Der Satz in der Überschrift klingt nach einem den vielen Spielchen mit dem berühmten “Cogito ergo sum” von René Descartes. “Ich danke, also bin ich” ist meine bevorzugte Variante dabei. Doch “Wir sind, also denke ich” will mehr sein. Die Formulierung habe ich in dem Buch “Wir” gefunden, in dem Werner Siefer auf wirklich glänzende Weise beschreibt, “was uns zu Menschen macht” (Campus Verlag, 2010). Seine Umformulierung der cartesischen Weisheit soll den französischen Philosophen nicht ergänzen, sondern ihm widersprechen und ablösen. Ein Ich – so Siefer – kann nämlich erst “Ich” sagen, “weil es zuvor ein `Wir` gegeben haben muss”, wie der Autor dem Leser so fachlich überzeugend und sprachlich elegant vorführt, daß ich mich zu dieser absichtslosen Anpreisung entschlossen habe. “Nachhaltig glücklich macht nur das Wir.” Werner, darüber müssen wir reden, und dabei können wir einen Rotwein trinken, den du aber mitbringen musst.

Kommentare (7)

  1. #1 Lichtecho
    September 15, 2010

    Wie nett!

  2. #2 SingSing
    September 15, 2010

    … chr … chrr … ritzipüh … ronfle … chrr … rrch …

  3. #3 MaK
    September 16, 2010

    Ist das “Wir” nicht auch einfach als Mehrzahl des “Ich”s möglich zu interpretieren?
    Natürlich ist der Mensch im Allgemeinen ein soziales Tier, aber die Gemeinschaft setzt sich doch erst auch den Individuen zusammen – wodurch sich am Ende ein herrliches im-Kreis-definieren ergibt.

    Mfg. MaK, noch ein Buch auf der langen Liste …

  4. #4 MM
    September 16, 2010

    Die Idee ist ja nicht neu aber das Faszinierende ist, dass unsere Welt im Diskurs entsteht und falls dieser Diskurs nicht möglich ist weil nur ein Ich und kein Wir da ist, was passiert dann mit der Welt ,vor allem mit der Realität?

  5. #5 S.S.T.
    September 17, 2010

    to do ist to be
    Socrates

    to be is to do
    Plato

    do be do be do
    F. Sinatra

  6. #6 Hank Scorpio
    September 17, 2010

    Es erinnert mich stark an eine ganz ähnliche, fundamentale Feststellung Wilhelm von Humboldts, der die Verbindung von Sprache und Denken (Sprache als das “bildende Organ des Gedanken”) in seiner Akademierede “Ueber den Dualis” von 1827 ganz ähnlich begründet:
    “Schon das Denken ist wesentlich von Neigung zu gesellschaftlichem Daseyn begleitet,
    und der Mensch sehnt sich, abgesehen von allen körperlichen und Empfindungs-Beziehungen, auch zum Behuf seines blossen Denkens nach einem dem Ich entsprechenden Du, der Begriff scheint ihm erst seine Bestimmtheit und Gewissheit
    durch das Zurückstrahlen aus einer fremden Denkkraft zu erreichen. Er wird erzeugt, indem er sich aus der bewegten Masse des Vorstellens losreisst, und, dem Subjekt gegenüber, zum Object bildet. Die Objectivität erscheint aber noch vollendeter, wenn diese Spaltung nicht in dem Subject allein vorgeht, sondern der Vorstellende
    den Gedanken wirklich ausser sich erblickt, was nur in einem andren gleich ihm vorstellenden und denkenden Wesen möglich ist. Zwischen Denkkraft und Denkkraft aber giebt es keine andre Vermittlerin, als die Sprache.” (W.v.Humboldt, Über den Dualis). Erst in der Wechselrede der Sprache ist Denken möglich, eine Argumentation, die in etwa vergleichbar ist mit dem Privatsprachenargument Wittgensteins.

  7. #7 Wb
    September 24, 2010

    Das mit dem “Wir” gefällt.

    MFG
    Wb