In einer frühen Schrift von Carl Friedrich von Weizsäcker – in dem Buch “Das Weltbild der Physik” aus den 1940er Jahren – findet sich der Hinweis, dass die Naturwissenschaften mit ihren Erklärungen das Geheimnisvolle der Phänomene nicht aufheben oder auflösen sondern – im Gegenteil – die Geheimnisse vertiefen und wundersamer machen. Tatsächlich – eine wissenschaftliche Erklärung wirkt meist geheimnisvoller als das Phänomen, das sie erfassen (und berechnen) möchte, wie sich am einfachsten am Beispiel der freien Falls veranschaulichen lässt. Es ist schon komisch, dass Gegenstände nach unten auf die Erde fallen, und zwar in Europa ebenso und gleichzeitig wie in Neuseeland. Die Physik erklärt dieses Phänomen seit dem 17. Jahrhundert mit der Idee der Schwerkraft, was aber nur weitere Fragen aufwirft, nämlich wodurch diese Schwerkraft zum einen zustande kommt und wie sie zum zweiten Entfernungen überwindet und sich ausbreitet. Durch die Verzerrung der Euklidischen Geometrie des leeren Raumes, heißt die Antwort seit den Tagen von Einstein, und damit ist allen klar, wieso Körper nach unten fallen und schwer sind. Oder? Oder zeigt sich nur, was oben gesagt wurde, dass nämlich die Erklärung eines Phänomens geheimnisvoller als die ursprüngliche Erscheinung ist? Ich habe vor, in einer Reihe von Beiträgen auf Geheimnisse hinzuweisen, die in der modernen Wissenschaft stecken, wobei darüber berichtet wird, was Forscher selbst als mysteriös bezeichnen. Es geht also um “mysteries”, nicht um “secrets”, wie die englische Sprache unterscheidet, wobei im Deutschen zwischen dem Postgeheimnis und dem Geheimnis der Geheimnisse unterschieden werden kann, wie Charles Darwin die Fähigkeit der Organismen nannte, sich anzupassen und zu entwickeln. Wenn ich in einem Fachblatt von Mysterien lese, werde ich sie hier vorstellen und kommentieren. Es gilt, ein Gefühl für das Geheimnisvolle zu bekommen, weil Menschen dies als schön empfinden.

Übrigens – die Frage, warum Gegenstände nach unten fallen, beantworten Kinder gerne mit dem Hinweis, dass dies deshalb der Fall (!) ist, weil die Dinge, die nach oben fallen, längst weg sind. So ist es.

Kommentare (3)

  1. #1 Angelika Wittig
    Berlin
    Februar 8, 2014

    Meine Neugier auf Ihre Beiträge ist geweckt.
    Der französische Mathematiker Raymond Poincare formulierte einmal sehr treffend:
    “Wissenschaftliche Genialität ist die Fähigkeit, sich überraschen zu lassen.”
    Erich Fromm schreibt hierzu:
    “Viele wissenschaftliche Entdeckungen sind eben auf diese Weise zustande gekommen. Der Wissenschaftler beobachtet ein Phänomen, das schon viele andere vor ihm gesehen haben, ohne davon überrascht zu sein, ohne erstaunt innezuhalten. Der genialer Wissenschaftler aber besitzt die Fähigkeit zu staunen; das Offensichtliche wird ihm zum Problem, seine Gedanken beginnen zu arbeiten, und das ist der Anfang einer Entdeckung.
    Zum schöpferischen Wissenschaftler macht ihn nur zum Teil seine Fähigkeit, das Problem zu lösen. Er verdankt es großenteils seiner Fähigkeit sich über das zu wundern, was der durchschnittliche Wissenschaftler als selbst-verständlich hinnimmt.
    Welches sind die Voraussetzumngen für eine kreative Einstellung?
    Die erste Voraussetzung ist die Fähigkeit des Staunens.
    Kinder besitzen diese Fähigkeit noch: Sie richten ihr ganzes Bemühen darauf, sich in einer neuen Welt zu orientieren, immer neue Dinge zu erfassen und kennenzulernen.
    Sie sind verblüfft, überrascht und können staunen, und eben hierdurch können sie kreativ antworten.”

    Ich freue mich sehr auf Ihre Beiträge, der Ansatz ist nicht nur richtig sondern auch wunderschön.

  2. #2 Toni
    Februar 8, 2014

    Passend zum Geheimnis der Schöpfung – Wittgenstein:

    “Es ist die große Täuschung der Moderne, dass die Naturgesetze uns die Welt erklären. Die Naturgesetze beschreiben die Welt, sie beschreiben die Gesetzmäßigkeiten. Aber sie erklären uns nichts.”

    Und Jesus über die “Kindlein”:

    “Als Jesus das sah, wurde er unwillig und sagte zu ihnen: Lasst die Kinder zu mir kommen; hindert sie nicht daran! Denn Menschen wie ihnen gehört das Reich Gottes.
    Amen, das sage ich euch: Wer das Reich Gottes nicht so annimmt, wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen.
    Und er nahm die Kinder in seine Arme; dann legte er ihnen die Hände auf und segnete sie.”

    Gruß

  3. #3 threepoints...
    Februar 8, 2014

    @ E.P.Fischer
    Zitat:
    “Es gilt, ein Gefühl für das Geheimnisvolle zu bekommen, weil Menschen dies als schön empfinden.”

    -> Naja, das mag ja stimmen. Aber wenn Menschen die Wissenschaft fragen, ist ihnen die Unwissenheit wohl eher unangenehm.
    Was aber nicht davon abhalten soll, solche Dinge trotzdem zu besprechen.

    @ Toni
    Wittgenstein empfiehlt zuweilen auch die therapeutische Methode: einfach nicht mehr drüber denken.
    Die Unterscheidung zwischen beschreiben und erklären ist passend. Die Beschreibung erklärt einem auch nicht hinreichend, wenn man tatsächlich die Beschreibung wegen Fachkenntnis durchaus vollständig versteht. Das Problem der Hochspezialisierung verhindert bessere allgemeine Einordnung.
    Und ja, Kind müsste man sein. Dieser Kompromiss des Erwachsenseins ist zuweilen unerträglich.