Den nicht stattfindenden Weltuntergang habe ich in meinem Blog ja schon in allen Details behandelt. Dabei habe ich mich aber meistens darauf beschränkt, die diversen physikalisch-astronomischen Aussagen über angebliche Katastrophen zu untersuchen und widerlegen. Aber natürlich steht der Weltuntergang 2012 nicht isoliert da, sondern steht in einer langen Tradition von apokalyptischen Prophezeiungen. Das einzige besondere am 21. Dezember 2012 ist die Tatsache, dass die immer wiederkehrenden Weltuntergangsfantasien diesmal eine breite Masse erreicht haben (was sicherlich auch der Unterstützung von Hollywood zu verdanken ist). Betrachtet man die Sache aus religiöser bzw. historischer Sicht, dann merkt man schnell, dass Weltuntergangsprophezeiungen eine lange Tradition haben. Einen solchen Überblick über die “Mythen und Theorien vom Untergang der Welt” liefert Thomas Grüter (er bloggt übrigens drüben bei den SciLogs) in seinem Buch “Faszination Apokalypse”.
Das Buch hat drei (unterschiedlich lange) Teile. Im ersten – den ich als den Hauptteil des Buches ansehen würde – geht es um die Religion. Grüter erklärt ausführlich, wie die verschiedenen Religionen der Welt mit der Apokalypse umgehen. Wo haben sich welche Weltuntergangsvorstellungen entwickelt, und warum? Wie kam das Jenseits in die Religion und wie entwickelten sich Himmel und Hölle und das bestrafende Weltgericht, das entscheidet, wer wohin kommt? Besonders intensiv widmet sich Grüter der jüdisch-christlichen Religion – kein Wunder, denn in der Bibel findet man den wohl berühmtesten apokalyptischen Text: Die Offenbarung des Johannes. Die wird von Grüter dann auch ausführlich auseinandergenommen und im Kontext ihrer Entstehungszeit erklärt – und damit auch gleichzeitig “entzaubert”. Wer diese sehr gut verständliche Analyse der Johannes-Offenbarung gelesen hat, sollte danach eigentlich nicht mehr auf diverse Weltuntergangspropheten hereinfallen, die sich dieser symbolreichen Bibelpassage bedienen um ihre Katastrophenszenarien auszuschmücken.
Der zweite Teil des Buches hat mich nicht ganz so stark gefesselt. Es geht hier um das Ende der Welt aus soziologischer beziehungsweise psychologischer Sicht und Grüter erzählt hier verschiedene Geschichten. Die sind durchaus interessant. Ich hatte zum Beispiel nicht gewusst, dass die Stadt Münster im 16. Jahrhundert einmal einige Jahre von einer apokalyptischen Sekte beherrscht wurde. Grüter beschreibt (übrigens auch in seinem Blog), wie die Weltuntergangsprediger immer mehr Anhänger gewannen und schließlich die Stadt übernommen haben. Es ist auch recht aufschlussreich zu lesen, wie die Anhänger der Sekte mit der Tatsache umgegangen sind, dass der Weltuntergang immer wieder ausgeblieben ist. Wenn es dann aber im Rest des zweiten Teils um den Marxismus-Leninismus oder die Vorstellungen der Historiker über den Aufstieg und Fall von Kulturen geht, dann erschließt sich mir hier der Zusammenhang mit dem eigentlichen Thema des Buches nicht wirklich (vielleicht muss ich den Teil auch einfach nur noch einmal lesen).
Im dritten Teil kommt dann schließlich die Realität an die Reihe. Hier beschreibt Grüter tatsächliche Katastrophen, die das Ende der Welt oder zumindest das Ende der Menschheit verursachen könnten. Er bewertet dabei die Wirkung jeder Katastrophe und ihre Wahrscheinlichkeit. Wenn es nach mir ginge, dann hätte man sich das sparen können, denn bei vielen Szenarien kann man diese Werte sowieso nur raten und nicht wirklich genau angeben. Ansonsten ist der dritte Teil aber recht informativ. Er enthält altbekannte Dinge, zum Beispiel die Erläuterungen zu Naturkatastrophen wie Asteroideneinschlägen oder Vulkanausbrüchen, aber auch Szenarien, die zumindest mir so noch nicht untergekommen sind. Ein längerfristiger Ausfall der Produktion moderner Computersysteme – wie auch immer zustande kommt – könnte laut Grüter nach etwa zehn Jahren unumkehrbar sein. Dadurch geht zwar weder die Welt noch die Menschheit unter, aber für unsere Kultur wäre das natürlich nicht wirklich toll…
Ich kann das Buch nur empfehlen. Vor allem wegen des ersten Teils. Der zweite Teil hat – zumindest meinem Verständnis nach – nicht so viel mit dem eigentlichen Thema zu tun und den Inhalt des dritten Teils hat man so auch schon in einigen anderen Büchern gelesen (zum Beispiel in “Exit Mundi – die besten Weltuntergänge” von Martin Keulemans). Aber mehr als die Hälfte des Buches macht der erste Teil aus und alleine der lohnt den Kauf auf jeden Fall! Hier bekommt man einen kurzen aber trotzdem umfassenden Überblick über die religiösen Aspekte der Apokalypse der außerdem noch äußerst unterhaltsam und verständlich ist! Jeder, der sich für die lange religiöse Tradition der Weltuntergangsprophetie interessant oder der wissen will, wie die aktuellen Katastrophenszenarien aus religiöser-historischer Sicht einzuordnen sind, sollte dieses Buch lesen! Es lohnt sich!
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