Wie funktioniert Wissenschaft? Wie sieht der Alltag eines Molekularbiologen eigentlich aus? Ich habs ja schon mehr als einmal gesagt, aber Marcus Anhäusers Berichte im Labortagebuch über seine Zeit beim Max-Planck-Institut für molekulare Zellbiologie und Genetik fand ich richtig klasse. Die Wissenschaft kam nicht zu kurz, aber gleichzeitig hat er es auch geschafft, den Laboralltag und die Leute die die Wissenschaft machen, realistisch und deshalb auch spannend zu beschreiben.

So etwas ähnliches gibt es jetzt auch zum Anschauen! Richard Rifkind, ein Emeritus vom Sloan-Kettering Institute for Cancer Research, hat zusammen mit der Autorin Carole Rifkind drei Jahre lang die Hochs und Tiefs einer kleinen Gruppe von Molekularbiologen am Colubia University Medical Center in New York verfolgt. Der Gruppenleiter Lawrence Shapiro ist besonders interessiert an der Strukturaufklärung von regulatorischen Proteinen des Energiehaushalts. Der Film “Naturally Obsessed” konzentriert sich vor allem auf die Forschungsprojekte seiner drei Doktoranden, und auch deren Leben. Er zeigt, wie der Alltag in der Molekularbiologie aussieht: immer wieder die gleichen Versuche, die öfter fehlschlagen als funktionieren. Trotzdem immer wieder die Hoffnung, dass beim nächsten Mal der ganz große Knaller rauskommt. Die Euphorie, und die viel zu häufige Verzweiflung, wenn es dann doch nicht klappt. Die alten, kleinen Laborräume, in denen jeder freie Platz mit irgendeinem Gerät vollgestopft ist. Aber auch das Leben außerhalb des Labors, das viel zu oft zu kurz kommt: Sondereinsätze am Sonntag zur Kristallstrukturanalyse von Proteinen, zerbrochene Beziehungen und das Baby, das bis nach der Doktorprüfung warten muss.

Ich fand es überraschend, wie ähnlich der Alltag von Doktoranden weltweit sein muss, wenn sogar die Sprüche die gleichen sind. Neben der namensgebenden Obsession, immer wieder neue Fragen zu stellen, Neues lernen zu wollen, bringt einer der Doktoranden auch ein Argument, das ich selbst schon hin und wieder verwendet habe, um meinen Antrieb zu beschreiben: Es ist ein unbeschreibliches Gefühl, wenn man etwas neues herausfindet. Für eine kurze Zeit ist man der einzige Mensch auf der Welt, der das weiß! Noch nicht mal der Chef oder die Kollegen wissen es. Fast genauso toll (aber nicht ganz) ist es dann aber, sein Wissen zu teilen.

Ich kann diese Doku wirklich jedem empfehlen. Die Doktoranden machen eine glaubwürdige Entwicklung durch, und der Alltag in einem molekularbiologischen Labor ist realistisch und doch (oder eher deswegen) spannend dargestellt. Und ganz nebenbei lernt man etwas neues über ein interessantes Forschungsgebiet! Der Film dauert fast eine Stunde, ist es aber wirklich wert. Und in ein paar Tagen ist ja wieder Feiertag, über ein verlängertes Wochenende kann man den Film mal zwischendurch ansehen!

via Bitesize Bio

Kommentare (3)

  1. #1 Ludmila
    Mai 31, 2010

    Oder wie die Kölner sagen würden: Wir sind einfach nur jeck.

    Jaha, diesem wohligen Gefühl folgen zumindest bei mir auch schnell Zweifel. Stimmt das überhaupt? Noch mal nachrechnen, überprüfen. Nen Kollegen bitten drüber zu gehen. Wieder warten. Auf der Konferenz vortragen. Und gespannt auf das Feedback warten. Und hoffen, dass keiner aufspringt und “alles falsch!” ruft. Zusammenschreiben. Einreichen. Wieder warten. Wie ist das Feedback der Reviewer? Wenn nicht so doll. Verdammt! Doch nicht so toll? Überarbeiten. Vielleicht woanders einreichen? etc. etc. pp ad infinitum. Schon spannend so ein Wissenschaftlerleben 😉

  2. #2 Katrin von der Bey
    Juni 7, 2010

    Vielen Dank für diesen Streifen!
    So Spannend. Und Anrührend.
    Gruß, K.

  3. #3 Hutshop
    März 12, 2012

    Ich muss sagen, dass ich bis dato dachte, es handelt sich bei Molekularbiologen um das triste Darsein verkappter Genies. Das Gegenteil ist der Fall.

    Authentisch gedreht. Klasse