In Genf kennt man Hani Ramadan (nicht zu verwechseln mit seinem Bruder Tariq). Er hat immer wieder die nationalen und internationalen Schlagzeilen dominiert. Nun hat er in seinem Blog für die Genfer Lokalzeitung Tribune de Genève sich in die aktuelle politische Diskussion um Minarette eingeschaltet.

Er wendet sich darin gegen die Minarettinitiative, die ein Verbot für den Bau von Minaretten in der Schweizer Verfassung festschreiben möchte (1). Die Volksinitiative spricht ein hässliches Bauchgefühl in der Schweizer Bevölkerung an und ist meiner Meinung nach fremdenfeindlich motiviert. Was solche Intoleranz für den Rechtsstaat bedeutet soll hier gar nicht diskutiert werden. Es entbehrt wohl nicht einer gewissen Ironie, dass ich, der Minarette für ebenso überflüssig wie Kirchtürme hält, ein Recht diese zu bauen zu verteidigen versuche, aber viele, die sich einer Landeskirche nahe fühlen die Initiative unterstützen. Man wird hier kaum zum letzten Mal von dieser Volksinitative lesen.

Wie schon gesagt: nun wendet sich der besagte Hani Ramadan gegen diese Initiative, was sein gutes Recht ist. Er gibt drei Argumente gegen die Rechtfertigungen des Initiativkomittees:

  1. Ein Minarett sei ein architektonisches Element und kein politisches Symbol. Es zu einem solchen zu machen sei ‘intellektuell unehrlich’.
  2. Die Initiative widerspreche der Schweizer Verfassung.
  3. Diese Initiative sei schlecht für die Reputation unseres Landes.

Ich unterschreibe jedes seiner Argumente und habe eigentlich nur ein Problem damit: Warum gelten diese Argumente offensichtlich nur, wenn Hani Ramadan sich gegen Leute verteidigt, die genau so borniert sind wie er?

Sind es nicht Leute wie er, die bei anderer Gelegenheit religiöse Aspekte zu politischen Symbolen machen? Ist er denn nicht der Meinung, dass Frauen das Kopftuch tragen müssen? Es waren doch die Islamisten, die diese ganze unnötige Diskussion überhaupt aufs Parkett gebracht haben, weil sie eben ein politisches Symbol daraus machten.

Ich bin froh, dass Hani Ramadan seine Liebe zum “Geist unser Verfassung” entdeckt hat. Ich hoffe er erinnert sich daran, wenn er das nächste mal Steinigung bei Ehebruch verteidigt.

Sein drittes Argument ist der Gipfel der Ironie. Es gibt wohl wenige, die der Schweiz und den hier lebenden Muslimen eine schlechtere Presse verschafft haben als Hani Ramadan (2). Dank Personen wie ihm erhofft sich die Rechtsaussenfraktion Erfolge mit solchen Initiativen (was die Naiven natürlich nicht von der Verantwortung entbindet, ihr Hirn einzuschalten).

Ich finde dies typisch für religiöse Personen, die denken die Wahrheit zu besitzen. Wer sich auf ein altes Buch göttlicher Eingebung beruft, scheint sich von jeglichem Zwang zur Konsistenz befreit zu fühlen. Hani Ramadan schliesst seinen Artikel mit dem Aufruf, dass man “resolut und demokratisch diese unglückliche Initiative verwerfen” solle. Da hat er recht. Ich schlage vor, dass wir dies auch gleich auf seine im Mittelalter verwurzelten Moralvorstellungen ausweiten.

(1) Ein eigentliches Nicht-Thema, das von der Rechten politisch aufgebauscht wird um zu punkten. Es sind nämlich keine Baugesuche hängig.
(2) Warum muss man zum Beispiel immer wenn man über ihn schreibt, erwähnen, dass er nicht mit seinem Bruder verwechselt werden soll?

Kommentare (6)

  1. #1 Shin
    September 19, 2008

    Ich denke das Hauptargument gegen ein Verbot ist die Tatsache, dass jeder mit seinem Eigentum machen darf, was er will, und dass demnach auch jeder auf seinem Grund und Boden bauen darf, was er will, und dass zudem das Verbot eines bestimmten Bauwerkes, das von einer bestimmten Gruppe gebaut wird, gegen den fundamentalsten Grundsatz des Rechtsstaates verstößt, nämlich die Gleichbehandlung aller vor dem Gesetz.
    Im übrigen stimme ich dir natürlich zu, diese Doppelmoral ist typisch für Menschen mit inkonsistentem Weltbild.

  2. #2 Shin
    September 19, 2008

    Ich denke das Hauptargument gegen ein Verbot ist die Tatsache, dass jeder mit seinem Eigentum machen darf, was er will, und dass demnach auch jeder auf seinem Grund und Boden bauen darf, was er will, und dass zudem das Verbot eines bestimmten Bauwerkes, das von einer bestimmten Gruppe gebaut wird, gegen den fundamentalsten Grundsatz des Rechtsstaates verstößt, nämlich die Gleichbehandlung aller vor dem Gesetz.
    Im übrigen stimme ich dir natürlich zu, die Doppelmoral Ramadans ist typisch für Menschen mit inkonsistentem Weltbild.

  3. #3 Shin
    September 19, 2008

    Hoppla, wie ist das denn passiert?

  4. #4 Ronny
    September 24, 2008

    @Shin: Warst vielleicht ungeduldig, oder hektisches Zucken ?
    Ja, das erinnert mich an eine Begebenheit in der eine Runde darüber diskutiert hat, dass man verhindern sollte, dass islamische Symbole nicht in öffentliche Bereiche Einzug halten sollten. Ich machte voll mit. Ja, sicher, natürlich, aber wir sollten auch alle christlichen Symbole entfernen, denn ein Hobby wie Religion sollte in staatlichen Gebäuden nicht verloren haben ….. Stille …… Ungläubige Gesichter (grins) …. Danach die Kommentare: Aber DAS ist ja was ganz anderes (lol), Kultur, Tradition, Blubber, Geschichte, da kann ja jeder kommen (typisch österreichische Aussage) usw. Als ich dann einwarf, dass das Hauptsymbol des christlichen Glaubens eigentlich ein brutales Folter- und Hinrichtungsinstrument ist, wollte keiner mehr mit mir reden. Dann kam wieder die seltsame Phrase, dass man religiöse Gefühle nicht verlezten darf. Ich frage jedesmal: wieso ? Habe ich die Unwahrheit gesagt ?

  5. #5 Wilhelm Leonhard Schuster
    Mai 5, 2013

    Ich habe gegenüber Leuten die etwas laut im Stile des Beters vom Minarat , durch die Straße zogen diesen erklärt :
    Der Mohammed muß doch ein großer Prophet gewesen sein ,da er voraus sah, daß in aller Welt Minarette in ferner Zukunft gebaut werden.

    Dann zeigte ich auf unsren Fernsehturm der auf einer Anhöhe vor uns lag.

    “Wir werden diese Minarette auch weiterhin bauen und keine anderen.” Habe ich erläutert!

  6. #6 J.F.Arouet
    Juni 4, 2013

    Wie ist dieser letzte Satz/Fußnote gemeint:
    “(2) Warum muss man zum Beispiel immer wenn man über ihn schreibt, erwähnen, dass er nicht mit seinem Bruder verwechselt werden soll?”
    Ist das nötig, weil allein Hani R. eine dubiose Gestalt ist? Falls das so gemeint ist, dann lese man Caroline Fourrest’s “Brother Tariq” über den Double-speak von Tariq R., dem sauberen Bruder von Hani.