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Treffen sich vier Blogger auf einer Podiumsdiskussion zu Wissenschaftsjournalismus & Neue Medien. Was wie ein Witz anfängt, hätte vor drei Jahren noch mit einer Generalabrechnung der “New Kids on the Blog” mit dem traditionellen Wisseschaftsjournalismus in großen Medien enden können. Nichts dergleichen ist vorvergangene Woche bei der Diskussionsrunde im Senckenbergmuseum in Frankfurt passiert. Lag das lag daran, dass Wissenschaftsblogs an Bedeutung verlieren und schon scheintot unter der Wahrnehmungsgrenze dahinvegetieren?


Wenn man meine derzeitige (nicht vorhandene) Blogaktivität stellvertretend für eine generelle Blogmüdigkeit betrachtet und weiter feststellt, dass andere Kommunikationskanäle wie Twitter und Facebook den Blogs Inhalte und Publikum abgraben, könnte man zu diesem pessimistischen Schluss kommen. Dass dem nicht so ist, konnte in der von der Wissenschaftspressekonferenz initiierten Diskussionsrunde in Frankfurt vor allem aus Mangel an Diskussionszeit nur andeutungsweise behandelt werden.

Blogs als Medium zur Wissenschaftskommunikation sind erwachsen geworden und thematisch weit ausdifferenziert. Die kritische Aufarbeitung des etablierten Wissenschaftsjournalismus, ein Leitmotiv der Diskussionsrunde in Frankfurt, ist dabei nur eine Facette der thematischen Bandbreite von Wissenschaftsblogs; eine Facette, die mittlerweile professionalisiert wurde. Der Medien-Doktor, eine Projekt von Journalist und Blogger Marcus Anhäuser und Holger Wormer vom Lehrstuhl Wissenschaftsjounralismus der Universität Dortmund beurteilt die Qualität wissenschaftsjournalistische Beiträge in den Medien anhand eines transparenten Punktesystems.

Im Gegensatz zu Journalisten, sind Blogger vollkommen frei in der Wahl der Inhalte und des Stils ihrer Artikel. Das Blogformat wird deshalb von Journalisten, wie Alexander Stirn, auch als Experimentierfeld geschätzt. Eine redaktionelle Einflussnahme gibt es nicht und auch keine Deadlines. Die inhaltliche Kontrolle und Bewertung der Artikel findet in den Kommentaren statt – mal mehr mal weniger.

Die größten deutschsprachigen Wissenschaftsblogs sind in Form von Netzwerken organisiert. Es gibt Blogs mit journalistischem Anspruch und es gibt Wissenschafts-Fan-Blogs in denen einfach alles cool ist. Es gibt Blogs die sich der Kritik des Wissenschaftsbetriebs verschrieben haben und es gibt Blogs von Wissenschaftlern innerhalb dieses Systems, in dem um Fördergelder und die Gunst der Gutachter gekämpft wird. Es gibt Blogs von Wissenschaftsjournalisten, es gibt PR-Blogs von Forschungsinstituten und Konferenzen werden von akkreditierten Bloggern begleitet.

Es gibt über Jahre erfolgreiche Wissenschaftsblogger, die mittlerweile auch Bücher schreiben und es gibt lange etablierte Blogs, die pausieren oder ganz von der Bildfläche verschwinden. Es gibt Blogs, die ausschließlich über wissenschaftliche Publikationen schreiben und es gibt Blogs von Wissenschaftlern, die gerne über Schuhe schreiben. Es gibt Wissenschaftsblogs, die für alle verständlich erklären wollen und es gibt Wissenschaftsblogs, die nur für Wissenschaftler selbst verständlich sind (wer die hier unten eingebundenen gifs versteht muss Molekularbiologe sein).

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When my undergrad turns all my samples into bubbles.

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Working under the hood

Es gib verschiedene Gründe, die zum Bloggen motivieren. Sei es der Spaß am schreiben, die Freude an dem direkten Austausch in den Kommentaren, die Funktion von Blogs als Frustventil oder die eigene Vermarktung im Web. Finanzielle Gründe gehören mit Sicherheit nicht dazu, denn Geld lässt sich mit Wissenschaftsblogs nur unzureichend und nur in Ausnahmefällen verdienen.

Eines jedoch haben alle Wissenschaftsblogs gemeinsam. Ob gewollt oder nicht, kommunizieren alle diese Blogs Wissenschaft. Und wie man lesen kann, wenn man den Links im Text folgt, ist Wissenschaftskommunikation mehr als das, was von Journalisten geschrieben und von Redakteuren aufbereitet in den entsprechenden Sektionen der großen online-Medien erscheint.

Foto oben: Marc Scheloske, Annette Leßmöllmann, ich und Alexander Stirn bei der Podiumsdiskussion zum Thema Wissenschaftsjournalismus & Neue Medien bei der Senckenberg-Convention “Exhibit Nature & Explain Science Anfang Juni 2012. Foto von Sven Tränkner, Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung.
Mehr zu der Veranstaltung in Frankfurt von Rainer Korbmann und Ernst Peter Fischer.

Kommentare (6)

  1. #1 Florian Freistetter
    18. Juni 2012

    “es gibt Wissenschafts-Fan-Blogs in denen einfach alles cool ist.”

    Abgesehen von den Dingen, die nicht cool sind und über die ich dann auch blogge – z.B. Pseudowissenschaft, Wissenschaftpolitik, Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft, etc…

  2. #2 BreitSide
    18. Juni 2012

    Etwas OT, aber hier was, was Blogs offensichtlich erreichen können:

    Mehrfach wurde in den Medien und der Blogger-Szene kritisiert, dass dort im Rahmen des Masterstudienganges “Kulturwissenschaften – Komplementäre Medizin” pseudowissenschaftliche und esoterische Verfahren wie etwa Biologische Medizin, Ayurveda, Systemaufstellung oder Homöopathie gelehrt werden.

    https://www.sueddeutsche.de/wissen/europa-universitaet-viadrina-esoterik-institut-vor-dem-aus-1.1385891

    Na also, geht anscheinend doch!

  3. #3 WeiterGen
    19. Juni 2012

    Breitseite,
    nur verlinkt werden die Blogs immer noch nicht.

  4. #4 BreitSide
    19. Juni 2012

    Muss dann halt einer mal machen…

  5. #5 Dr. Webbaer
    23. Juni 2012

    Und wie man lesen kann, wenn man den Links im Text folgt, ist Wissenschaftskommunikation mehr als das, was von Journalisten geschrieben und von Redakteuren aufbereitet in den entsprechenden Sektionen der großen online-Medien erscheint.

    Offensichtlich.

    BTW, der Link mit dem “einfach cool” funktioniert nicht, vermutlich nur temporär nicht, gell?

    MFG
    Dr. Webbaer (der ganz am Rande noch darauf verweist, dass der professionelle Journalismus Blogger nicht so super-gerne hat und auch schon mal disst)

  6. #6 BreitSide
    23. Juni 2012

    Muahaha! Wer vom Titelgeilen gedisst wird, lässt sich beim ersten Mal vielleicht von der geschraubten Pseudohochsprache und dem kranken 3.-Person-Geschreibe samt Intelligenz vortäuschender Selbstreferenzen täuschen.

    Nach kurzer Zeit erkennt er aber den braun-misogyn-antiwissenschaftlich-reaktionären Kern des falschen WebPetzDocs.

    Soviel zum Versuch des WebBarsches, sich selbst Zucker in den Allerwertesten zu blasen.