Die Fälle von Plagiaten in der Politik haben einen seltsamen Rückkoppelungseffekt geschaffen. Statt die Betrügerinnen und Betrüger in die Schamecke zu stellen wird bagatellisiert und heruntergespielt. Ein Gemeinschaftsprojekt von Wissenschaftsbloggern von scilogs.de und der sciencblogs.de möchten dem nun etwas entgegenstellen.

Deshalb habe wir ein neues Blog geschaffen. Das Ziel auf De Plagio (so der Name des Blogs) ist es, Exklusivbeiträge und Links zu sammeln, die die Aufmerksamkeit auf solches akademisches Fehlverhalten aufrecht erhalten sollen. Plagiate werden ein primärer Fokus sein aber nicht der einzige. Es kann nicht angehen, dass Betrug in der Wissenschaft an Akzeptanz gewinnt, schon gar nicht wegen ein paar öffentlichkeitswirksamen Fällen. Dies schadet nicht nur der Reputation aller ehrlich arbeitenden Forschenden, es unterminiert auch wissenschaftliches Arbeiten an und für sich. Dagegen wollen wir uns mit dem Blog wehren. Einerseits wird so hoffentlich ein Minimum an Öffentlichkeit geschaffen, um Ermüdungserscheinungen auf Grund der kurzen Aufmerksamkeitsspanne des Medienzirkus entgegenzuwirken, anderseits wollen wir auf diesem Weg signalisieren, dass es durchaus nicht so ist, dass solche Praktiken weiterherum akzeptiert wären.

Ich habe heute einen ersten Beitrag für De Plagio geschrieben. Ich befasse mich darin mit der Frage ob die Sozial- und Geisteswissenschaften speziell anfällig seien für Plagiatsfälle und denke über die Ökonomie des Plagiats nach. Also bitte lesen. Das Thema ist zu wichtig um es glatten Politikerinnen und Politikern zu überlassen.

De Plagio ist erreichbar unter https://deplagio.wordpress.com/. Wer einen guten Kontakt für Gastbeiträge hat, darf sich gerne bei mir melden. Texte können auch anonym eingereicht werden.

Kommentare (9)

  1. #1 Christian Reinboth
    Juli 1, 2011

    Dann wollen wir für das Projekt mal das Beste hoffen. Wobei es mich schon ein wenig irritiert hat, gleich im zweiten Beitrag zu lesen: “Als Beispiel konservativer Denkart halte ich seine Artikel für eine ausgezeichnete Werbung für nachhaltigen Alkoholkonsum und jede zum Konservatismus formulierbare politische Alternative.” Wenn die an sich enorm wichtige Debatte um Plagiate in der Politik von zu vielen exklusiv vor einen bestimmten politischen Karren gespannt wird, besteht nämlich die große Gefahr, dass man bei 50% der Politik gleich von vornherein auf taube Ohren stößt, was wiederum nicht sinnvoll ist, wenn man das Problem tatsächlich irgendwann mal angegangen sehen werden möchte…

  2. #2 Redfox
    Juli 1, 2011

    Was haltet ihr eigentlich von

    https://www.forschungsmafia.de/blog/

    Der beackert das Thema ja schon seid Jahren. Ich habe aber das Gefühl das er stellenweise arg über das Ziel hinausschießt und stellenweise eine halb-verschwörungstheoretische Ich-Gegen-Alle Sichtweise zeigt.

  3. #3 Redfox
    Juli 1, 2011

    @CR:

    Wenn Elmar Diederichs sarkastische Bemerkung im letzten Absatz eines langen, sachlichen und faktenreichen Artikels solche Überempfindlichkeitsreaktionen auslöst dann halte ich ihren Kommentar für eine ausgezeichnete Werbung für nachhaltigen Alkoholkonsum und jede zum Konservatismus formulierbare politische Alternative.

    P.s.: Die 50% sind ja wohl eher Wunschdenken.

  4. #4 Christian Reinboth
    Juli 1, 2011

    @Redfox: Vielleicht eine Anekdote zur Verdeutlichung: Ich war neulich dabei, wie ein Angehöriger einer Universität einem Landtagsabgeordneten erläutert hat, warum der Schaden für die Wissenschaft durch die Bagatellisierung von Plagiaten so enorm ist. Lauter gute und sachlich vorgetragene Argumente, in die dann ein “für Ihre Partei besonders wichtig, da Konservative ja eher zum Betrug neigen” einfloss. Die restlichen Ausführungen – allesamt sachlich völlig richtig und hörenswert – hätte er sich dann auch sparen können, da regelrecht zu spüren war, wie der Abgeordnete den Referenten mental in die “A*****och”-Sparte einsortierte, was ich an seiner Stelle vermutlich ganz genau so gemacht hätte – oder würden Sie sich gerne die “Betrugsneigung” unterschieben lassen.

    Derartige Geschichten sind kontraproduktiv und tragen zur Stärkung der Auffassung bei, dass es nicht darum geht, Schaden von der Wissenschaft abzuwenden, sondern darum, möglichst viele konservative Politiker anzuschießen. Dies wiederum kann dann von Verteidigern solcher Luftnummern wie Guttenberg dazu genutzt werden, das “Hetzjagd”-Argument zu bedienen und damit vom eigentlichen Problem abzulenken. Ich persönlich finde das suboptimal. Wem es gefällt, der darf natürlich gerne Beifall spenden.

  5. #5 merdeister
    Juli 1, 2011

    An dieser Stelle sei vielleicht noch an Retraction-Watch erinnert.

    Vielen Dank für das Engagement!

    https://retractionwatch.wordpress.com

  6. #6 skeptikus
    Juli 2, 2011

    Sehr gute Initiative. Gibt es eigentlich schon spürbare Konsequenzen für das Prozedere der Prüfung bzw. Bewertung von wissenschaftlichen Arbeiten?Hier scheinen einige Professoren und Gutachter nur die Einleitung und das Literaturverzeichnis zu überfliegen….

  7. #7 Sascha Vongehr
    Juli 2, 2011

    Da es dort algemein um wissenschaftliche Redlichkeit geht, vielleicht besteht Intertesse den folgenden Fall aufzugreifen:
    https://www.science20.com/alpha_meme/quantum_crackpot_randi_challenge_help_perimeter_physicist_joy_christian_collect_nobel_prize-79614

  8. #8 Logiker
    Juli 4, 2011

    “was ich an seiner Stelle vermutlich ganz genau so gemacht hätte – oder würden Sie sich gerne die “Betrugsneigung” unterschieben lassen.”

    Als Reaktioneur werden Sie jedem alles Böses unterstellen, was Ihrer Meinung widerspricht, Herr CR.

  9. #9 Thilo
    Juli 24, 2011

    Falls es bei VroniPlag gerade Leute gibt, die ein wenig Zeit übrig haben: ich fände es sehr interessant, wenn mal das Pamphlet von Anders Behring Breivik auf Plagiate analysiert werden würde. Große Teile seines Textes soll er ja aus Internetquellen kopiert haben, die sich sicher noch auffinden lassen. Interessant wäre das natürlich nicht wegen des Urheberrechts, sondern weil man gerne wissen würde, wer seine Stichwortgeber waren.