Jagdish Narayan und Anagh Bhaumik ist an der North Carolina State University ein faszinierendes Experiment gelungen. Sie haben aus einem Kohlenstofffilm mit einem Laser bei Zimmertemperatur an der freien Luft Diamanten erzeugt. Mit einer Größe von etwas weniger als einem Mikrometer sind sie für den Verlobungsring allerdings noch nicht ganz geeignet.

(Diese Meldung ist vorhin auch auf golem.de erschienen.)

Es klingt eigentlich ganz einfach. Die Forscher haben eine Saphirfläche mit dünnen Schichten aus Kohlenstoff bedampft, nur etwa 50 bis 500nm dick. Dabei entsteht zunächst amorpher Kohlenstoff. Ein Teil der Atome ist mit drei anderen Atomen verbunden, wie in Graphit, der Rest ist mit vier Atomen verbunden, wie im Diamant. Die Forscher haben auch Versuche mit andere Oberflächen gemacht, aber Saphir brachte einen höheren Anteil der 4-Atom-Verbindungen. Im Anschluss benutzten sie 20 Nanosekunden lange Laserpulse aus einem Argon-Fluor Laser um die Kohlenstoffschicht auf knapp 4000 Kelvin zu erhitzen und für kurze Zeit zum Schmelzen zu bringen. Beim Abkühlen entstanden Diamanten.

Es klingt einfacher als es ist. Denn eigentlich sollte Kohlenstoff bei 4000 Kelvin nicht schmelzen, schon gar nicht bei normalem Luftdruck. Vielmehr sollte er bei 5000 Kelvin direkt verdampfen und davor nie flüssig werden. Aber aus Forschung an Silizium und Germanium war bekannt, dass diese unterkühlte Zustände haben. Also ein Zustand so ähnlich wie reines Wasser, das im Tiefkühlschrank noch flüssig ist und beim herausnehmen plötzlich auskristallisiert.

Genau diesen Zustand konnten die Forscher mit dem Laser erreichen. Nach einigen Versuchen entstand eine Kohlenstoffschmelze, die eigentlich viel zu kalt ist, um flüssig zu sein. Dieser Zustand ist instabil und wird, wie beim Wasser, zu einem stabileren (festen) Zustand. Dabei ist es dem Kohlenstoff erst einmal egal, ob das Graphit oder Diamant ist, hauptsache fest. Wenn jetzt noch ein Kristallisationskeim dazu kommt, entsteht Diamant. Einen solcher Keim findet sich hauptsächlich dann, wenn in dem Kohlenstofffilm schon zuvor möglichst viele Kohlenstoffatome mit vier anderen Kohlenstoffatomen verbunden waren. Ein solcher Keim sieht so aus:

diamant

Mit einer Energiedichte von 0,5 Joule pro Quadratzentimeter entstanden nach einem einzelnen Laserpuls Diamenten mit einer Größe von wenigen Nanometern. Aber schon mit 0,6 J/cm² blieb diesen kleinen Kristallen genug Zeit auf eine Größe von einigen hundert Nanometern zu wachsen. Sie bedecken dann die gesamte Oberfläche mit einer dünnen Schicht aus Diamant. (a: Einzelne Diamanten, b: eine geschlossene Diamentenschicht, mit mehr Energie, c: Zeigt fadenförmige Filamente, aus denen die Diamantkristalle beim Abkühlen entstehen)

diamant2

Wo genau die Grenzen dieses Prozesses liegen, haben die Forscher noch nicht geschrieben. Auch über die Haltbarkeit der Schichten war noch nichts zu lesen. Aber weil die Laserpulse so kurz sind, wird nur der Kohlenstoff und nicht das Substrat darunter erhitzt. Wenn es in Zukunft gelingen sollte passende Kohlenstofffilme auf andere Materialien aufzubringen, dann könnte der Prozess sogar wärmeempfindliches Plastik mit einer Schicht aus Diamant überziehen. Die genaue Anwendung ist derzeit reine Spekulation. Neben den bekannten mechanischen Eigenschaften könnten solche Diamantschichten zum Beispiel auch neue katalytische Eigenschaften haben.

Kommentare (6)

  1. #1 DasKleineTeilchen
    2. Dezember 2015

    wow. just wow.

  2. #2 Lercherl
    3. Dezember 2015

    Wie sehen nicht fadenförmige Filamente aus?

    • #3 wasgeht
      3. Dezember 2015

      Na jedenfalls nicht wie ein Faden. ;)

      Ok, immerhin ist die DNA ein helixförmiges Filament und wenn du mich hier noch ein wenig herumstottern lässt, finde ich bistimmt auch noch ein paar andere Ausreden für diese dämliche Formulierung!

  3. #4 Turi
    3. Dezember 2015

    Viel interessanter ist was diese Forschungsgruppe wohl aus versehen bei der Entwicklung dieses Verfahrens hergestellt hat. Das Paper dafür ist jetzt endlich mit einigen Tagen Verspätung zugänglich, leider nicht für alle (Wissenschaftsverlage gehören alle zerschlagen …). https://scitation.aip.org/content/aip/journal/jap/118/21/10.1063/1.4936595

    Es sich bei dieser Entdeckung um Q-Carbon, einer von Diamant und Graphit fundamental unterschiedlichen Konfiguration von Kohlenstoff. Q-Carbon ist eine “festgefrorene” Zwischenstufe der Herstellung von Diamant nach obigen Verfahren. Wenn der unterkühlte flüssige Kohlenstoff rasant abgekühlt wird (Quenching), entsteht Q-Carbon welcher Eigenschaften der flüssigen Phase behält.

    Q-Carbon ist Ferromagnetisch (bisher unbekannt für festen Kohlenstoff) und härter als Diamant. (bis auf eine Ausnahme völlig unbekannt). Es hat außerdem eine sehr niedrige Workfunction, lässt also gerne Elektronen entweichen und ist sehr gut elektrisch Leitfähig.

    Das Material ist noch nicht besonders gut untersucht, vor allem im Bezug auf seine Langzeitstabilität. Aus dem Paper lässt sich aber erahnen, das Q-Carbon sich sehr bereitwillig zu Diamant weiter verwandelt. Ich bin sehr gespannt wie sich das in der Zunkunft entwickelt.

    • #5 wasgeht
      3. Dezember 2015

      Danke. Davon hatte ich auch gelesen (und de facto kommt das Q-Carbon ja auch vor – auf der einen Aufnahme mit dem Filament), aber eben nicht das Paper gehabt und ohne das wollte ich nichts dazu schreiben. Denn Pressemeldungen und Zeitungsartikel ohne konkrete Quellenangaben sind eben doch nur hören-sagen.

  4. #6 Turi
    3. Dezember 2015

    Kann ich gut verstehen. Ich habe davon auch am Dienstag erfahren und hab ich geärgert, dass das Paper noch nicht draußen war. So gab es nämlich nur die Presseerklärung als Information. Und das ist viel zu unzuverlässig.