Der Europäischen Union wird häufig mangelnde Bürgernähe vorgeworfen. Nun startet das Europäische Parlament ein Web TV in 23 Sprachen um näher an die Bürgerinnen und Bürger zu kommen.

Ich habe mir dieses EuroparlTV mal kurz angeschaut und ich bin nicht beeindruckt. Dies obwohl ich wohl eher in die Kategorie Politik-Geek gehöre (noch dazu ohne Fernseher) als in die des ‘desinteressierten Bürgers’ (ich bin ja nicht einmal EU Bürger). Ich habe mich jedoch ziemlich schnell und gähnend anderem zugewandt.

Das Europäische Parlament ist da wohl gleich drei Irrtümern gleichzeitig aufgesessen. Erstens wird in der Politik häufig angenommen, dass um ‘In’ zu sein, müsse man im Internet präsent sein. Stimmt nur halb, denn wenn die Inhalte nicht stimmen, beweist man bestenfalls das Gegenteil.

Zweitens scheint das Parlament den Vorwurf fehlender Bürgernähe nun verinnerlicht zu haben. Sein Problem ist aber gar nicht fehlende Nähe, sondern blankes Desinteresse. In der Schweiz wäre zwar eine Wahlbeteiligung von 46% schon durchaus beachtlich (sie lag hier in den letzten fünf nationalen Wahlen nur einmal knapp darüber, nämlich 2003 bei 46.6%). Ob nun dieses Desinteresse nur dem Europäischen Parlament in die Schuhe zu schieben ist, ist eine andere Frage. Ich vermute, dass viele Bürgerinnen und Bürger in der EU einfach nicht wahrnehmen wollen, dass das Europäische Parlament tatsächlich etwas zu sagen hat.

Drittens scheint man anzunehmen, dass Desinteresse nur aus einem Informationsdefizit kommen kann. Ich glaube aber der Mangel an Interesse ist schlicht inhaltlicher Natur. Würde man jedoch mehr traditionell nationaler Ebene behandelte Themen an das Europäische Parlament delegieren, würde man vermutlich ein Interesse schaffen, aber ob dies das gewünschte ist, möchte ich bezweifeln.

Der erste Bericht auf EuroparlTV handelt von der eingestürzten Decke im Parlamentssaal in Strassburg. Schon die unbesiegbaren Gallier fürchteten nur, dass ihnen der Himmel auf den Kopf fallen könnte…