Die Aschewolke ist komisch: Die einen sehen sie – ein Bericht dazu in wissenschaft-online vom 26.04.10 -, die anderen sehen sie nicht. Von denen, die sie nicht sehen (wollen), klagen viele über die Dominanz der Software, während andere den Finger endlich auf die tiefe Wunde legen: “Die Welt stellt fest”, so der lebenserfahrene Physiker Haim Harari in der FAZ vom 26.04.10 -, “daß ihr ein wichtiger Berufsstand fehlt: wissenschaftlich ausgebildete politische Entscheidungsträger.” Denn: “Weder gute Wissenschaftler ohne Führungserfahrung noch gewitzte Politiker ohne wissenschaftliche Ausbildung konnten das Desaster kommen sehen. Wir brauchen Menschen, die über beide Fähigkeiten verfügen.”
So schön, so gut. Nur: Diese Einsichten und Forderungen sind nicht neu. Sie sind seit Jahrzehnten zu hören und zu lesen, ohne daß unsere Bildungsinstitute und die dazugehörigen Ministerien reagieren. Die sichere Prognose lautet, daß dies so bleiben wird. Ein “public understanding of science” findet nicht statt. Es scheint, daß vor allem diejenigen dafür sorgen, die damit ihr Geld verdienen. Sie können ewig weiterplappern.

Kommentare (5)

  1. #1 Sven Türpe
    April 26, 2010

    Wollen wir das wirklich, wissenschaftlich ausgebildete Entscheidungsträger und alle Nebenwirkungen, die ein darauf ausgerichtetes Staatswesen mit sich brächte? Liegt darin nicht vor allem ein Streben nach Perfektion, das als Konstruktionsprinzip für gesellschaftliche Funktionen wenig geeignet ist? Mir ist es ehrlich gesagt lieber, wenn wir weiterhin Bausteine beschränkter, aber klarer Funktion — Politiker, Behörden, Berater, Medien usw. — mit geeigneten Checks and Balances zu einem robusten, funktionsfähigen Ganzen zusammensetzen. Der Wunsch nach Perfektion im einzelnen Baustein ist das Gegenteil davon, und er kann dramatische Folgen haben, wenn die Perfektion nur eingebildet ist. Man muss ja nicht einmal die Scienceblogs verlassen, um Beispiele dafür zu finden, dass eine wissenschaftliche Ausbildung nicht unbedingt für gesellschaftliche Verantwortung qualifiziert, dass sie andere wichtige Fähigkeiten nicht ersetzt und dass man Banausen besser keine Verantwortung überträgt.

    Übungsaufgabe: Welche Ausgleichsmechanismen und Gegenkräfte müsste sich eine Gesellschaft schaffen, deren Entscheidungsträger sich primär der Wissenschaft verpflichtet fühlen?

  2. #2 KommentarAbo
    April 26, 2010

  3. #3 schlappohr
    April 26, 2010

    “wenn wir weiterhin Bausteine beschränkter, aber klarer Funktion — Politiker, Behörden, Berater, Medien usw. — mit geeigneten Checks and Balances zu einem robusten, funktionsfähigen Ganzen zusammensetzen. ”

    Das Problem heute ist nur, dass die Entscheidungen von denen getroffen werden, die i.A. von keinem Sachverstand beeinflusst sind und sich auch nicht verpflichtet sehen, wissenschaftlichen Rat einzuholen und danach zu handeln. Checks and Balances kämen dann einem Machtverlust gleich, und man wird kaum einen Politiker finden, der sich darauf einlässt. Der Beruf würde seinen Glanz verlieren.

  4. #4 Que
    April 26, 2010

    Also findest du es überflüssig, dass diejenigen, die die Entscheidungsgewalt haben, sich auch zwingend in dem Thema auskennen sollten? Du proklamierst ernsthaft die Fachidiotie? Ich meine ist das nicht unser eigentliches Problem – Jeder ist so sehr von den eigenen Erkenntnissen und Überzeugungen eingenommen, dass dann widersprüchliche Erkenntnisse als Scharlantanerie abgetan wird.(obwohl es wahrscheinlich durchaus häufig nichts anderes ist…)

    Damit wir uns nicht falsch verstehen, es ist sicherlich keine besonders gute Idee, (aus)gebildete Personen direkt auch mit der Verantwortung auszustatten, aber ich verlange, dass nur jemandem die Verantwortung übertragen wird, der die Situation zumindest beurteilen kann.
    Wo sind die Ideale der übergreifenden Bildung hin, wo die Faszination des Wissens an sich? Fachidioten gibt es durchaus schon genug…

    Peace.

  5. #5 Wb
    April 26, 2010

    Bevor man in der Politik oder Wirtschaft mit einer Frauenquote kommt, sollte eine Wissenschaftler-Quote in Erwägung gezogen werden.
    Bevorzugt Damen natürlich. 🙂