Wissenschaft ist eine tolle Sache und Wissenschaftler zu sein ist ein toller Job. Im Prinzip zumindest. Leider hat dieser Beruf auch jede Menge negative Seiten. Die vielen befristeten Stellen zum Beispiel und der ständige Zwang, irgendwo Geld aufzutreiben, zum Beispiel.

Ich fordere ja jetzt nicht, dass jeder Wissenschaftler eine Dauerstelle für den Rest seines Leben und Geld für alle Forschungsprojekte bekommen muss. Aber manchmal sind die Dinge schon ein wenig absurd. Wenn man als Wissenschaftler nur 6-Monats-Verträge bekommt (und vor deren Ablauf nie weiß, ob der nächste 6-Monats-Vertrag genehmigt wird oder nicht) und davon die halbe Zeit noch neue Anträge schreiben muss, dann kommt zu nichts (von der persönlichen Nerverei ganz abgesehen).

Manche Aufgaben lassen sich auch nicht vernünftig erledigen, wenn man nicht genügend Zeit zur Verfügung hat. Ich habe ja früher eine Zeit lang für das Virtuelle Observatorium (VO) gearbeitet. Da werden große Datenmengen gesammelt, aufbereitet, kuratiert und dem Rest der wissenschaftlichen Gemeinschaft für deren Arbeit zur Verfügung gestellt. Wir haben uns damals immer bemüht, die Leute zu überreden, dem VO ihre Daten zur Verfügung zu stellen, anstatt sie irgendwo sinnlos auf Festplatten und in Schubladen verstauben zu lassen. Wer weiß, was andere noch sinnvolles damit anstellen können. Nun sollte man ja denken, dass ein Projekt wie das VO etwas dauerhaftes ist, mit einem soliden Fundament. Man möchte nicht seine Daten irgendwo hin schicken, nur um dann nach ein paar Jahren zu erfahren, dass das ganze Projekt eingestellt und die Daten nicht mehr verfügbar sind. Und im Prinzip passiert das beim VO auch nicht; es ist ein großes internationales Projekt, das man nicht so schnell abdrehen kann. Aber das deutsche virtuelle Observatorium (GAVO) wurde zu meiner Zeit trotzdem von Personen organisiert, die keine fixen Stellen hatte. GAVO wird zwar vom Bundesministerium für Bildung und Forschung finanziert; aber auch diese Finanzierung war nur befristet und musste immer wieder erneut beantragt werden.

Die vielen Befristungen schaffen auch sonst Probleme. Ein Student/Wissenschaftler macht irgendwas; schreibt ein Computerprogramm, baut ein Gerät oder entwickelt irgendeine Methode. Dann läuft der Vertrag aus, die Person ist weg und keiner weiß mehr, wie das Programm/das Gerät/die Methode benutzt und jemand anderes muss die Arbeit nochmal neu machen. Und selbst wenn man rausfindet, wie das Zeug funktioniert muss sich eine neue Person erst wieder mühsam einarbeiten und hat weniger Zeit für die eigentliche wissenschaftliche Arbeit, die ja auch bald wieder beendet werden muss – denn auch der Vertrag der neuen Person ist befristet und man muss rechtzeitig damit beginnen, neue Projektanträge zu schreiben.

Naja, ich hab diesen ganzen Unsinn mit Projektanträgen und befristeten Verträgen glücklicherweise hinter mir. Ich freue mich aber, dass meine Kollegen diesen nervigen Teil der wissenschaftlichen Arbeit noch mit Humor sehen können. Bei der großen Tagen der amerikanischen astronomischen Gesellschaft haben sie ein nettes Video gedreht, dass sich musikalisch mit den Fördergeldern auseinandersetzt:

(via One Astronomer’s Noise)

Kommentare (7)

  1. #1 Anwalts_Liebling
    2. Februar 2013

    tja, Forschung leidet generell unter einem Problem – man sieht keine “Ergebnisse”… wenn du ein neues Auto baust oder eine Maschine konstruierst – dann kommt am Ende “was” raus. Vom Sterne-Kucken hat die Menschheit auf den ersten Blick wenig (siehe Mars-Mission…). Derartige Forschung kann nicht mal (wie in der Medizin) mit direktem Bezug zum Menschen punkten. Sohn studiert Geschichte – ich habe ihm jetzt schon dasselbe prophezeit, was du hier zu Recht bemängelst

  2. #2 hummlbach
    3. Februar 2013

    @Anwalts_Liebling:
    tja, Forschung leidet generell unter einem Problem – man sieht keine “Ergebnisse”…

    Statt Ergebnisse würde ich Profit sagen… In der angewandten Forschung wo es betriebswirtschaftlich interessant wird gibt es schon ein bisschen mehr Geld…
    Für Grundlagenforschung die erst in 200 Jahren vielleicht gewinnbringend eingesetzt werden kann findet man dagegen wahrscheinlich leider nicht so viele Sponsoren…

    @Florian:
    Dann läuft der Vertrag aus, die Person ist weg und keiner weiß mehr, wie das Programm/das Gerät/die Methode benutzt und jemand anderes muss die Arbeit nochmal neu machen.

    Der Vertrag wurde zurecht nicht verlängert weil der Mensch nicht so wissenschaftlich gearbeitet hat, dass andere sein Zeug nachvollziehen/benutzen können… 😉

  3. #3 Alderamin
    3. Februar 2013

    Schönes Video. Ist das nicht der berühmte Planetenjäger Geoff Marcy bei 0:49, 1:43 und 3:10? Es gibt einen Geoff im Abspann, er dürfte es sein!

  4. #4 Florian Freistetter
    3. Februar 2013

    @hummlbach: “Der Vertrag wurde zurecht nicht verlängert weil der Mensch nicht so wissenschaftlich gearbeitet hat, dass andere sein Zeug nachvollziehen/benutzen können…”

    War vermutlich nicht ganz ernst gemeint: Aber es ist oft schon schwer genug, den Kram überhaupt in der kurzen Vertragslaufzeit fertig zu kriegen; Dokumentation ist da zweitrangig. Und vielen Methoden KANN man auch nicht perfekt dokumentieren; weil man die einfach lernen muss.

  5. #5 Andreas P.
    4. Februar 2013

    Tjo das ist die Kehrseite der neoliberalen “schlanker Staat/der Markt wirds schon richten” Ideologie .. da wirds zunehmend enger für Grundlagenforschung

  6. #6 Florian Freistetter
    4. Februar 2013

    @Andreas P. “da wirds zunehmend enger für Grundlagenforschung”

    Nur merkt halt irgendwie niemand, dass man die Grundlagenforschung braucht, wenn die Industrie auch in 10 oder 20 Jahren irgendwas neues produzieren soll. Wenn in Deutschland nur noch auf kurzfristig profitable Anwendungsforschung gesetzt wird, haben wir in ein paar Jahrzehnten den Anschluss verloren…

  7. #7 Abe
    5. Februar 2013

    Ich möchte ja gar nicht dagegen wettern, ich verstehe das nur zu gut und kenne mich auch in anderen Bereichen nicht aus, was deren Drittmittel-Prostitution angeht. Ich persönlich hatte in der Psychologie noch keine Probleme, die großen Player, wie die VW-Stiftung und die DFG waren immer sehr hilfsbereit und haben jeden Blödsinn finanziert (in der Psychologie werden unglaublich schlampige Studien in den wiss. Äther geblasen). Aber das richtet auch einiges in der Dachmansarde des Forschers an: Man lernt – wird geradezu darauf konditioniert – nur noch im Drittmittelsprech zu denken, in den vorgegebenen Intervallen zu forschen (Längsschnittstudien und gründliche Evaluation ade) und sich mit mickrigen Versuchsdesigns zufriedenzugeben bei einem objektiven Reichtum an Methoden und Apparatur. Und die Versuchspersonen danken es einem auch, wenn sie mickrige 5 Euro bekommen…