Dieser Tage frage ich mich wiederholt, wer in der brandenburgischen Landtagsfraktion der „Linken” kein Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) war. Alte Stasi-Seilschaften und SED-Perspektivkader wie die heutige Fraktionsvorsitzende Kerstin Kaiser (* 1960) haben nach Aktenlage bewusst und freiwillig ausgespitzelte Menschen wie bei ihrem Studium in St. Petersburg (damals Leningrad) ins Unglück gestürzt. Da hilft es nichts, wenn man eloquent auftritt und versucht, mit seiner Attraktivität zu punkten.

Alleine in ihrem neuesten Interview in der Illustrierten „Super Illu” vom 22. Dezember 2009 sind derart viele dialektisch-verniedlichende Relativierungen der DDR-Geschichte zu finden, dass man diese nicht unkommentiert lassen darf.

Wenn zum Beispiel ein Soldat beim Stasi-Wachregiment „Feliks Dzierzynski” in Berlin seinen dreijährigen Wehrdienst antrat, geschah dies nur, wenn er als besonders ideologisch-politisch gefestigt galt, aus einer kommunistischen Familie kam und seine Zuverlässigkeit schon vorher mehrfach überprüft worden war. Somit ist der Linkspartei-Abgeordnete Michael Luthardt nicht einfach als normaler Soldat/Wehrdienstleistender anzusehen, auch wenn der Betroffene versucht, seine damalige Tätigkeit als einen Art Friedensdienst um zu deklarieren.

Kerstin Kaiser weiter (Super Illu, 22. Dezember 2009):

“Richtig ist aber: In Brandenburg lief es nach der Entscheidung aller Fraktionen 1991, keinen Stasi-Landesbeauftragten zu installieren, anders als in den anderen neuen Bundesländern.”

Siehe dazu auch “Zeittaucher” vom 20.12.2009.

Das Amt des Stasi-Landesbeauftragten in Brandenburg kam 20 Jahre zu spät. Einige Politiker hofften anscheinend, dass durch die Nichtschaffung dieses Amtes mit gleichzeitiger Personalausstattung nicht ihre eigene Vergangenheit ans Tageslicht kommen würde.

Zu verschwundenen HVA-Akten: Dabei handelt es sich um Unterlagen der DDR-Auslandsgeheimdienstes, der bis 1986 von Markus Wolf geführt wurde.

Zum weiteren Interview: Es wird innerhalb der „Linken” anscheinend ein Unterschied gemacht, ob jemand Stasi-Mitarbeiterfunktionen zugibt (,aber keine Details sagt,) oder nicht. Auch etwas krasse Demonstrationen gegen die Stasi-Abgeordneten wie durch den CDU-Mandatsträger Dieter Dombrowski in Häftlingskleidung müssen in einer Demokratie ertragen werden, genauso wie Stasi-IM Kerstin Kaiser. Da reicht es nicht, wenn man nur Politik macht, weil man „betroffen” ist. Anscheinend hat Frau Kaiser außerhalb des Partei- und Politikbetriebes seit ihrer Leningrader Zeit nie etwas anderes kennengelernt und ist deshalb darauf angewiesen. In diesem Zusammenhang ist es ungehörig, seine IM-Tätigkeit in die Nähe von politischer Verantwortung und notwendigem Verhalten in DDR-Machtstrukturen zu rücken.

Kerstin Kaiser weiter (Super Illu, 22. Dezember 2009):

“Es fällt mir schwer zu sehen, wie Matthias Platzeck als Person auch öffentlich, wie bei der »Bambi«-Verleihung in Potsdam, attackiert wird.”

Wer mit den „Stasikindern” spielt, darf sich nicht wundern, wenn er dafür gerügt wird. Link Bambi-Verleihung.

Bericht des RBB (2009).

Kommentare (4)

  1. #1 mrbaracuda
    Dezember 30, 2009

    Meh. Wör höttän dän Ostän nie annöktirön sollän! 😛

  2. #2 Maitol Krczstovczc
    Dezember 30, 2009

    Oh du meine Fresse, outet sich jemand als ex StasiIM, und das schon kurz nach der Wiedervereinigung, ist es nicht recht, outet sich jemand später auch nicht, macht dies jemand garnicht ebenso. Ja wie mag denn der Herr sein Gericht? Wenn es danach geht darf man ja nichtmal als ehemaliger bei der STASI angestellter Zahnarzt einen politischen Beruf aufnehmen.
    Gebt doch jeden das Recht auf Änderung. Schließlich kann sich jeder Mensch ändern, und,
    jemand der mit 17/18/19/20/21 Jahren mal als IM unterschrieben hat und dann nichtmal wirklich der Aushorcher war und nachweißlich niemanden geschädigt hat, nach 20 Jahren demokratischer Tätigkeit immer noch in die Pfanne zu hauen grenzt schon schon an Verfolgungswahn.
    Aber jedem beschissenen EXNaziMörderSchreibtischtäter dem gesteht man das Recht zu?
    Jedem steuerbetrügenden, grundgesetzbrechenden Politiker gibt man einem kleinen klapps und der darf weitermachen? EIn Kanzler der bewußt das Grundgesetz bricht kann sich vor Ehrungen nicht retten? Jeder verfackte Waffenhändler/Lobbyist darf auf die schützende Hand des Staates vertrauen und weitermachen wie bisher? Lügende und veruntreuende Minister kommen mit einem Handschlag /Pension und einem gutdotierten Vorstand/Aufsichtsratssitz davon?
    Also bitte….
    Solange jemand einem Menschen nicht geschadet hat und dieser Mann/Frau sich zu Demokratie (nicht zum Wirtschaftssystem) bekennt, sollte nach 20 Jahren dochmal als demokratisch agierender Bürger anerkannt werden.
    Wäre es nicht besser wenn sowohl Opfer als auch Täter, (es geht um Bespitzelung nicht um Gewalttaten, dies selber klären und das Opfer entsprechend entscheiden soll inwieweit es die Thematik an die Öffentlichkeit geben will.

    Am Rande: merkwürdig finde ich das perfekte Timing des Outings und das es wieder nur Politiker der Linken sind. Wenn ich mal die Statistik spielen lasse (die Mathematiker hier im Blog können das gewiß besser als ich) müßte es zumindest bei der CDU und der FDP ebenso EX-IMs geben.

  3. #3 Maitol Krczstovczc
    Dezember 30, 2009

    PS: Eh’ ich es vergesse, nein ich war kein IM wurde nie angefragt, und ja ich habe ein Akte (Äktchen) und es war ein Klassenkamerad. Drüber geredet und fertig. Mir hat er nicht wirklich geschadet und er wollte halt Abi machen und studieren. Für mich nachvollziehbare Gründe unter diesen Gesichtspunkten den Wisch zu unterschreiben. Bitte immer im Hinterkopf das Altere behalten.

  4. #4 Stan
    Dezember 30, 2009

    @Maitol
    Soweit ich das beurteilen kann, geht es hier nicht darum, jemanden an der politischen Beteiligung zu hindern. Es wird lediglich eine öffentliche Aufarbeitung ihrer Aktivitäten in der Vergangenheit von Frau Kaiser gefordert. Der Grund liegt meines Erachtens auf der Hand: Wenn ich mich in der Vergangenheit nicht mit Ruhm bekleckert habe, dann kann ich die Sache später nicht einfach unter den Tisch fallen lassen und so tun, als wäre nichts gewesen, und schon gar nicht, wenn ich ein Ministeramt bekleiden will. Insbesondere aus dem Video geht auch hervor, dass Frau Kaiser nicht nur “ihr Abi machen und studieren” wollte, sondern, dass sie bei ihren Stasiaktivitäten auch eine nicht geringe Eigeninitiative gezeigt hat.
    Ich versteh dahingehend nicht, inwieweit sich Ihr Kommentar auf den Blogeintrag bezieht.
    Bzgl. Ihrer Statistik: Sie vernachlässigen, dass man ja nicht zu IM-Aktivitäten gezwungen wurde. Ich kenne Personen aus meinem Umfeld, die zwar von der Stasi angeschrieben wurden, aber auf das Angebot nicht eingegangen sind und die Vermutung liegt nahe, dass eher solche Personen sich vom MfS gewinnen haben lassen, die der Partei ideologisch nahe standen und das wiederum sind nicht gerade die Leute, die heute in der CDU und FDP vertreten sind, sondern eher Leute aus der Linkspartei. Was natürlich nicht heißt, dass es keine IMs unter den Vertretern von CDU und FDP gibt.