Durch einen Softwarefehler versuchten die drei steuerbaren Feststoffbooster eine 4Hz Eigenschwingung in der Rotation auszugleichen, für die sie selbst verantwortlich waren. Das taten sie so lange, bis den Schwenkdüsen die Hydraulikflüssigkeit ausging und die Düsen in der letzten Position hängen blieben. Zwei davon im Vollausschlag. Die Schwingung hörte sofort auf. Aber die Steuerdüsen der ersten Stufe versuchten vergeblich, gegen die Übermacht der Feststoffbooster anzukommen, die die Rakete in die falsche Richtung steuern wollten. Und so zerbrach die Rakete.

Die Eigenschwingung wurde wohl durch die neue Masseverteilung und insgesamt andere Geometrie der Rakete verursacht. Bei der Unfallauswertung stellte man auch fest, dass man sie hätte finden können, wenn man zuvor danach gesucht hätte. Aber man ging davon aus, dass sich die Delta III im wesentlichen wie der Vorgänger verhalten würde und prüfte es nicht nach.

Der Softwarefehler wurde korrigiert – man wies die Steuerung an alle Schwingungsmoden mit 4Hz zu ignorieren – und der zweite Flug stand an. Wieder mit einer bezahlten und versicherten Nutzlast. Deren Kunde wird sich nicht sonderlich über die Versicherungsprämie gefreut haben, die er bekam, nachdem die zweite Stufe beim Neustart wegen einem Triebwerksfehler explodierte.

Beim dritten Start besann man sich schließlich auf die gute alte Tradition der Testnutzlast für den ersten Start einer neuen Rakete. Die erreichte beim dritten Flug auch endlich den Orbit. Es flog danach nie wieder eine Delta III.

Die größeren Booster der Delta III wurden an die Delta II angepasst, die damit eine 10% höhere Nutzlast hatte und damit Delta II Heavy hieß. Die größere Oberstufe der Delta III wurde für die Delta IV weiter benutzt. Sie soll auch noch in den ersten Flügen des Block 1 der SLS zum Einsatz kommen.

Heute befinden sich noch 2 oder 3 Delta II Raketen auf Lager, von denen noch wenigstens eine zum Einsatz kommen wird. Die “normale” Delta IV soll wegen der hohen Startpreise komplett eingestellt werden und die Delta IV Heavy dürfte etwas später durch die Vulcan und Falcon Heavy abgelöst werden. Die Vulcan soll aber auch noch die gleiche Oberstufe wie die Delta III verwenden, bis auch sie durch eine neue Oberstufe “ACES” abgelöst werden soll. (Durch welches Triebwerk genau ist noch nicht entschieden.)

Und so scheint es als würden irgendwann in den nächsten 10 Jahren die letzten der untoten Überreste der Delta III zur Ruhe gebettet werden.

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Kommentare (2)

  1. #1 Peter Köhler
    1. November 2015

    Danke für den schönen Bericht! Ich bin überrascht, wie viele Konstruktionen und Bauteile über Jahrzehnte immer wieder verwendet werden.

    Nebenbei: https://www.spacelaunchreport.com/thorh13.html schreibt, der dickere Teil sei der Kerosintank.

    • #2 wasgeht
      1. November 2015

      Stimmt. War mir da sicher (böse Falle!). Hätte ich noch mal nachlesen sollen.