Für den Zentralbanker ist Vertrauenswürdigkeit die eigentliche Währung. Je mehr die Unabhängigkeit garantiert werden kann, je überzeugender die Distanz zu Politik festgeschrieben wird, desto grösser ist das Vertrauen in die Institution. Als die Europäische Zentralbank (EZB) gegründet wurde, versuchte man (fast) alles, um sicher zu stellen, dass keine Zweifel an ihrer Glaubwürdigkeit aufkommen.

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Darum hat man für die EZB ein objektives, klares und einziges Ziel festgelegt: Preisstabilität mit dem Inflationsziel von 2%. Auf keinen Fall sollte die EZB Strukturen bieten, die für unvernünftig haushaltende Mitgliedstaaten einen Anreiz liefern könnten, darauf zu hoffen, von der EZB im schlimmsten Fall freigekauft zu werden.

Die Griechenlandkrise hat nun gezeigt, dass Theorie und Praxis nicht immer so gut übereinstimmen wie man es gerne hätte. Das Rettungspaket kommt zwar nicht von der EZB. Es kam auch zögerlich und unter strengen Auflagen. Das Ziel der Preisstabilität wird auch nicht geändert. Die verbotene Frucht, die die EZB vom Baum der politischen Abhängigkeit gepflückt hat war eine andere: Die EZB hat Schuldpapiere von Problemländern gekauft (Griechenland, Portugal und Spanien). Dies gilt als problematisch, da die EZB theoretisch das Geld für diese Ankäufe selber ‘drucken’ kann. Dies ‘pumpt’ Geld in Umlauf, ein sicherer Weg um Inflation zu schaffen, genau das, was die EZB verhindern soll. Das ist eher Fatal wenn die Glaubwürdigkeit ebensoviel, wenn nicht mehr wert ist als Taten. Die EZB betont, dass sie diese Ankäufe sterilisiert hat. Das heisst man tätigt gleichzeitig Geschäfte, die die Geldmenge im Umlauf wiederum reduzieren, den Effekt also neutralisieren. Damit hebt sie sich auch durchaus ab von zum Beispiel der US Notenbank. Trotzdem scheinen die Märkte der Meinung zu sein, dass nun ein Damm gebrochen ist.

Der Chef der Deutschen Bundesbank und Mitglied des Rates der Europäischen Zentralbank Axel A. Weber hat auch die den Zentralbankern so eigene Diskretion fallen gelassen und den Entscheid kritisiert. Vielleicht aber nicht ganz uneigennützig. Nachdem die EZB mit einem politischen Kompromiss schon in Sachen Glaubwürdigkeit schon leicht lädiert mit einem Präsidenten-Kompromiss auf den Weg geschickt wurde (Duisenberg musste frühzeitig zurücktreten um dem Franzosen Trichet Platz zu machen), denkt man auch schon über den nächsten Präsidenten nach. 2011 wird Trichet ersetzt werden. Weber als die Verkörperung deutscher Währungsorthodoxie würde wohl nicht nur die Märkte, sondern auch die Deutschen etwas beruhigen können.

Kommentare (2)

  1. #1 Wb
    Mai 26, 2010

    Ergänzen lässt sich vielleicht noch zu dieser Analyse, dass eine “formidable europ. Wirtschaftsregierung” seit eh und je auf der französischen Speisekarte stand und die waigelschen und kohlschen Stabilitätsvorhaben zumindest faktisch nur als Beruhigungspille für den deutschen Steuerzahler konzipiert waren.

    Zumindest lässt sich das Ex Post so ordentlich feststellen. Aber wer den franz. Nachrichten seit Anbeginn der Währungsunion gelauscht hat, Mitterand begann sogar symbolisch die DDR (u.a. auch DDR-Besuch, die seinerzeitigen Verlautbarungen waren außerordentlich köstlich), finanziell zu unterstützen, um Potential zu haben, hatte immer schon dbzgl. eine vage Ahnung, LOL.

    Funktionieren wird so eine Wirtschaftsregierung mit EUkraten aus Brüssel natürlich nicht; schwer vorstellbar was die Franzosen wirklich wollen.

    MFG
    Wb

  2. #2 michael
    Mai 27, 2010

    Er war (und angeblich auch Schäuble) ja auch für eine geordnete Insolvenz Griechenlands und meinte, dass der Rettungplan hauptsächlich französiche und deutsche Banken vor Verlusten bewahren sollte.

    Ob ihm diese Aussage dienlich ist, um Präsident der EZB ist, bleibt abzuwarten.