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Ich habe kürzlich ein paar Anfragen zum Stern “T Pyxidis” bekommen. Anscheinend soll der in naher Zukunft die Erde zerstören? Ich hab mal ein wenig recherchiert – und tatsächlich: Anfang Januar gabs dazu jede Menge Meldungen in den Medien (das hab ich irgendwie komplett verpasst; das muss wohl während meines Urlaubs gewesen sein).

Die Schlagzeilen sind jedenfalls dramatisch: “Ist unsere Erde in Gefahr? Todesstern vor Mega-Explosion”, fragt sich die BILD-Zeitung und Oe24.at schreibt “Todesstern bedroht unsere Erde”. Abgeschrieben haben alle wohl in der britischen SUN, die in ihrem Artikel “The Death Star” verkündet: “A STAR primed to explode in a blast that could wipe out the Earth was revealed by astronomers yesterday.” (Schön fand ich auch den letzten Satz im Artikel: “Let’s hope there’s still time for England’s very own stars to put in a stella performance at this summer’s World Cup in South Africa.”. Hauptsache, England gewinnt die Fußball-WM – dann kann die Welt ruhig untergehen…).

Ok – was ist also mit diesem Stern los? Wird er uns wirklich alle umbringen?


Die wiederkehrende Nova

Den Stern T Pyxidis gibt es tatsächlich. Genaugenommen handelt es sich dabei aber um ein Doppelsternsystem. Eine der beiden Komponenten ist ein normaler Stern; die andere ein weißer Zwerg – also das, was bei von einem normalen Stern übrig bleibt, nachdem die Kernfusion in seinem Inneren mangels Treibstoff nicht mehr richtig funktioniert und die äußeren Schichten seiner Atmosphäre abgestoßen wurden. Die beiden Komponenten sind sich sehr nahe – so nahe, dass Material vom normalen Stern auf den weißen Zwerg gelangen kann. Die Masse des weißen Zwergs wächst also im Laufe der Zeit und irgendwann hat er genug Material angesammelt, so dass die Kernfusion kurzfristig wieder einsetzt. Der weiße Zwerg leuchtet plötzlich hell auf und man spricht von einer Nova (nicht zu verwechseln mit einer Supernova). Die Kernfusion stoppt aber schon bald wieder und erst wenn der weiße Zwerg erneut genug Material angesammelt hat, gibt es einen neuen Helligkeitsausbruch.

In der Astronomie nennt man sowas “wiederkehrende Nova” und bei T Pyxidis konnte man Helligkeitsausbrüche 1890, 1902, 1920, 1944 und 1966 beobachten.

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T Pyxidis, gesehen vom Hubble-Teleskop. Man erkennt das bei den Helligkeitsausbrüchen abgestoßene Material, das den weißen Zwerg ringförmig umgibt (Bild: HubbleSite)

Wo bleibt die nächste Nova?

Zwischen den jeweiligen Novae liegt also immer ein Zeitraum von etwa 20 Jahren. Ende der 1980er hätte T Pyxidis also das nächste Mal ausbrechen sollen – was aber nicht passiert ist. Die nächste Nova lässt mittlerweile schon seit über 40 Jahren auf sich warten.

Eine wichtige Frage in diesem Zusammenhang ist die nach der Gesamtmasse des weißen Zwergs: sinkt sie, weil bei den Novae immer wieder viel Material ins All geschleudert wird? Oder überwiegt der Massenzuwachs und der weiße Zwerg wird immer schwerer? Falls letzters zutrifft, wird er irgendwann so schwer werden, dass er die sogenannte Chandrasekhar-Grenze überschreitet. Dann ist der weiße Zwerg nicht mehr stabil und stürzt unter seinem eigenen Gewicht zusammen um einen Neutronenstern oder ein schwarzes Loch zu bilden. Die dabei auftretende Explosion – eine Supernova vom Typ Ia – ist wesentlich gewaltiger als die bisherigen Novae und zerstört den weißen Zwerg völlig

Edward Sion und seine Kollegen von der Villanova Universität in Philadelphia haben kürzlich einen Abstract veröffentlicht, der darauf hindeutet, dass man die Entfernung von T Pyxidis bisher überschätzt hatte. Anstatt über 10000 Lichtjahre entfernt könnte T Pyxidis nur etwa 3260 Lichtjahre entfernt sein! (Entfernungsmessung ist eine knifflige Angelegenheit).

Das würde aber auch bedeuten dass die restlichen Parameter des T Pyxidis-Systems entsprechend angepasst werden müssen. Die Masse des weißen Zwerges würde demnach tatsächlich wachsen und er würde kurz vor einem Supernova-Ausbruch stehen. Die Autoren schreiben:

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Kommentare (14)

  1. #1 schlappohr
    22. Februar 2010

    Angenommen, T-Pyxidis bläßt bei jeder Nova weniger Masse weg als er in der Zeit zuvor von seinem Begleitstern abgesaugt hat. Dann müsste er die Mindestmasse zu Neuzündung doch jedesmal ein wenig früher erreichen. Wenn ich mir die Zahlen anschaue, werden die Abstände zwischen den Novae aber tendenziell länger. Das sieht doch eher nach einem Masseverlust aus.

    Oder andersherum: Wenn T-P seit vierzig Jahren Masse sammelt, warum hat es dann nicht längst wieder eine Nova gegeben?

  2. #2 Christian A.
    22. Februar 2010

    Schöner Artikel! Wusste gar nicht, dass wir eine mögliche Typ Ia-Supernova in der Nähe haben 🙂 Nachdem die Sache mit der Gammastrahlung ja geklärt ist, würde ich mich ja sogar darüber freuen. Die Explosion dürfte ja ziemlich sichtbar werden auf der Erde, richtig?

    Noch eine Anmerkung: “dramtisch”? Ich glaube, da bin ich schon mal drüber gestolpert 😉

    (Und weise gleich darauf hin, wenn irgendjemanden hier mal regelmäßig eine “Defintion” unterkommt, dann könnte ich der Schreiber des entsprechenden Textes gewesen sein)

  3. #3 Jens K
    22. Februar 2010

    Vielen Dank für diesen tollen Artikel!
    Ich habe vor kurzem irgendwo (oder war das sogar hier bei Scienceblogs?) von dem Thema was erfahren, fand es aber damals eher uninteressant/unwichtig.
    Nachdem ich den Artikel bis etwas über die Hälfte gelesen habe und nach runterscrollen das Bild vom Todesstern zu gesicht bekam, musste ich laut loslachen 🙂
    Sehr unterhaltsam und trotzdem informativ verfasst, wäre bestimmt ein tolles Thema für Galileo Mystery zwecks Katastrophen-Billigfilm + anschließender Mystery-Sendung oder die Bildzeitung, wenn die das nicht sogar schon aufgegriffen hat.

  4. #4 Heckenpenner
    22. Februar 2010

    Wie is denn das mit nem GRB. Muss der gezielt die Erde treffen oder streut der so wie Schrot? was ich sagen will: Kann der GRB danebenschiessen?

  5. #5 Florian Freistetter
    22. Februar 2010

    @Heckenpenner: Das hab ich im verlinkten GRB-Artikel erklärt. Die GRB-Emissionen sind stark fokusiert.

  6. #6 Heckenpenner
    22. Februar 2010

    @Florian
    Oops, haett’ ich mal die Links gelesen anstatt ne doofe Frage zu stellen. Das werd ich jetzt erst mal nachholen. Sowas is mir immer peinlich -.-

  7. #7 grübelzwang
    22. Februar 2010

    Die Masse des weißen Zwergs wächst also im Laufe der Zeit und irgendwann hat er genug Material angesammelt, so dass die Kernfusion kurzfristig wieder einsetzt. Der weiße Zwerg leuchtet plötzlich hell auf und man spricht von einer Nova (nicht zu verwechseln mit einer Supernova). Die Kernfusion stoppt aber schon bald wieder und erst wenn der weiße Zwerg erneut genug Material angesammelt hat, gibt es einen neuen Helligkeitsausbruch.

    Was mich in diesem Zusammenhang interessiert ist, von welchen Zeiträumen kann man bei “kurzfristig”, “plötzlich” und “bald” ausgehen? Astronomen haben ja ein etwas anderes Verhältnis zu Zeit. Wenn solche Begriffe verwendet werden hat das meist nichts mit dem alltäglichen Verständnis dieser zu tun. Passiert so etwas in s, h, d, a? Kann man das vorhersagen?

  8. #8 Florian Freistetter
    23. Februar 2010

    @grübelzwang: Die Helligkeitsausbrüche können je nach Typ unterschiedlich lang dauern. I.A. spielt sich das aber im Bereich einiger Tage bis einiger Monate ab. Astronomisch gesehen also tatsächlich “plötzlich” und “kurzfristig” 😉

  9. #9 knorke
    23. Februar 2010

    Erstauntlich. 20 Jahre von Nova zu Nova kommt mir sehr kurz vor. Hätte da eher an mindestends Jahrhunderte gedacht in meiner astronomischen Unbelecktheit.

    Sammelt der das ein, was sein großer Bruder so ausschleudert, oder “knabbert” er regelrecht an dem? Wenn ja, könnte er denn auch in die andere Sonne reinplumpsen?

  10. #10 Meier Josef
    24. Februar 2010

    Florian schreibt: Dann ist der weiße Zwerg nicht mehr stabil und stürzt unter seinem eigenen Gewicht zusammen um einen Neutronenstern oder ein schwarzes Loch zu bilden. Die dabei auftretende Explosion – eine Supernova vom Typ Ia – ist wesentlich gewaltiger als die bisherigen Novae.

    Aus Wikipedia:
    Die dabei einsetzende Kohlenstofffusion zerreißt den Stern völlig. Daher wird dieses Phänomen auch als thermonukleare Supernova bezeichnet, eine weitere Bezeichnung ist Supernova vom Typ Ia.

    Was stimmt denn nun ? Neutronenstern oder völliges Zerreißen

  11. #11 Florian Freistetter
    24. Februar 2010

    @Meier Josef: “Was stimmt denn nun ? Neutronenstern oder völliges Zerreißen “

    Hmm – kann sein, dass ich da was verwechselt habe. Danke für den Hinweis. Bei so einer Supernova bleibt tatsächlich nichts übrig.

  12. #12 W. Rosencreutz
    26. März 2010

    Hallo. Klingt interessant, jedoch frage ich mich Folgendes: ist dieser Stern 3260 Lichtjahre entfernt, so braucht das Licht eben 3260 Jahre um uns zu erreichen; nehmen wir an morgen beobachten wir wie dieser Zwerg zu einer Supernova explodiert… da bleiben uns doch 3260 Jahre (!!!) um uns etwas zu überlegen, oder?
    Würde wirklich gerne eine Antwort von einem Fachmann bekommen und bedanke mich im Voraus.
    R+

  13. #13 Bullet
    26. März 2010

    Nun ja … wenn du morgen beobachtest, wie dieser Stern explodiert … dann nimmst du Licht wahr, das bereits 3260 Jahre unterwegs war. Na?

  14. #14 Ronny
    26. März 2010

    @Rosencreutz
    Oder anders ausgedrückt, woher willst du wissen dass die Nova passiert ist, wenn du es nicht beobachten kannst.