Es ist schon komisch, was die Zeitungen zu den Datenmengen berichten und mit ihnen machen. Die Wirtschaftsseiten der FAZ zum Beispiel bestehen seit Jahren nur aus Daten, und die klugen Köpfe hinter dem Blatt finden das gut. Jetzt erfahren auch die dummen Köpfe der anderen, dass die Welt aus Daten besteht, die man sammeln kann, und schon wird einem Angst gemacht, dass da etwas Privates verloren geht, auf das längst niemand mehr achtet, wer in aller Öffentlichkeit in sein Handy schreit – und wer kennt nicht die dazugehörigen Beispiele. Außerdem regt man sich tierisch auf, wenn die Daten fehlen, wie im Fall der verschwundenen Boeing der Malaysischen Airline mit weit über 200 Menschen an Bord. Jetzt wundern sich die Leute, warum man nicht alles über das Flugzeug und sein Verbleiben weiß, und man kritisiert die Überwacher, dass sie keine vollständige Information über das Geschehen liefern können. Was denn nun? Sind wir total überwacht oder nicht? Und was meint das, “total überwacht”? Der ehemalige Google Chef behauptet, man könne wissen, was ein Kunde denke. Das denkt der Herr aber nur. Er kann vielleicht wissen, an was ein Mensch denkt, der gerade zum Kunde wird, zum Beispiel an die Frage, ob er den betrachteten Gegenstand braucht und sich erlauben kann. Das konnte sich jeder Verkäufer, der mehr als ein Warenverteiler war, aber immer schon denken. Nichts Neues also unter der digitalen Sonne, und Daten haben wir immer schon geliebt. Das Problem beginnt mit den Deutungen, zuerst den Bedeutungen, denen wir den Worten geben – und da hapert es bei allen Datenmengen eher gewaltiger als vorher. Man betrachte nur den Ausdruck von der Berechenbarkeit des Wetters, der Menschen, der Zukunft und was auch immer, die in den Zeiten der algorithmischen Rationalität als selbstverständlich angenommen wird. Die Berechenbarkeit der Welt wird uns sein den Zeiten von Galilei eingeredet, der davon gesprochen hat, dass das Buch der Natur in der Sprache der Mathematik geschrieben ist. Offenbar will niemand merken, dass es weder dieses Buch noch die Allmacht der mathematischen Sprache gibt. Wie es Gregor von Rezzori in seinen Maghrebinischen Geschichten einen Weisen sagen lässt, der alles Wissen der Welt in einem Satz ausdrücken kann. Auch das wird worüber gehen. Auch die digitale Panikmache wird vorübergehen, und man wird sich erneut der Bedeutung von Worten zuwenden. Die Zeit wird kommen.

Kommentare (3)

  1. #1 schrittmacherm
    April 2, 2014

    Auch Worte sind Daten. Digital sowieso; Nullen und Einsen. Gedruckt auch, weil das Alphabet als Code zusammengesetzt zur unverwechselbaren Datenstruktur mit mehr oder weniger verabredeten Sinn/Inhalt, der erst im Bewusstsein des Rezipienten zur Information wird. Subjektiv kann der Eindruck entstehen, es sei keine Information – wenn diese gerade nicht brauchbar ist – unintegrierbar. Dann sind es wieder nur Daten.
    die digitale Panik aber ist berechtigt. Nur leider schizophren – dieser Eindruck entsteht zwangsläufig, wenn man sich das oben angesprochene zu Gemüte zieht. Es gibt ein neues “Meme” in der globalisierten Kultur: Das digitalisiert dokumentierte (Welt)Geschehen. Wo nur noch nicht jedem klar ist, was er davon halten soll. Und es gibt fourcierte Aktivitäten, neue Meme zu erzeugen, diese neuen “Meme” global zu kontrolieren – beziehungseise andere notwendig ent-/bestehende zu löschen.

  2. #2 Dr. Webbaer
    April 2, 2014

    Es benötigt mittlerweile zwingend ein allgemeines Wissen, was Daten und Informationen überhaupt sind, eine Datenethik sozusagen.


    Witzigerweise waren im bundesdeutschen Raum mal die PIRATEN an dieser Thematik dran, bevor sie sektiererische geworden sind.

    MFG
    Dr. W

  3. #3 EsWarEinmalDerMensch
    April 7, 2014

    Es war einmal ein Mensch, dem fiel ein, das man doch lustige Löcher an bestimmte Stellen stanzen konnte, wenn der Besitzer der Karte an das spaghettimonster glaubt. Ein anderes Loch stand für Mann und ein weiteres für “Einkommen > 10000 €”. Also trug sich zu, das besagte Karte nun von allen Bürgern des Landes ausgefüllt werden mussten und wer es nicht freiwillig machte, der wurde von freundlichen Mitmenschen dazu nachdrücklich aufgesucht (das war aber eine minderheit….). Innerhalb weniger Wochen wusste der Chef des Landes, wer an was glaubte und wieviel verdiente. Und er stellte fest, das man bei der Gruppe der “> 10.000 €” die meistern Steuern abkassieren konnte. Auch die Industrie bekam Wind davon und per Preisausschreiben mit vielen “freiwilligen” Angaben konnten neue Produkte für bestimmte Zielgruppen entwickelt werden. Und was diese kosten durften – man wusste ja, wo das Geld verteilt war…Alles was man zu diesen Auswertungen benötigte war eine Maschine die hell/dunkel erkennen konnte. Das man mit der Maschine auch ganze Glaubensgemeinschaften vernichten konnte… sollte all denen zu denken geben, die beim Einkauf gefragt werden, “Ihre PLZ bitte” – da gebe ich immer eine von weit weg an. Denn ich wette: wenn nicht genug aus der Umgebung dabei sind, wird der Markt schnell geschlossen und dahin umziehen, wo all die vielen PLZ herkommen…