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Heute, am 7. Juli feiert man in Japan Tanabata. Naja – eigentlich müsste man es am siebten Tag des siebten Monats des Lunisolarkalenders feieren (“Tanabata” bedeutet auch “Siebter Abend”) und das wäre erst am 16. August. Aber Monkalender benutzt ja kaum noch wer und so feiert man heute einfach am 7. Tag des 7. Monats im normalen gregorianischen Kalender. Ich habe auch eigentlich mit Japan wenig zu tun. Ich war leider noch nie dort und von japanischen Feiertagen habe ich noch weniger Ahnung – aber hier geht es ausnahmsweise auch ein wenig um Astronomie 😉

Astronomie ist ja schon sehr alt und auch wenn es heute als ernsthafte Wissenschaft betrieben wird, standen am Anfang doch die Mythen, die sich um die Himmelsobjekte gebildet haben. In Europa kennen wir heute vor allem noch die klassischen Geschichte der Antike. Orion, der Himmelsjäger, die Königin Cassiopeia, Castor und Pollux die Zwillinge oder die Helden Perseus und Herkules sind alle als Sternbilder an unserem Himmel vertreten. Aber natürlich haben auch andere Kulturen sich Geschichten über die Sterne ausgedacht — ich habe z.B. vor einiger Zeit mal ein Buch über deutsche Sternbildsagen vorgestellt und mit dem Programm Stellarium kann man sich die Sternbilder der verschiedensten Kulturen mit Informationen zu den zugehörigen Geschichten anzeigen lassen.

Und eine dieser Geschichten kommt aus Japan. Hier geht es um den Rinderhirten Hikoboshi und Orihime, die Tochter des Himmelsgottes Tentei. Hikoboshi hat seine Kühe gehütet und Orihime hat fleissig Stoff für die Kleider der Götter gewebt. Tentei hat Orihime und Hikoboshi verkuppelt um seiner Tochter ein wenig Abwechslung zu gönnen. Aber wie das halt so kommt bei jungen Leuten haben sie vor lauter verliebt sein die Arbeit komplett vergessen. Es gab keinen Stoff mehr und die Kühe sind überall rumgelaufen. Also hat Tentei die beiden auf verschiedene Seiten von Amanogawa, dem großen Himmelsfluss, verbannt. Aber natürlich hat das auch nicht viel geholfen – denn nun waren sie zu traurig, um ordentlich zu arbeiten. Also dürfen sich die beiden einmal im Jahr, am 7. Tag des 7. Monats treffen. Allerdings gab keine Brücke über Amanogawa. Als sie sich also das erste Mal treffen wollten klappte es nicht und Orihime hat soviel geweint, dass ein großer Schwarm Elstern angeflogen kam und versprach, mit ihren Flügeln eine Brücke zu bilden. Das würden sie auch in Zukunft jedes Jahr tun – allerdings nur, wenn es an diesem Tag nicht gerade regnet.

Nette Geschichte. Und hier könnt ihr die Protagonisten nochmal sehen:

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Der helle Stern oben links im Bild ist Orihime; besser bekannt als Wega. Unten in der Mitte findet sich der helle Stern Altair im Sternbild Adler: Hikoboshi. Getrennt sind beide durch die Milchstrasse – den großen Fluss Amanogawa. Zwischen den beiden sieht man die Brücke der Elstern: die Dunkelwolken des nördlichen Kohlensacks. Zusammen mit dem hellen Stern ganz links in der Mitte des Bildes – Deneb – bilden Wega und Altair das berühmte Sommerdreieck. Im August erreicht steht es am höchsten am Sommerhimmel – also zu dem Zeitpunkt, an dem das Tanabata-Fest ursprünglich gefeiert wurde (und in manchen Städten, wie z.B. Sendai immer noch gefeiert wird).

Heute interessiert man sich bei den Feierlichkeiten natürlich nicht mehr wirklich für Astronomie. Man schreibt seine Wünsche auf kleine Papierstreifen die dann überall, mit jeder Menge anderer Dekoration aufgehängt werden. Es gibt Paraden und Dekorationswettbewerbe, Essen und Trinken und ganz allgemein viel gute Stimmung 😉

Ich vermute mal, dass ich wenig bis keine Leserinnen oder Leser aus Japan habe – wünsche aber allen, die das Tanabata-Fest feiern trotzdem viel Spaß!

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Kommentare (9)

  1. #1 Alexander
    7. Juli 2010

    Klasse! Mir kam die Geschichte merkwürdig bekannt vor, und jetzt weiß ich auch wieder warum. Richard Parks hat mit “On The Banks Of The River Of Heaven” eine short story geschrieben, die ganz deutlich auf der Geschichte von Orihime und Hikoboshi beruht. Nachzulesen in Realms of Fantasy (ich glaube April 2008 – wohl nicht online zu lesen), oder noch einfacher anzuhören bei PodCastle!

  2. #2 Akures
    7. Juli 2010

    Als Japan- und Anime-Fan bin ich mit dem heutigem Tanabata zwar recht vertraut, aber die Geschichte dahinter kannte ich noch nicht. Daher danke fuer diese Information.
    Allerdings bin ich ueberrascht, dass das Ganze seinen Ursprung auch in Japan haben soll. In Tolkiens Silmarillion gibt es eine aehnliche Geschichte, daher nahm ich an es basiert auf einer Legende aus dem europaeischen Raum.

  3. #3 Astrotux
    7. Juli 2010

    @Florian: Hättest du mal besser dieses Bild vom Sommerdreieck genommen.
    https://www.scienceblogs.de/weitergen/Sommerdreieck_090815_17mm_5m_MH.php
    Wurde zwar beim “Fotowettbewerb” letztes Jahr prämiert, ist aber nie hier präsentiert worden und außerdem find ich es besser, nicht nur weil es von mir ist 😉
    @Tobias: btw, also etwas enttäuscht bin ich schon.

  4. #4 ThePaper
    7. Juli 2010

    Sehr schön erzählt, aber nicht ganz vollständig. Wie so vieles was heute in Japan Tradition ist, stammt die Geschichte ursprünglich aus China.
    https://de.wikipedia.org/wiki/Tanabata
    Und die Wünsche werden nicht nur einfach irgendwo angebunden.
    Es muss ein Bambus sein. Das kann man sich dann so vorstellen wie der Weinachtsbaumwahn im Westen.
    Der Grund dafür kommt wohl von einer Variante der Geschichte, wo auch der Bambus ein Rolle spielt.

  5. #5 Florian Freistetter
    7. Juli 2010

    @Astrotux: Oh – ja, das ist wirklich schön… Ich erinnere mich an den Wettbewerb – aber das da ein Bild des Sommerdreiecks dabei war ist mir irgendwie entfallen.

  6. #6 Basilius
    7. Juli 2010

    @Akures
    Den meisten Menschen aus unserer westlichen Hemisphäre ist nicht so recht bewusst, wie oft uns Geschichten erzählt werden, welche ihren Ursprung in Japan haben, ohne daß uns dieser Zusammenhang genannt wird. Tolkien bediente sich ja recht ausgiebig in diversen Mythen und hat diese “Inspirationen” in seine Welt zusammengeführt.
    Die Star Wars Filme basieren zum Teil in ihrer Mythologie ja auch auf einigen Elementen aus dem feudalen Japan (Samurai = Jedi, …). George Lucas war auch ein großer Fan von Akira Kursawa, dessen Themen immer wieder gerne im Westen aufgegriffen wurden, wie z.B. bei die 7 Samurai (siehe Die glorreichen Sieben).

    Im Falle der Animes finde ich es immer wieder total lustig, daß die meisten Erwachsenen (vor allem in Deutschland!) meinen, daß Zeichentrickfilmchen ja nur was für Kinder seien. Die Vorstellung geht ja selten über Sailor Moon, Pokemon und ähnliches hinaus. Wenn die Erwachsenen dann mal einen Anime gezeigt bekommen, der doch wieder mal eher für ein erwachsenes Publikum gemacht wurde, so erntet man bestenfalls kopfschütteln und die Versicherung: “Sowas würde ich mir nie ansehen und Animes habe ich auch noch nie gekuckt! Und was heutzutage so im KiKa gebracht wird ist ja echt nicht mehr feierliche, das sollte man….”.
    Irgendwie wird hier immer übersehen, daß viele Zeichentrickserien aus der eigenen Kindheit in den 70er oder 80er Jahren eigentlich Animes sind und aus Japan kommen ( Heidi, Wicki, Pinocchio, Biene Maja, ….).

    @ThePaper
    Darf ich Sie Yomiko Readman nennen?
    Ja, die chinesische Mythologie war (und ist) wohl ein reicher Fundus für die Japaner. Am besten gefällt mir die Geschichte von
    Son Goku, dem Affenkönig. In der hinduistischen Mythologie auch als Hanuman bekannt. Den habe ich ursprünglich auch über einen Manga kennengelernt. Das ist letzten Endes wie unsere griechische Mythologie. Die wesentlichsten Teile einer großen epischen Erzählung sind hier alle schon lange mal da gewesen, wie bei Homer.

    @Florian:
    Ein schöner Artikel. Der Zusammenhang mit dem Mondkalender war mir völlig neu. Faszinierend, was nicht alles irgendwie doch auch mit der Astronomie zusammenhängt.
    In dem Sinne Deiner Einleitung: “Kyo wa tanoshii tanabata!”

  7. #7 Basilius
    7. Juli 2010

    Und weil es so halbwegs zum Thema passt:
    Ich lese gerade auf Florians Empfehlung hin das Buch 2012 Das Ende aller Zeiten von Brian d’Amato. Tolles Buch, sehr spannend und voller Zitate, Hinweise und Referenzen auf alles mögliche aus: Techno-Geek-Speak, exotischen Fremdsprachen, alten Mythologien und Populärkultur.

    Und was musste ich hier gerade lesen als die Protagonisten bei einer “geheimen Infiltration” über Kopfhörerchen sich selber nur noch mit Kodenamen ansprechen sollen?
    Die nennen sich da auf einmal:
    Asuka Soryu Langley
    Pen-Pen
    Lorenz Kiel (der braucht allerdings etwas Phantasie zum erkennen, oder man weiß es einfach)

    Keine Ahnung, wieviele da noch von dem Haufen kommen werden…

    Auf jeden Fall sind die mir aus einem der (wenn nicht gar DEM) einflussreichsten und erfolgreichsten Anime bekannt. Nämlich Neon Genesis Evangelion. Wer diese Fernsehserie gesehen hat (gibt’s auch auf DVD) der wird nie wieder auf die Idee kommen Zeichentrick sei etwas für Kinder. Selten etwas so psychologisch Bedrückendes gesehen. Und selten eine so große und epische Geschichte erzählt bekommen. Nebenbei bemerkt: Der seltsame Titel macht absolut Sinn, aber das merkt man erst gegen Ende der Serie, wie manches in der Serie erst zum Ende hin immer klarer wird. Der Herr Brian d’Amato scheint also auch ein Fan von EVA (wie es gerne abgekürzt wird) zu sein. Na prima! Da befindet es sich ja in bester Gesellschaft. Robin Williams zum Beispiel (ja, der) ist auch bekennender EVA Fan.
    Öhhh, …….. was hat das jetzt mit Tanabata zu tun?
    Naja, vielleicht noch am ehesten, über die Japan Schiene, weil die Handlung von EVA doch meistens in Japan spielt. Aber eigentlich geht es da ganz massiv um alte Jüdisch-Christliche Vorhersagen vom Ende der Welt. Außerdem kommt der Mond (und noch ein paar andere Monde) in einer wichtigen Nebenrolle drin vor! Wenn das mal kein Argument beim Astrodictibums ist! Womit sich der Kreis zum Buch 2012 wieder schließt. Zudem ist es ein schönes Beispiel, wie sich ein japanischer Geschichten Erzähler wiederum ohne jede Skrupel an unseren Mythologien vergriffen hat. Bei der Gelegenheit sollte ich noch davor warnen, diese Serie auf keinen Fall einem streng gläubigen Christen zu zeigen, der wird das nicht lustig finden. Das kommt übrigens in der japanischen Geschichtenerzählerei öfters vor. Wenn hier oder in den USA so manche streng Gläubigen wüssten, aus was für Anleihen bei der Bibel japanische Autoren echt schräge Geschichten schnitzen… Da würde so mancher von denen wahrscheinlich gerne die spanische Inquisition herbeisehnen. Aber die können glaube ich gerade nicht, weil die müssen Fussball spielen. Jedenfalls kuckt meine andere Hälfte gerade… das wird jetzt wirklich off-topic.

    Aber was soll’s, wenn das Ergebnis als Geschichte mir gefällt und mich unterhält solls mir das Recht sein.
    In dem Sinne: O-yasumi nasai!

  8. #8 Basilius
    8. Juli 2010

    Falls es einen interessiert:
    Ich habe weitergelesen und meine These, daß die Kodenamen den Protagonisten aus der Anime-Serie Neon Genesis Evangelion entsprechen scheint sich zu bestätigen. Weitere benutzte Kodenamen lauten:
    – Ikari ( das ist etwas schwieriger, da es in EVA drei Personen mit Nachnamen Ikari gibt. Ich würde hier aber auf Ikari Gendo tippen, der passt hier am ehesten)
    – Shigeru (Aoba)

  9. #9 XyloCephalus
    8. Juli 2010

    @Astrotrux, @Florian:
    Anmerken möchte ich, dass mir das von Florian eingestellte Bild zur Erkennung des Sommerdreiecks wesentlich besser gefällt, ich erkenne die 3 Sterne noch einigermaßen schnell. Auch wirkt der überwiegend dunkle Hintergrund viel eher so, wie ich den Nachthimmel bei uns selbst erlebe. Das von Astrotux verlinkte Bild dagegen ist zu detailreich und zu rot in der Farbwirkung, das entspricht nicht meiner Sicht. Mag sein, dass es damit mehr Informationen über diesen Himmelsausschnitt hergibt und auch ein Farbspektrum aufzeigt, von dem man wissen sollte, aber es entspricht eben nicht meinem Himmelseindruck.

    Zudem habe ich Mühe, hier die “Aufgabe” zu lösen und Deneb, Vega und Altair zu finden. Und mehr noch, bei beiden Bildern fällt es mir überhaupt schwer, bekannte Sternbilder wie den Schwan oder den Adler zu identifizieren, bei Astrotux’ Bild fast unmöglich. Im realen nächtlichen Himmel nahe einer europäischen Mittelstadt sind die lichtstärksten Sterne gerade so deutlich, dass die wichtigen Sternbilder gut zu erkennen sind, und mit etwas Eingwöhnung erkenne ich auch schwächere, wie den Delphin, den Pfeil oder die Nördliche Krone. Selbst aber auf Florians Bild fällt mir das schon extrem schwer.

    Also: es kommt auch darauf an, welchen Zweck ein Foto erfüllen soll, und ob sich entsprechend damit arbeiten lässt. Mein Favorit in Punkto Schönheit und Gegenüberstellung von Himmelsgewölbe gegen Irdisches (wenn auch genauso wenig “meine” Sicht) ist jedoch dieses hier vorgestellte Foto.