. Ich würde auch diesen Artikel nicht schreiben, wenn das nicht immernoch so wäre.

In der zweiten Saison gibt es einige Änderungen.

Die wichtigste Änderung hat nichts mit den Regeln oder dem Sport an sich zu tun. Die Rennen werden jetzt live auf Eurosport im deutschen TV übertragen, nicht mehr nur im PayTV. Immerhin muss man so nicht mehr den englischen Kommentar ertragen, der wohl direkt der Frühstücksradiovorhölle entsprungen war.

Neu ist auch, dass die Autos im Rennen nun immerhin 170kW Leistung abrufen können. Das war ein überfälliger Schritt, allein schon weil in der ersten Saison immer wieder Autos mit viel Restenergie in der Batterie ins Ziel kamen, die sie zu keinem Zeitpunkt mehr nutzen konnten. Eigentlich sollte das Energiesparen den Fahrern gegen Ende des Rennens einen Vorteil bringen. Aber in der Praxis war die Motorleistung auf 150kW begrenzt und die Fahrer konnten nicht genug von dem möglichen Leistungsüberschuss nutzen, um daraus einen Vorteil zu ziehen. Die Erhöhung der Grenze auf 170kW sollte das etwas einfacher machen.

Man wird aber das Gefühl nicht los, dass die 170kW Grenze nur deswegen gilt, weil man nur so noch den 30kW Fanboost mit den 200kW Motoren realisieren kann. Wer den bekommt, wird jetzt übrigens während des Rennens gewählt, womit der Sport noch mehr leidet als ohnehin schon.

Egal ob 150kW oder 170kW – das Leistungsgewicht der Autos liegt damit im Rennen trotzdem noch unter dem eines Formel 4 Autos, der absoluten Einsteigerklasse bei den Monoposto Autos, für Jugendliche ab 15 Jahre. In der Beziehung darf man gespannt sein, wie sich die Formel E Autos auf der Stadtstrecke von Pau in den Pyrenäen verhalten werden. Dort fährt auch jedes Jahr die Formel 3 eines der prestigeträchtigsten Rennen der Saison. Das setzt natürlich voraus, dass man in der Formel E die gleiche Strecke fährt und nicht die Grandprix Strecke abkürzt, wie in Monaco.

Keine Änderungen gab es beim Chassis, den Batterien oder den Reifen. Besonders bei den Reifen ist das ärgerlich, denn die Profilreifen haben weniger Grip als Slicks und erlauben so nicht die gleichen Kurvengeschwindigkeiten wie in anderen Rennserien vergleichbarer Autos. Zusammen mit dem hohen Gewicht sind die Autos insgesamt eher behäbig. Darüber hatte ich vor einiger Zeit auch einmal mit einem langjährigen Kartfahrer und Rennsportenthusiasten gesprochen, der sich ein Rennen in Berlin vor Ort angeschaut hat. Auch wenn man von solchen Problemen in öffentlichen Verlautbarungen überhaupt nichts wissen will.

Anders als in der letzten Saison darf der Antriebsstrang nun von jedem Team selbst entwickelt werden, was schon im Test zu deutlichen Unterschieden geführt hat. Man darf gespannt sein, wie sich diese Unterschiede im Lauf der Saison auswirken und entwickeln. Viele der wesentlichen Probleme der Serie ist man damit leider nicht angegangen. Insbesondere die Batteriekapazität ist ein echter Flaschenhals. Ein Sprintrennen ohne Autowechsel würde der Serie ebenso gut tun, wie die Möglichkeit die Batterie an der Box aufzuladen, aber noch nicht einmal das wird es geben.

Dennoch ist es gut möglich, dass die Rennen in dieser Saison an Spannung gewinnen, besonders wenn einige Autos gegen Rennende mehr Leistung zur Verfügung haben sollten als andere. Ich werde sie jedenfalls wieder anschauen und hoffe auf das Beste.

Kommentare (8)

  1. #1 BreitSide
    Beim Deich
    7. Oktober 2015

    Renn”sport” ist bei mir seit Jahren “unten durch”, nur die Nostalgie-Beiträge über meine “Helden” der Vergangenheit faszinieren mich noch, als Rennsport noch umweltunschuldig war (jedenfalls in meinem jungen Hirn…).

    E-Rennsport röhrt und stinkt halt weniger und zieht hoffentlich viele Menschen in den Bann der umweltfreundlichen Individualmobilität, die dem Renngedanken noch nachhängen.

    Würde mich mal interessieren, wie da so die Geräuschkulisse ist: Wird da der “fehlende” Motorsound durch Lautsprecherlärm “ersetzt”? Wie laut quietschen die Reifen?

    Zu den Regeln: ich frage mich auch, was das Ziel der Veranstaltung ist. Soll der Stinkermotorsport imitiert werden? Ein Gegengewicht gesetzt werden? Dann sollte allerdings das Leistungsgewicht tatsächlich besser werden. Und die Reifen :roll:

    Die “extra Power nach Zuschauergunst” finde ich absolut skurril. Vielleicht kann Jemand mal erklären, was da das Ziel sein soll.

    Insgesamt scheint es mir ein wenig wie die Quadratur des Kreises zu sein, gegen den fossilen Motorsport anzustinken(!). Dessen Vorteil der höheren Energiedichte ist nach heutigen Erkenntnissen nie zu erreichen (ok, vielleicht anno 2.100…).

    Aber vielleicht können die Vorteile der eMobilität trotzdem Kreise ziehen. Obwohl gerade der Lärm ja anscheinend eher als anziehend erfahren wird… :roll: Und der Spritgestank scheint ja auch für Einige ein Wunschduft zu sein.

    Bin gespannt auf weitere Kommentare :-)

    • #2 wasgeht
      8. Oktober 2015

      Die Geräuschkulisse wird vor allem durch die Getriebe und die Reifengeräusche bestimmt.

      Wobei ich sagen muss, dass mich als reiner Fernsehschauer die Geräuschkulisse nie sonderlich interessiert hat. Gerade die Diskussion in der letzten Saison, als die deutlich leiseren Turbomotoren eingeführt wurden, konnte ich kaum nachvollziehen.

      Zur Zeit bietet jedenfalls die Formel E noch lange nicht den gleichen Unterhaltungswert wie andere Rennserien. Das mag aber noch kommen und hängt vielleicht auch gar nicht so sehr mit der Technik zusammen, als der Art wie sie verwendet wird.

  2. #3 dgbrt
    7. Oktober 2015

    Niki Lauda, als er das Ende seiner Rennfahrerkarriere bekanntgab:
    “Ich habe keine Lust mehr, ständig im Kreis herum zu fahren.”

    • #4 BreitSide
      Beim Deich
      7. Oktober 2015

      @dgbrt: Meines Wissens war das ziemlich direkt nach seinem Unfall. Danach kam er wieder zurück zur Kreiselfahrerei – nicht ganz ohne Erfolg.

      Ehrlich gesagt kann man den Spruch auch auf jeden anderen Sport beziehen. Er hatte mir nur damals genau in den Kram gepasst mit meiner Abneigung gegen die stinkenden Raser.

  3. #5 Alderamin
    9. Oktober 2015

    @Breitside

    ich frage mich auch, was das Ziel der Veranstaltung ist.

    Wie ich in einem anderen Artikel zur Formel E schon spekuliert hatte, sehe ich zwei Gründe: erstens als Entwicklungsplattform für neue Technologien. So ein Wettbewerb schafft ein wenig Druck und kann bei den Herstellern gewisse Budgets zugänglich machen. Und das aus dem zweiten Grund: Publicity für die eigene Marke und die E-Fahrzeug-Technologie, die damit ein sportlicheres Image bekommen soll. Aus dem selben Grund sponsort Mercedes die Formel 1 und die DTM. Just seitdem sie das tun, wirken die Fahrzeuge sportlicher und jünger, man versucht offenbar z.B. mit der neuen A-Klasse und insbesondere dem CLA vom Image der behäbigen Nobelkarosse wegzukommen, und unterstützt dies mit dem Engagement im Rennsport.

  4. #6 Alderamin
    9. Oktober 2015

    @Frank

    Ein Sprintrennen ohne Autowechsel würde der Serie ebenso gut tun, wie die Möglichkeit die Batterie an der Box aufzuladen

    Ist eigenlich noch niemand auf die Idee gekommen, die Batterieflüssigkeit auszutauschen bzw. einen großen Vorratsbehälter dafür einzurichten? Klar, nicht alle Batterietypen haben eine solche, aber bei denen, die sie haben, wäre das die schnellste Möglichkeit, die Batterie auf Kapazität zu bringen. Könnte man sich auch an der Tankstelle vorstellen, die die Flüssigkeit dann wieder aufladen könnte. Geht da nicht was?

    • #7 wasgeht
      9. Oktober 2015

      Nennt sich Redox Flow Batterien. Aber ich hab im Gedächtnis, das die Flüssigkeiten weder billig noch auch nur im Ansatz umweltfreundlich sind. Muss mir bei Gelegenheit mal genauer anschauen.

      • #8 BreitSide
        Beim Deich
        9. Oktober 2015

        Nach meinem Kenntnisstand sind die Flüssigkeiten nicht so besonders schädlich. Man denkt ja auch an einen Einsatz in der Breite, eben in eAutos. Mit dem Vorteil des schnelleren “Tankens”.

        Die Energiedichte scheint nicht so toll zu sein: https://de.wikipedia.org/wiki/Redox-Flow-Batterie

        Da wäre es wahrscheinlich schneller, wenn man die Better-Place-Wechseltechnik schneller machen würde.