In den USA hat ein Team von 100 Ärzten sechs Nieren gleichzeitig transplantiert. Neben der medizinischen Rekordleistung ist noch was anderes Interessant. Das Beispiel illustriert nämlich ausgezeichnet wie ein Akteur vor und nach einem Ereignis seine Strategie optimiert.

Die Patienten hatten zwar Verwandte die bereit waren zu spenden, nur passten die Spendernieren nicht. Ein zusätzlicher Spender löste das Problem und die Ärzte schlugen einen Ringtausch vor. Doch eine Sorge blieb:

Die Ärzte trieb die Angst um, einer der Spender könnte die Operation ablehnen, sobald der Patient, den er kannte, eine neue Niere bekommen hatte.

Ex ante (also vor dem Ereignis) ist der Spender bereit, sein Niere zu geben, um einer ihm nahe stehenden Person zu helfen. Ob dies nun direkt geschieht oder über einen Ringtausch, sollte dem Spender eigentliche keine Rolle spielen. Das Resultat (ein Organ weniger für den Spender, ein funktionierendes für den Nächsten) ist identisch und es gibt keinen Grund die Entscheidung zu ändern.

Für den Spender der zuerst unter das Messer kommt, ist die Geschichte hier auch zu Ende. Interessant wird es bei der Person deren ursprünglich designierter Empfänger nun schon die passende Niere erhalten hat. Ex post (also nach dem Ereignis) existiert ein grosser Anreiz die Entscheidung und die Strategie zu überdenken. Dies geschieht nicht mal aus Böswilligkeit und absichtlich. Das Verhältnis zwischen Kosten und Nutzen wurde durch das Ereignis nur völlig verschoben. Plötzlich wird zum Beispiel die Angst vor der Operation doch grösser da damit dem nächsten nicht mehr geholfen werden kann (man kann also nur noch verlieren).

Dieses Phänomen trifft man häufig in der Politik an (jedoch selten so klar ausgeprägt). Ein gutes Beispiel wäre eine staatlich kontrollierte Zentralbank. Die Politiker versuchen das Vertrauen zu gewinnen, dass sie keine inflationäre Geldpolitik betreiben werden. Dies ist durchaus rational im Sinne einer Stimmenmaximierung und wohl auch ehrlich gemeint. Ist das Vertrauen jedoch hergestellt, ist es für eine kurzfristig (also an einem Wahlzyklus) orientierte Regierung ex post optimal, die Wirtschaft vor den Wahlen inflationär ‘anzuschieben’.