Wie stellt man den Urknall bildlich dar? Wir stellen uns ja da meistens eine Art große Explosion vor, bei der es ordentlich rumms und dann alles auseinanderfliegt. Aber das ist nicht wirklich so; der Urknall war keine Explosion im Raum sondern die Entstehung von Raum und Zeit selbst. Und das zu visualisieren ist nicht wirklich einfach. Der amerikanische Künsterl Josiah McElheny hat sich davon aber nicht abschrecken lassen sondern sich gemeinsam mit dem Astronomen David Weinberg überlegt, wie man das am besten anstellt. Das Ergebnis sind eine Reihe von “kosmologischen Skulpturen”, die wirklich beeindruckend sind.

Das hier ist “An End of Modernity”:

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Bild: Josiah McEheny

In dieser Skulptur steckt jede Menge Wissenschaft die man im Artikel From the Big Bang to the Multiverse: Translations in Space and Time nachlesen kann, den Weinberg geschrieben hat. In “An End of Modernity” sieht man keine Explosion: eine der räumlichen Dimensionen wurde als Zeitachse interpretiert. Während der Urknall also ganz im Zentrum der Skulptur stattfindet stellen die äußeren Bereiche die aktuelle Situation dar. Und dazwischen kann man die gesamte Entwicklung des Kosmos beobachten. Die 230 Stäbe der Skulptur haben eine zufällig gewählte Länge und Richtung und an ihrem Ende findet man Glasscheiben und -Kugeln die Galaxienhaufen darstellen. Je nachdem wie lang ein Stab ist – d.h. je nachdem wieviel Zeit seit dem Urknall vergangen ist – ändert sich das Aussehen dieser Glasgalaxien; entsprechend der tatsächlichen Entwicklung der Galaxien im Universum. Je weiter man nach außen kommt, desto größer werden die Galaxien und desto stärker sind sie in Galaxienhaufen organisiert. Die Lampen stellen die heißen Zentren der Galaxien mit ihren supermassiven schwarzen Löchern dar. Auch hier bestimmt wieder die tatsächliche Evolution des Universums wie hell und wie oft diese Lampen leuchten.

Im Zentrum der Skulptur sitzt eine große Kugel aus Aluminium. Sie repräsentiert sie sogennante “Last Scattering Surface” bzw. die kosmische Hintergrundstrahlung. Denn früher, als das Universum noch sehr heiß war, konnten die Wasserstoffatome ihre Elektronen nicht halten; Protonen und Elektronen bewegten sich frei durchs All. Diese freie Elektronen haben dann aber die Photonen des Lichts gestreut: das Universum war quasi undurchsichtig. Erst als etwa 380000 Jahre nach dem Urknall das All kühl genug geworden ist (ca. 3000 Kelvin) so dass die Protonen die Elektronen halten konnten wurde das Universum durchsichtig; das Licht konnte sich in alle Richtungen ausbreiten. Das ist die kosmische Hintergrundstrahlung die wir heute noch beobachten können und weiter zurück können wir nicht wirklich sehen. Also schirmt auch die Aluminiumkugel unsere Blicke vor dem eigentlich Urknall im Zentrum der Skulptur statt.

Es gibt noch jede Menge weitere interessante Details die in Weinbergs Artikel beschrieben werden – und McEheny hat auch noch weitere kosmologische Skulpturen dieser Art geschaffen. “Island Universe” finde ich ja persönlich besonders schön. Und – auch wenn mancher da vielleicht anderer Ansicht sein mag – die wissenschaftliche Erklärung nimmt dieser Kunst nicht ihre Faszination. Ich halte es da so wie Richard Feynman – die Wissenschaft trägt zur Schönheit bei:

“Die Schönheit, die [die Blume] für dich hat, entgeht mir keineswegs. Aber ich sehe auch eine tiefere Schönheit, die sich anderen nicht ohne weiteres erschließt. Ich sehe die komplizierte Wechselbeziehungen in der Blüte. Die Blüte ist rot gefärbt. Sie hat eine Farbe – bedeutet das, dass sie sich in der Evolution entwickelt hat, um Insekten anzulocken? Damit haben wir eine neue Frage. Können Insekten Farben sehen? Haben sie ein Gespür für Ästhetik? Und so weiter. Ich verstehe nicht, wie eine Blüte an Schönheit verlieren soll, wenn wir sie untersuchen. Es kommt immer nur Schönheit hinzu.”

Allerdings!


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Kommentare (21)

  1. #1 Bjoern
    2. November 2010

    Na ja – mit Erklärung dazu ist “An End of Modernity” ja sehr hübsch und intelligent gemacht. Aber ohne Erklärung dazu sieht’s (IMO) doch sehr stark wie eine Explosion aus…

  2. #2 Florian Freistetter
    2. November 2010

    @Bjoern: Naja – richtig “verstehen” kann man moderne Kunst ja ohne Erklärung sowieso nicht mehr…

  3. #3 hiergiltdiestfu
    2. November 2010

    Sieht aus wie die Ikea-Lampe PS MASKROS (boshaft gern auch Ikea Pinhead [1] genannt.. jedenfalls noch vor Ikea Pax das aufbautechnisch schlimmste, was die Schweden zu bieten haben)

    [1] https://twitpic.com/1x1p2u

  4. #4 Eddy
    2. November 2010

    Ich habe mich jahrelang (vergebens) damit herumgeplagt mir einen aufgehenden Teig vorzustellen oder eine Art dreidimensionale Oberfläche eines Luftballons, ohne Zentrum. Ein vierdimensionales Raumzeitkontinuum konnte ich mir einfach nicht bildlich vorstellen. Dazu kam noch dass es Überlichtgeschwindigkeit nicht gibt, dass es jedoch durch die Raumexpansion zu Überlichgeschwindigkeit de facto kommt. Einmal ganz abgesehen von den Paradoxa und der Tatsache dass pure Strahlung sich von selbst zu Galaxien formt. Erst durch das sehr gute Buch “Big Bang” von Simon Singh und Klaus Fritz wurde mir definitiv klar, warum einige Aussagen der Kosmologie absolut unwiderlegbar sind. Und jeder Laie kann es ohne Umwege direkt verstehen.

    https://de.wikipedia.org/wiki/Big_Bang_(Buch)

    Billiger wurde man noch nie erleuchtet. So ein Buch müsste m.E. Pflichtlektüre in der Schule werden.

    Ich will kein Spielverderber sein, aber die Skulptur würde mich eher verwirren. Folgendes Bild hier entspricht eher dem, was ich zum Themas Urknall als Kunst verstehen könnte:

    https://aldehy.de/files/urknall2.jpg

  5. #5 Florian Freistetter
    2. November 2010
  6. #6 katja
    2. November 2010

    Ja klar braucht auch Kunst Erklaerungen und Hintergrundwissen. Wenn ich mir mathematische Gleichungen ansehe brauche ich ein gute Stueck Basiswissen um da irgendetwas herauszufinden oder sehen zu koennen was Sinn macht. Auch dann schaue ich sie an und denke: ‘Mmmmh, aja…’. Weil ich leider sehr wenig darueber bescheid weiss.
    Aber fuer einen Menschen der sehr viel von Mathematik versteht gibt es doch Gleichungen die er als wunderschoen und absolut fantastisch bezeichnen wuerde. Kann ich soweit gehen dass derjenge dann vielleicht auch geruehrt ist?

    Also braucht man auch fuer dieses, fuer mich wunderschoene Kunststueck Hintergrundwissen, die Florian ja liefert und uns aufmerksam darauf macht, dass Kuenstler versuchen Wissenschaft zu vermitteln in Bereiche wo vielleicht noch nicht so viel Bewusstsein dafuer ist. Wobei ich natuerlich auch denke, dass diese Kuenstler selber auch genug Informationen dafuer zur Verfuegung gestellt haben. Das muss man sich vorstellen wie die Endgleichung einer langen Berechnung. Da kann ich doch auch nicht einfach draufstarren und sagen: ‘Na da haette man auch mehr Informationen ‘reinmachen koennen.’ Da liegt es doch an mir mehr darueber hinaus zu finden.

    @Eddy: Weisst du, fuer Leute wie mich sind diese Schaubilder sehr kompliziert zu verstehen und ich verzweifle selbst an meiner Art die Dinge zu verstehen und bin ueber jeden Menschen froh, der es auf andere Weise versucht.

  7. #7 Eddy
    2. November 2010

    @katja
    Ich bin ganz Ihrer Meinung. Was Florian hier macht ist unbezahlbar und auch noch umsonst. 🙂 Trotzdem finde ich das Kunstwerk nicht besonders schön und für das Verständnis des Urknalls eher verwirrend. Das gilt aber wohl eher für Laien wie mich?!

  8. #8 Basilius
    2. November 2010

    @Eddy
    Bitte mein Nörgeln nicht persönlich nehmen, aber ein bisschen genauer würde ich das schon schreiben wollen, weil es ansonsten mißverstanden werden kann. Und Menschen die gerne etwas mißverstehen wollen gibt es ja wahrlich zuhauf 😉

    Was Florian hier macht ist nicht umsonst, sondern kostenlos.

    Was @katja gesagt hat finde ich ebenfalls sehr schön und trifft meine Meinung recht gut. Wenn man Kunst wirklich verstehen will, so ist eine wie auch immer geartete Erläuterung oftmals überaus hilfreich. Ich denke hier nur an die schöne alte Fernsehserie 100(0) Meisterwerke. Da wurden (meist eher unbekannte) Gemälde in 10 min. von fachkundigem Mund erklärt. Das hat mir bei Gemälden, welche mir zuerst völlig unzugänglich waren, doch des öfteren die Augen wortwörtlich geöffnet. Diese Analogie ist für die Physik und allgemein Naturwissenschaften ebenso sehr schön anwendbar.
    Wobei ich zugeben muß, daß mich das obige Bildchen jetzt auch nicht gerade vom Schemel reißt, aber das muss es ja auch nicht…

  9. #9 Cyrano
    2. November 2010

    Die besondere Qualität eines Kunstwerkes ist, dass es sowohl mit als auch ohne Hintergrundwissen aesthetischen Genuss bieten kann. Das ist hier besonders spannend, weil die gezeigte Skulptur doch recht nah an einem extravaganten Gebrauchsgegenstand ist (einer Art Lampe etwa), und auf den ersten Blick vielleicht nur ein müdes Lächeln hervorzurufen vermag: “Was solln das schon wieder”…
    Dass eine Skulptur, die an typische Exponate abstrakter Kunst erinnert, auf den zweiten, informierten Blick etwas konkretes darstellt oder darzustellen versucht, so schwer vorstellbar dieses Konkrete (Urknall u. raumzeitliche Expansion) auch sein mag, ist meines Erachtens tatsächlich sehr spannend, und es gießt das auf diesem Blog schon mehrfach formulierte Problem “Ein vierdimensionales Raumzeitkontinuum konnte ich mir einfach nicht bildlich vorstellen” (Eddy) doch wirklich in ein treffendes Bild. Dass man sich über das Werk ein wenig informiert ist natürlich vorausgesetzt, aber das ist auch hilfreich wenn es sich grade mal nicht um sogenannte “moderne” Kunst handelt…

  10. #10 June
    3. November 2010

    Ich stelle mir das Universum vor als eine Kugel
    die wie ein Schifferklavier zyklisch ab- und zunimmt.
    Auf meiner Seite stehen fundamentale Gesetze wie
    Konservation der Masse, Energie, und Momentum.

    Was widerlegt eigentlich diese Idee?
    Was beweisst uns dass der Urknall nicht eine Illusion ist?

  11. #11 togibu
    3. November 2010

    Also für mich sieht das aus, wie die Nachbildung des Abbrennens einer Wunderkerze. Es ist ja auch bald Weihnachten 🙂

  12. #12 Bjoern
    3. November 2010

    @June:

    Ich stelle mir das Universum vor als eine Kugel
    die wie ein Schifferklavier zyklisch ab- und zunimmt.

    Damit bist du nicht alleine; der bekannte Kosmologe Steinhardt vertritt ebenfalls ein zyklisches Modell…

    Auf meiner Seite stehen fundamentale Gesetze wie
    Konservation der Masse, Energie, und Momentum.

    Tja, aber die ersten beiden Erhaltungssätze gelten überhaupt nicht streng… Erhaltung der Masse ist bekanntermassen in der Kern- und Teilchenphysik verletzt (da gilt nur Energieerhaltung), Erhaltung der Energie ist in der Allgemeinen Relativätstheorie verletzt. Und da für die Kosmologie sowohl die Allgemeine Relativitätstheorie als auch die Teilchenphysik wichtig ist, kannst du dich also schlecht auf die Erhaltung der Masse und der Energie berufen…

    Was das Ganze mit der Erhaltung des Impulses zu tun haben soll, ist mir schleierhaft; könntest du das näher erklären? (und übrigens: warum verwendest du eigentlich englische Begriffe? Konservation (conservation) = Erhaltung; Momentum = Impuls im Deutschen!)

    Was beweisst uns dass der Urknall nicht eine Illusion ist?

    Erstens einmal ist alles andere als klar, was genau du hier mit “Illusion” meinst. Zweitens gibt es in den experimentellen Naturwissenschaften sowieso nie einen “Beweis” für irgend etwas.

  13. #13 Basilius
    3. November 2010

    @togibu
    Stimmt. Das hatte ich ganz vergessen zu schreiben. Auch ich fühle mich hier frappierend an eine Wunderkerze erinnert. Der Effekt rührt m.E. von den vielen Explosiönchen 2. Ordnung her. Das sieht doch wirklich gerade mal genau so aus.
    ^_^

  14. #14 Johnny
    3. November 2010

    1.) Welche Qualifikation hat der Künstler, so eine These zum Thema Urknall abliefern zu dürfen?

    2.) Auf welche Untersuchungen stützt sich seine Interpretation des Themas?

    3.) Inwiefern ist das Gebilde realbezüglich (Ich möchte hier bitte Beweise, nicht bloß Palaver!)

    4.) Warum wird so ein Eso-Scheiß hier gepostet?

    Setzen, Sechs!

  15. #15 Basilius
    3. November 2010

    @Johnny
    Falls Sie es noch nicht begriffen haben: Es geht hier in erster Linie um Kunst!

    Die kann gefallen oder auch nicht. Aber hier mit realbezüglichem Qualifikations-Eso-Scheiß zu kommen ist einfach eine Themaverfehlung. Oder geht es nur ums Motzen?

  16. #16 Bjoern
    3. November 2010

    @Johnny: Den Artikel lesen wäre auch nicht schlecht, bevor man anfangen zu motzen – oder?

    1.) Welche Qualifikation hat der Künstler, so eine These zum Thema Urknall abliefern zu dürfen?

    Siehe gleich im ersten Absatz des Artikels: “Der amerikanische Künsterl Josiah McElheny hat sich davon aber nicht abschrecken lassen sondern sich gemeinsam mit dem Astronomen David Weinberg überlegt, wie man das am besten anstellt.” Oder genügt es deiner Ansicht nach nicht, einen Astronomen um Rat zu fragen…?

    2.) Auf welche Untersuchungen stützt sich seine Interpretation des Themas?

    3.) Inwiefern ist das Gebilde realbezüglich (Ich möchte hier bitte Beweise, nicht bloß Palaver!)

    Das ganze stützt sich auf die Erkenntnisse der Kosmologie der letzten Jahrzehnte. “Beweise” gibt’s in den experimentellen Naturwissenschaften grundsätzlich nicht, nur Belege. Fang’ mal hier an:
    https://www.talkorigins.org/faqs/astronomy/bigbang.html

    4.) Warum wird so ein Eso-Scheiß hier gepostet?

    Was hat denn der Artikel mit “Eso-Scheiß” zu tun?!?

  17. #17 Maria
    3. November 2010

    gehe auf die Antworten nicht ein aber die Lampe finde ich einfach nur cool

  18. #18 schlappohr
    4. November 2010

    Mir kommt dabei spontan eine Frage in dem Kopf: Je älter und kühler das Universum wird, desto komplexer werden die Strukturen: Anfangs nur Quarks, dann Atomkerne, Atome, Gaswolken, Galaxien, auf der anderen Größenskala komplexe Moleküle, DNA…
    Aber das Universum kühlt weiter ab. Welche Strukturen werden sich in Zukunft bilden? Oder wird die Komplexität wieder abnehmen, weil es zu kalt ist, als dass sich noch kompliziertere Dinge bilden werden?

  19. #19 Bjoern
    4. November 2010

    @schlappohr: Wie du im Prinzip selbst schon erkannt hast, ist das nicht einfach eine simple “je-desto”-Beziehung. Für komplexe Dinge wie Leben ist es halt nicht günstiger, je kälter es ist – sondern es gibt einen gewissen Temperaturbereich, der für es am günstigsten ist. Wird’s kälter, so werden die Molekülbewegungen immer langsamer – und unterhalb einer gewissen Temperatur können sich die komplexen Strukturen in Zellen nicht mehr selbst aufrechterhalten.

  20. #20 Eddy
    4. November 2010

    @Basilius

    Du schreibst:

    “Was Florian hier macht ist nicht umsonst, sondern kostenlos.” GENAU 😉

    Das Kunstwerk erinnert mich an Feuerwerkaufnahmen. Ich glaube es kommt bald ein Film im Kino über Kunst der genau das ausdrückt was ich von moderner Kunst halte.

    Ich denke übrigens dass man über Geschmack nicht diskutieren sollte, dass man aber über Kunst diskutieren kann. Französische Mitbürger pflegen zu sagen: *”Les goûts et les couleurs ne se discutent pas”. 😉 Philosophisch sind die dem modernen Germanen haushoch überlegen. ;-)))

  21. #21 RubyDelgado
    21. Mai 2011

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