Heute wird mir mein “Video am Freitag” von den aktuellen Geschehnissen förmlich in den Schoß gelegt. Es ist eine Handyaufnahme von dem Unwetter, das am Donnerstag (Ortszeit) über New York zog, von dem anfangs behauptet wurde, es war der “Sturm aus dem Nichts”:

Handyvideo des aufkommenden Unwetters über dem New Yorker Stadtteil Brooklyn am 16.09.2010

Wie entstand der Sturm?

“Aus dem Nichts” sind Orkanböen von bis zu 130 km/h aufgetreten, haben Bäume entwurzelt und sogar Trucks auf die Straße geweht. Sieht man sich das Video an, so wird klar, dass die Böen mit den Gewittern in Zusammenhang hängen müssen. Ein Blick auf die Radarbilder zeigt dabei auch deutlich die Struktur einer so genannten squall line. Was ist das?

Es handelt sich dabei um eine linienhafte Anordnung von Gewitterzellen, die sich in ihrer Dynamik quasi gegenseitig am Leben halten. Sie entstehen am Rand großflächiger Abwindbereiche. Dabei erkennt man diese linienhaft angeordneten Gewitter auf dem Niederschlagsradar anhand eines Bogenechos, so wie auch in New York zu sehen war. Die folgende Abbildung zeigt die typische Evolution einer solchen squall line:

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Typische Entwicklung von einem Radarbild eines Gewitters (a) in ein Bogenecho (b, c) und ein Komma-Echo (d). Die gestrichelte Linie zeigt die Achse mit dem größten Potenzial für extreme Fallböen (Downbursts) an. Rotationen treten in Punkt C gegen den Uhrzeigersinn und in Punkt A mit dem Uhrzeigersinn (Nordhemisphäre) auf. Hier herrscht die höchste Tornado-Wahrscheinlichkeit.

Bei solch einer Linie folgen also zuerst die Fallböen auf der Abwindseite der Gewitterlinie, die – wie hier zu sehen – extrem ausfallen können. Danach eine 10-20 km breite Zone mit extremen Niederschlägen, gefolgt nach einer Pause von gleichmäßigem Regen. Die extremen Böen unterstehen unter anderem dadurch, dass die Niederschlagspartikel (Regentropfen, Hagel) durch die Wolke immer wieder nach oben und unten befördert werden.

Auf dem Weg nach unten ziehen sie zum einen kühlere Luft durch Reibung mit sich, zum anderen wird auch ungesättigte Luft mit einbezogen (mit geringerer Luftfeuchtigkeit). Dadurch kann der Niederschlag besser verdunsten, die Luft kühlt stärker ab, hat dadurch eine höhere Dichte und fördert die Abwärtsbeschleunigung zusätzlich. Hier noch ein Bild aus New York:

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Vom Sturm gefällter mächtiger Baum in New York am 16.09.2010, fotografiert von Jim. Bestimmte Rechte vorbehalten.

Kommentare (5)

  1. #1 Christian
    September 17, 2010

    Danke für diesen interessanten Eintrag! Besuche diesen Blog jetzt häufiger!

  2. #2 Frank Abel
    September 17, 2010

    Hallo Christian,

    freut mich. Ich hoffe, dass es auch hilft. Mehr als ein Mal die Woche zu posten ist momentan leider nicht möglich. Trotzdem hilft natürlich die wöchentliche Treue sehr.

    Schönes Wochenende wünscht
    Frank

  3. #3 Ender
    September 18, 2010

    Faszinierend, wie schnell so ein Gewitter wandern kann.

  4. #4 Gunnar Innerhofer
    September 21, 2010

    Hallo Frank,

    genau so ist es, “aus dem Nichts”, was für ein Quatsch.

    Weißt du was über die forecasts tags davor? Waren zu mindest Gewitter wahrscheinlich od. wurden die US Meteos wirklich ein bisschen überrascht?
    Gibt´s ja bei uns auch, zB. eine recht satte Subsidenzinversion und somit entsprechend stabile Indizes und nur an einer Stelle wird die Inversion aus Gründen auch immer doch durchbrochen und dort geht´s dann richtig ab.

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