Ihr erinner euch sicher noch: Im Februar 2013 kollidierte ein kleiner Asteroid mit der Erde und zerbrach in der Luft über Russland. Es gab zum Glück keine Todesopfer aber die entstehende Druckwelle sorgte für jede Menge Sachschäden und für noch mehr Aufregung. Objekte wie der Meteor von Tscheljabinsk sind so klein, dass sie so gut wie nie entdeckt werden können, bevor sie mit der Erde zusammenstoßen. Es gibt daher keine früheren Beobachtungen und man hat so gut keine Informationen über die Umlaufbahn und Herkunft des Asteroiden. Aus den wenigen Aufzeichnungen die man hatte, konnte man zumindest ein paar grobe Anhaltspunkte gewinnen. Carlos und Raúl de la Fuente Marcos von der Universität Madrid haben nun mehr herausgefunden. Wahrscheinlich ist der Meteor von Tscheljabinsk ein Bruchstück vom Asteroid 2011 EO40 und Teil einer großen Familie.

Es gibt im Sonnensystem jede Menge verschiedene Gruppen von Asteroiden. Die sogenannten erdnahen Asteroiden sind die, die uns nahe genug für eine Kollision kommen können. Und weil sie mit der Erde (oder ihren Nachbarn, Mars und Venus) zusammenstoßen, ist ihre Lebensdauer begrenzt. Sie verschwinden im Lauf der Zeit und wenn wir heute noch welche von ihnen beobachten dann nur, weil immer wieder neue erdnahe Asteroiden nachgeliefert werden.

Produziert werden die meisten der erdnahen Asteroiden im Asteroidengürtel, der sich zwischen den Bahnen von Mars und Jupiter befindet. Die Himmelskörper dort tun uns nichts; sie sind weit entfernt von der Erde und drehen friedlich ihre Runden um die Sonne. Ab und zu aber kollidieren sie miteinander. Dann passieren zwei Dinge: 1) Aus den Bruchstücken der Kollision entsteht eine neue Asteroidenfamilie. So bezeichnet man die Trümmer, die sich nach dem Zusammenstoß alle auf ähnlichen Bahnen befinden. 2) Manche der Bruchstücke können durch die gravitativen Störungen des Jupiter in die Nähe des Mars gelangen und von dort zu den anderen erdnahen Asteroiden stoßen.

So wird auch der Meteor von Tscheljabinsk entstanden sein. Aber von welchem Asteroiden stammt er? Carlos und Raúl de la Fuente Marcos haben die vorhandenen Beobachtungsdaten genutzt um seinem Ursprung durch Computersimulationen auf die Spur zu kommen. Die Ergebnisse präsentieren sie in der Arbeit “The Chelyabinsk superbolide: a fragment of asteroid 2011 EO40?”. Bei dem Vergleich der möglichen Flugbahn des Meteors mit den Bahnen bekannter Asteroiden fanden sie vier vielversprechende Objekte: 2011 EO40, 2007 BD7, 2008 FH und 2010 DU1. Aber nur 2011 EO40 passt wirklich gut, wie diese Grafik aus der Arbeit der Wissenschaftler zeigt:

meteor

Die Diagramme zeigen für die vier oben erwähnten Asteroiden wie sich ihre Bahn in der Vergangenheit verändert hat. Ganz oben sieht man wie sich der gerinste Abstand der Bahn zur Sonne, das Perihel, im Laufe der Zeit entwickelt. Darunter ist die Veränderung der Bahnexzentrizität aufgezeichnet und darunter die der Bahnneigung. Die Kurven im untersten Diagramm zeigen das sogenannte “D-Kriterium”, das ich jetzt hier nicht näher erklären will (hat mit der Fragmentation des Ursprungsasteroiden zu tun). Die rosa Linie zeigt die Simulationsdaten des jeweiligen Asteroiden, die schwarze Linie die dazu passenden Werte für eine Simulation des russischen Meteors. Eine komplette Übereinstimmung ist natürlich nirgends zu erwarten, denn immerhin sind es unterschiedliche Himmelskörper die sich unterschiedlich entwickelt haben. Aber vor allem der Perihelabstand und die Exzentrizität sollten sich nicht allzu stark unterscheiden, wenn der Meteor wirklich von einem der Asteroiden stammt. Und bei 2011 EO40 trifft das zu.

Solche Computersimulationen reichen natürlich noch nicht aus, um endgültige Aussagen machen zu können. Die müssen viel genauer sein und zum Beispiel auch den Jarkowsi-Effekt der Sonnenstrahlung berücksichtigen. Und chemische und geologische Analysen der in Russland gefundenen Meteoriten könnten auch nicht schaden. Aber es ist durchaus plausibel, dass der Meteor von Tscheljabinsk ein Bruchstück von 2011 EO40 ist. Er muss dann mit jeder Menge anderer Asteroiden zu einer eigenen Familie gehören, die bei einer lange zurück liegenden Kollsion entstand (über den Zeitpunkt der Entstehung der Familie lässt sich mit den bisher vorliegenden Daten leider auch nichts sagen). Wie viele und welche es sind, werden erst genauere Analysen zeigen. Aber keine Angst – nur weil ein Mitglied dieser Familie mit der Erde kollidiert ist, müssen die anderen das nicht auch machen. So wie im echten Leben auch ist die Entwicklung von Familienmitgliedern auch bei Asteroiden nicht immer identisch und kann in ganz verschiedene Richtungen verlaufen…

Kommentare (7)

  1. #1 2002EL6
    31. Juli 2013

    Also ich weiss nicht… 2011 EO40 hat einen Bahnbogen von 34 Tagen und ein U5 in der Bahnsicherheit… Daran alles aufzuhängen ist schon mutig…

    Gruß
    André

  2. #2 Hammster
    1. August 2013

    also wirklich! Was wäre, wenn EO40 einen Bahnbogen von 32 Tagen, eine U4 in der Bahnsicherheit aber eine QFA von 1,25 in der BS hätte !?!

  3. #3 AmbiValent
    1. August 2013

    Dann hoffen wir mal, dass die Mutter des MvT nicht so bald vorbeikommt, um sich zu beschweren.

  4. #4 Florian Freistetter
    1. August 2013

    @Hammster: Gehts darum das der Kommentar von Andre unverständlich war? Sorry, ich kann nicht alle Kommentatoren zwingen, nur Dinge zu schreiben, die alle anderen auch verstehen. Ich hab nur Einfluss auf den Blogtext. Andre meinte nur, dass der von den Autoren des Papers als Quelle identifizierte Asteroid noch nicht recht oft beobachtet worden ist und seine Bahn deswegen sehr ungenau bestimmt ist.

  5. #5 2002EL6
    1. August 2013

    Mea Culpa!

    Manchmal schaltet man in den “Fachmodus” und dann nicht wieder zurück…

    Gruß
    André

  6. #6 McPomm
    1. August 2013

    Weiß einer, ob in dem Tscheljabinsker See mittlerweile ein größeres Bruchstück gefunden und geborgen wurde? Oder ob überhaupt etwas größeres als ein ein paar Gramm Schweres?

  7. #7 Christian der 1.
    1. August 2013

    @MCPomm
    weiß ich nicht, aber gossip dazu.
    manche goldmedalien (jeweils in einer disziplin der wichtigsten sportgruppen. zb frauen riesentorlauf, männer schisprung großchance) der olympischen spiele in sotschi, werden spliter dieses meteoriten enthalten.
    auch einmalig und speziell