Auf den Satz habe ich gewartet. “Eine Wolke, die wir nicht sehen, kann so gefährlich nicht sein.” Es ist wieder die FAZ, die uns diesen Unsinn als Überschrift im Feuilleton vorsetzt, weil man dort Angst vor den Computertechnologien hat und die Simulationen der letzten Tage ablehnt. Die Redaktion lässt nun einen “Chef der Lüfte” auftreten, und der sagt in der Ausgabe vom 21.04.10 (S. 31) wörtlich: “Eine Wolke, die wir nicht sehen, kann so bedrohlich nicht sein.” Genau: Strahlen, die wir nicht sehen – Röntgenstrahlen oder Gammastrahlen zum Beispiel -, können so gefährlich nicht sein. Gase, die wir nicht sehen – Blausäure oder Kohlenmonoxid -, können so gefährlich nicht sein. Das kann nur lustig werden.

Kommentare (10)

  1. #1 Thilo Kuessner
    April 21, 2010

    Das ganze Interview ist auf https://www.faz.net/s/Rub7F4BEE0E0C39429A8565089709B70C44/Doc~E124C54F566DB4423A0D4382BFC16F317~ATpl~Ecommon~Scontent.html
    Interessieren würde mich mal, abgesehen von der Sicherheits-Frage, wie hoch die Kosten wären, wenn (viele) Triebwerke wegen Beschädigungen durch Flugasche ausgewechselt werden müssen. Auch das wären doch bestimmt hohe Milionen-Beträge?

  2. #2 G.J.
    April 21, 2010

    Nicht zu vergessen, das worst case scenario eines Absturzes eines Großflugzeuges über einem Ballungsgebiet wie z.B. dem Ruhrgebiet. Dann wären die schlechten Vorhersagen der Computermodelle ebenfalls Schuld gewesen.

  3. #3 Wb
    April 21, 2010

    Eine Überschrift mit dem Lapsus scheint nicht (mehr) gegeben.
    Etwas billig als Aufhänger (und falls nie eine Überschrift dieser Art vorlag, auch ein wenig unlauter) für diese kleine Blognachricht, wenn eine relevante Fehlleistung vorliegt, dann doch eher auf Seiten der FAZ und weniger auf Seite des Fliegers, oder?

    MFG
    Wb

  4. #4 Sven Türpe
    April 21, 2010

    Nicht zu vergessen, das worst case scenario eines Absturzes eines Großflugzeuges über einem Ballungsgebiet wie z.B. dem Ruhrgebiet.

    Andere halten den Absturz eines Großflugzeuges auf ein Atomkraftwerk in der Nähe eines Ballungsgebietes für das Worst-Case-Szenario. Das hilft uns aber auch nicht weiter, anhand von Worst-Case-Szenarien kann man Risiken nicht sinnvoll bewerten.

  5. #5 Jörg Friedrich
    April 21, 2010

    Wenn man den Satz des Lufthansa-Mannes beurteilen will muss man sich fragen, auf was für Wolken er sich denn bezieht. Es geht eben nicht um Giftgas-Wolken, sondern um Vulkanasche-Wolken.

    Zufällig recherchiere ich auch gerade für einen Artikel zu dem Thema. So viel sei schon verraten: Es scheint bisher zwei Fälle gegeben zu haben, in denen Vulkanasche zu Problemen bei Verkehrsflugzeugen geführt hat. In beiden Fällen konnte man die Wolke sehr gut sehen und auch riechen. In beiden Fällen konnten die Triebwerksprobleme, die durch diese Wolken verursacht wurden, durch Sinkflug und Neustart beheben.

    Solche Erfahrungen hat der Mann im Kopf wenn er sagt, eine Wolke, die gefährlich sein soll, muss auch sichtbar sein. Vorgeschlagen wurde, die Triebwerke nach jedem Flug genau zu kontrollieren und die Piloten nach möglichen Vorkommnissen (Geruch, Lichteffekte, Veränderung der Triebwerksgeräusche) zu befragen. Auch eine Verkürzung der Lebensdauer der Triebwerke wurde vorgeschlagen.

  6. #6 Wb
    April 21, 2010

    … weil man dort [FAZ] Angst vor den Computertechnologien hat und die Simulationen der letzten Tage ablehnt.

    Man ist auch geneigt hier ein wenig nachzurubbeln, die (leider gewohnt schwülstige) Betrachtung “Europas führenden Intellektuellen” deutet ja gerade nicht auf einen grundsätzlichen Technikskeptizismus hin, sondern auf die Betonung des Primats der Politik, dem sich vermutlich nur eher wenige Kollegen verschließen:
    Nur Gestrige können glauben, dass in der Skepsis gegen diese neue Macht die Sehnsucht nach vorindustriellen Zeiten steckt. Es geht vielmehr darum, gegen die Welt der Computer Instanzen des Einspruchs zu etablieren, den Widerspruch, der sich einzig und allein aus Empirie und Intuition speisen kann, als Aufgabe moderner Gesellschaften zu erkennen. Tun wir das nicht, fliegt bald gar nichts mehr.

  7. #7 Ulf Lorenz
    April 21, 2010

    @Wb

    Der verlinkte Artikel ist groesstenteils argumentativ schwach (der Autor schwafelt auch ein bisschen, aber egal)

    1. Er stellt die These auf, dass Simulationen ungeprueft geglaubt wird, was zum Chaos fuehrt etc. Das geschieht in der Regel nicht: Die Ergebnisse sind meistens fuer die entsprechenden Experten, und die koennen den Code sehr wohl an einfachen Beispielen durchtesten, mit den Parametern rumspielen, mit der Erfahrung abgleichen etc. Fuer den Laien beruhen die Simulationsergebnisse auf Magie, aber das gilt auch fuer eine Pen&Paper-Rechnung. Umgedreht braucht es fuer die verkehrte Interpretation von Daten uebrigens keine Simulation…

    2. Es wird verlangt, dass die Simulationen mit experimentellen Daten abgeglichen werden. Hier wuerde es mich nicht ueberraschen, wenn es diese Daten (wieviel Vulkanstaub ist in der Luft, ab welcher Konzentration koennen welche Probleme bei Flugzeugen auftreten) schlicht und einfach nicht gibt. Die Vorschlaege, die gemacht werden (z.B. als Staubmesser Folien an Flugzeuge kleben), klingen schoen, funktionieren aber nur, wenn man z.B. vorher schon weiss, wie sich der Staubanteil an der Folie in Staubkonzentration in der Luft uebersetzt, wie die exakte Flugroute war etc.

    Das Problem ist IMO eher, dass es einfach keine Planung fuer so etwas gab. Es gibt also kein Schema fuer einigermassen kontinuierliche und konsistente Aschemessungen, keine wenigstens einigermassen begruendbaren Grenzwerte etc. Das kann man alles aendern, aber es dauert eben seine Zeit (Monate/Jahre). Bis dahin herrscht eben einigermassen Ratlosigkeit, und da tendieren Menschen zu Vorsicht.

  8. #8 schlappohr
    April 21, 2010

    Angenommen, ein Pilot erhält beim Briefing die Information, dass innerhalb der nächsten 12 Stunden über dem Nordatlantik ein schweres Orkantief entstehen wird. Wird er diese Strecke dann fliegen? Nein. Er *dürfte* sie nicht mal fliegen. Und dass, obwohl die Vorhersage des Ergebnis einer Wettersimulation ist.
    Wie Jörg dargelegt hat, ist die Simulation der Ascheausbreitung nichts anderes als eine Wettersimulation, ergänzt um einige Hunderttausend virtuelle Partikel, deren Verhalten man recht gut kennt.

    Wer also grundsätzlich den Nutzen von Simulation bezweifelt, der darf sich auch von keiner Wettervorhersage beeindrucken lassen.

    Wirklich schade, dass wir kein engmaschiges Netz aus Messtationen haben. Die Leute wären vermutlich erstaunt, wie genau die Simulationsergebnisse sind.

  9. #9 Sven Türpe
    April 21, 2010

    Zufällig recherchiere ich auch gerade für einen Artikel zu dem Thema.

    Ich habe mal ein paar Zahlen zum Thema zusammengegoogelt.

  10. #10 ka
    April 22, 2010