Ich weiß, ich weiß. Mozarts Oper heißt “Cosi fan tutte”, und der Titel meint die Frauen, die es alle so machen oder treiben in Liebesdingen. Wenn mich meine Italienischkenntnisse nicht täuschen und ich sagen will, dass es wirklich alle – Männer und Frauen und das dritte Geschlecht – machen, muss es “Cosi fan tutti” heißen. Und was ist das Besondere an dem, was alle machen?

Auslöser dieser Zeilen ist eine Meldung der britischen Zeitung “New Scientist”, die die Überschrift trägt “Science´s dark secret is out” (Ausgabe vom 23.3.2019, S.7) und davon handelt, dass in Wissenschaftlerkreisen und entsprechenden Instituionen dieselbe Diskriminierung zu beobachten ist wie sonstwo im Beruf, dass es im Labotatorium genau so zu sexuellen Belästigungen und Schikanen kommt wie in jedem anderen Büro, dass selbst die Gehaltsunter s chiede sich finden und im United Kingdom Männer im Schnitt 10.000 Pfund mehr verdienen als Frauen. Wissenschaft – bei aller Rationalität – schützt vor Unfairness nicht, und das braucht niemanden zu erstaunen. Ich habe in einem kleinen Aufsatz “Das Vergnügen am Betrügen” aufgeführt, dass gerade Wissenschaftler ebenso oft ihre Kollegen und die Öffentlichkeit hintergehen, wie es andere Berufsgruppen auch tun, und kürzlich konnte man die Meldung lesen, dass Moralphilosophen für das moralische Verhalten bestenfalls als Wegweiser taugen, da sie den Weg am wenigsten wählen, den sie anderen empfehlen. Es ist wie immer – die Herren predigen Wasser und trinken Wein, und sarkastische Hinweise auf das Verhalten von Menschen, die das Klima retten wollen und dafür von Konferenz zu Konferenz eilen und mit ihrem Handy life berichten, bevor sie umfangreiche Papiere verfassen, kann ich mir ersparen. Man findet Stoff dafür jeden Tag in der Zeitung.

Cosi fan tutti. Und jetzt? Die Überschrift der Süddeutschen Zeitung vom Tage (28.3.2019) lautet, “Treibhausgase auf Rekordniveau. Das Wirtschaftswachstum lässt den globalen Energieverbrauch steigen wie seit zehn Jahren nicht.” Cosi fan tutti. Vielleicht gehen wir alle ja zusammen unter, und die Menschheit schafft sich wirklich ab. Ich würde das gerne in der Zeitung lesen und dann gespannt sein, wer oder was kommt. Aber auch das wollen vielleicht alle.

Kommentare (3)

  1. #1 Dr. Webbaer
    März 28, 2019

    Es ist witzigerweise so, dass Personen, die gut reden, es selbst nicht, wie beredet, gut machen müssen, denn ihre Leistung besteht primär in guter Rede.
    (Klar, Heuchelei mag vorliegen und vorgeworfen werden, nichtsdestotrotz mögen sie gute Idee vorgestellt haben, die gerade auch nicht dadurch schlecht wird, dass sie dieser Idee persönlich-selbst nicht folgen.)

    Der Kantsche Kategorische Imperativ funktioniert womöglich nicht.


    Die obige Aussage kann auch gedankenexperimentell bewiesen werden, indem angenommen wird, dass eine Person in einem von ihr als korrupt festgestellten (Gesellschafts-)System einerseits gute Vorschläge macht es auszubessern und andererseits seine Schwächen selbst ausnutzt.

  2. #2 Name auf Verlangen entfernt
    Nürnberg/Prag
    März 31, 2019

    “Vergnügen am Betrügen” – sofern es sich nur um die kleinen, üblichen Gaunereien am Wegesrand handelt: geschenkt – den Leuten aber ohne reale Grundlage und völlig frei von Beweisen weiß zu machen, die Zeit und der Raum seien relativ und es gäbe eine zusätzliche Dimension, nimmt der Wirklichkeit, die wir alle so dringend brauchen, die Luft zum Atmen und der Wissenschaft die Möglichkeit einer Entwicklung.

  3. #3 Laie
    März 31, 2019

    Oh ja! Wasser predigen und Wein trinken. Wer hinter die Kulissen schaut, sieht es auch.

    Sogar Einstein begab sich (damals) gerne mal auf eine gedankliche “Metaebene” um weiterzukommen. Etwas, das heute zunehmend zu fehlen scheint?

    Der Geist der Universalgelehrten von früher oder viel früher ehrlicher und authentischer zu sein, wär’ mir zwar um einiges lieber, ist aber oder wahrscheinlich heute gar nicht mehr möglich. Aber man darf sich durch ein paar schwarze Schafe nicht die Suppe versalzen lassen.